Reden ist Gold

In der Logistik wird unter dem Begriff "Jahresgespräch" meist die jährliche Preisdiskussion mit Kunden verstanden. Doch auch im Personalbereich ist der regelmäßige Austausch zwischen Mitarbeitern und Vorgesetzten empfehlenswert - gerade vor dem Hintergrund des sich weiter zuspitzenden Fachkräftemangels. Laut einer aktuellen Umfrage zum Thema "Fachkräfte und Führung" von Meinestadt.de haben immerhin 30,2 Prozent der 2085 online befragten Fachkräfte schon einmal den Job gekündigt, weil die Chemie mit dem Chef nicht stimmte. Führungskräfte aus Handel und Logistik schnitten dabei sogar am schlechtesten ab. Fachkräfte in der Logistik gaben ihren Vorgesetzten die Durchschnittsnote 2,77, also eine 3+. Über alle Branchen hinweg bewertete jeder Fünfte seinen Chef nur mit "ausreichend", "mangelhaft" oder "ungenügend". Dabei spielt auch die Unternehmensgröße eine Rolle. In kleineren Betrieben mit weniger als 50 Mitarbeitern haben 36 Prozent wegen ihres Chefs bereits einmal ihren Job geschmissen. Bei Arbeitgebern mit über 500 Mitarbeitern sind es "nur" 25,4 Prozent. Die von den befragten Studienteilnehmer geschilderten Beispiele zeigen, dass deren Vorgesetzte sich anscheinend häufig überfordert zeigten: Sie setzen Aktenordner als Wurfgeschosse ein, haben "cholerische Anfälle wegen Nichtigkeiten" und schreien ihre Mitarbeiter "vor versammelter Mannschaft" an. Einige Vorgesetzte üben den Schilderungen zufolge sogar systematisch Druck auf die Mitarbeiter aus, verweigern ihnen den Gang zur Toilette, beleidigen sie persönlich und lassen sie wochenlang ohne Pause durcharbeiten. Staut sich Ärger an, explodieren Chefs Die Studie hält fest: Während in Akademiker-Deutschland lebhaft über "New Work" und "partizipative Führung" diskutiert wird, gibt es Situationen, in denen sich Fachkräfte mit Berufsausbildung cholerischen, zynischen oder anderweitig zur Führung ungeeigneten Vorgesetzten gegenüber sehen. Dabei kommt es laut Stefan Bald, Führungskräftetrainer der Unternehmensberatung Dr. Kraus & Partner, zu Eskalationen wie oben beschrieben vor allem dann, wenn sich der Ärger einer Führungskraft aufstaut. Zum Beispiel, wenn Mitarbeiter vereinbarte Ziele erneut verfehlt haben, aber nie darüber gesprochen wurde, so dass der angesammelte Unmut zu einer Überreaktion führt. Vergreift sich die Führungskraft dann noch im Ton, entstehen Konflikte, die kaum zu beheben sind. Damit es erst gar nicht so weit kommt, soll das Jahresgespräch die Kommunikation zwischen Mitarbeiter und Vorgesetzten verbessern. Bald empfiehlt Führungskräften, dafür pro Mitarbeiter mindestens eine Stunde einzuplanen. Denn damit auch heikle Themen angesprochen werden können, sei eine entspannte Atmosphäre zu schaffen. Wichtig sei neben einer guten Vorbereitung, dass der Mitarbeiter ein Feedback über seine Stärken und Schwächen erhält."Vielfach kommt das Jahresgespräch gerade in klein- und mittelständischen Betrieben zu kurz", berichtet die Münchener Personalexpertin Barbara Seidl aus ihrer Beratungspraxis (siehe Interview). Für VR-Leser hat sie nun einen Gesprächsleitfaden zusammengestellt (siehe Kasten), der sich individuell anpassen lässt. Damit lässt sich nicht nur der Informationsaustausch im Unternehmen verbessern, sondern gezielt Schwächen verringern und Stärken ausbauen. Mehr zum Thema finden Sie unter #Karriere www.verkehrsrundschau-plus.de/hashtag In Kürze Jahresgespräche mit Mitarbeitern kommen in der eher mittelständisch geprägten Logistikbranche häufig zu kurz. Dabei sind sie ein hilfreiches Instrument, Fluktuation zu vermeiden. Worauf es dabei ankommt, erklären Experten. Checkliste - Gesprächsleitfaden für Praktiker Als Basis für ein strukturiertes Jahresgespräch hat die Münchener Personalexpertin Barbara Seidl einen umfassenden Fragenkatalog erstellt, der sich individuell an den jeweiligen Mitarbeiter anpassen lässt. Sie finden den Leitfaden als PDF zum Download in VRplus, dem digitalen Angebot für VerkehrsRundschau-Abonnenten. akwwww.verkehrsrundschau.de/plus/jahresgespraech

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