Brüssel. Das Straßenpaket von EU-Verkehrskommissarin Violeta Bulc hat eine wichtige Hürde genommen. Der mächtige Vize-Präsident der Kommission, Frans Timmermans, hat grünes Licht für das wichtigste verkehrspolitische Vorhaben der Juncker-Kommission gegeben, jedenfalls im Grundsatz. Im nächsten Jahr will die Verkehrskommissarin das Paket vorlegen, mit dem der bestehende Rechtsrahmen für den europäischen Güterverkehr auf der Straße aktualisiert werden soll. Die Kommission arbeitet an allen drei Kernbereichen des Güterverkehrs: der Maut, den Sozialvorschriften und dem Marktzugang. Nach einem internen Arbeitspapier, das der VR vorliegt, haben die Beamten in allen drei Bereichen Handlungsbedarf ausgemacht.
Maut schon ab 3,5 Tonnen
Straßenbenutzungsgebühren spielen im Konzept der Kommission eine entscheidende Rolle. Um die Verkehrsströme wirksam zu steuern, müssten sie jedoch strikt streckenbezogen sein und variabler als heute. Zeitbezogene Vignetten hätten sich dagegen als „ineffizient“ erwiesen. Die bislang geltende Gewichtsgrenze für die Lkw-Maut will die Kommission von 12 auf 3,5 Tonnen senken. Die Maut solle sich außerdem strikter am Verursacher-Prinzip orientieren und solche Fahrzeuge stärker belasten, die laut und umweltschädlich sind. Die Gebührenstruktur müsse transparenter und die Erhebung erleichtert werden. Die Kommission will deswegen einen neuen Anlauf nehmen, das einheitliche elektronische Mauterhebungssystem EETS einzuführen. Damit soll es möglich sein, mit einer einzigen On-Board-Unit überall in der EU die Maut zu bezahlen. Dafür müssten laut Papier die Rechte und Pflichten der Anbieter solcher Dienste „genauer definiert und besser geschützt“ werden.
Die Kommission will außerdem den Abwärtstrend bei den Arbeitsbedingungen von Lkw-Fahrern aufhalten. Fast zwei Millionen Verstöße gegen die Sozialvorschriften werden von den Behörden pro Jahr geahndet. Das liege auch an den komplizierten Vorschriften, glaubt die Kommission. Es fehle deswegen am Verständnis und am Bewusstsein sowie an einer einheitlichen Umsetzung durch die Mitgliedstaaten. Die bestehenden Regeln sollen deswegen zunächst durch eine Mitteilung deutlicher gemacht werden. Erst wenn sich das als unwirksam erweise, will sie neue Regeln vorschlagen. Über das von Frankreich und Belgien verhängte Verbot, die Freizeit in der Fahrerkabine zu verbringen, hat man sich in Brüssel noch keine abschließende Meinung gebildet. Am Ende müsse jedoch eine einheitliche Praxis in allen Staaten stehen.
Auch beim Marktzugang würden die europäischen Regeln höchst unterschiedlich angewendet. Eine Überarbeitung der Kabotagevorschriften erscheine jedoch „politisch nicht machbar, solange die Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen so unterschiedlich seien“. Es müssten aber bessere Kontrollen sichergestellt werden. (tw)