Bremen. Dem Bundesverkehrsministerium bereitet die Finanzierung der bestehenden und geplanten Verkehrsinfrastrukturprojekte zunehmend Probleme. „Wir haben weiterhin eine ganz dramatische, strukturelle Unterfinanzierung bei allen Verkehrsträgern“, sagte Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer am Freitag auf der Jahrestagung des Bundesverbandes Güterkraftverkehr, Logistik und Entsorgung (BGL) in Bremen. Die Folge: Neubauten im Straßenverkehr umzusetzen gestaltet sich zunehmend schwieriger.
„Wenn sich bei den jetzigen Gesprächen über den Haushalt des nächsten Jahres und über die mittelfristige Finanzplanung bis 2016 nichts tut, dann fehlen dem Straßenbau bei den Projekten, die derzeit im Bau sind – ich spreche nicht von neuen Spatenstichen – bis zum Jahr 2016 1,7 Milliarden Euro“, sagte Ramsauer. Damit könne er die Bauprojekte in den nächsten vier Jahren nicht so weiter bauen, wie es technisch möglich wäre.
Eine Ursache für die knapper werdenden Mittel ist der zunehmende Bedarf für die Instandhaltung von Straßen bis 2016. „Wir fahren die Gelder dafür bis 2016 auf etwa 3 Milliarden Euro pro Jahr hoch“, kündigte Ramsauer an. Notgedrungen, weil der Zustand der Verkehrswege ihm keine andere Wahl lasse. 2009, bei seinem Amtsantritt, hätten die Instandhaltungsmittel noch 2,1 Milliarden Euro betragen.
Ramsauer: Investitionen in die Verkehrsinfrastruktur sind werthaltiger als in Rettungsschirme wie ESM
Um aus diesem Dilemma herauszukommen, forderte Ramsauer eine Verstetigung des Infrastruktrubeschleunigungsprogramm, mit dem 2012 eine Milliarde Euro für Verkehrswege zusätzlich bereit gestellt wurde. In diesem Zusammenhang kritisierte er die Politik der eigenen Bundesregierung zur Stützung der verschuldeten EU-Staaten: „Ich wundere mich, in welchem atemberaubenden Tempo wir Geld bereitstellen für Rettungsschirme wie den ESM, in diesem Jahr zusätzlich fast 9 Milliarden Euro“, kritisierte der Minister die Entscheidung von Bundeskanzlerin Angela Merkel. Das Geld sei besser angelegt in Investitionen für Verkehrswege: „In einem bin ich mir ganz sicher: Dass eine Investition in eine deutsche Verkehrsinfrastruktur auf der Aktivseite unserer volkswirtschaftlichen Bilanz viel, viel werthaltiger ist“ so Ramsauer.
Der Minister bekräftigte nochmals, dass spätestens zum 1. Oktober 2013 die neue Mauthöhenverordnung in Kraft treten soll. Dann soll es auch eine eigene Mautklasse für Euro-VI-LKW geben mit einer „signifikanten, bedeutsamen Besserstellung“ für diese Fahrzeuge. Genaueres könne er derzeit noch nicht sagen, da erst die Ergebnisse des neuen Wegekostengutachtens abgewartet werden müssten.
BGL-Chef fordert mehr Straßenkontrollen für ausländische LKW
Auf der Veranstaltung hatte der einen Tag zuvor neu gewählte Präsident des BGL, Adalbert Wandt, an Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer appelliert, die Harmonisierung der Wettbewerbsbedingungen nicht aus den Augen zu verlieren. Der neue BGL-Chef sieht ein Festhalten an der Harmonisierungspolitik als notwendig an, „damit nicht noch mehr mittelständische Transportlogistikunternehmen in Deutschland die Segel streichen müssen“. Ein Indiz dafür sei der immer stärker werdende Anteil osteuropäischer LKW an den in Deutschland gefahrenen Mautkilometer. Wandt warf den Verkehrsbehörden vor, dass ihre Straßenkontrollen nicht effektiv oder intensiv genug angelegt seien. Davon würden vor allem die ausländischen LKW profitieren. Wandt bemängelte zudem die bisherige Kontrollpraxis, Fahrer und Unternehmer mit Bußgeldern zu überziehen, während die wirklich Verantwortlichen weitgehend ungeschoren davon kämen. „Das muss sich ändern, so wie dies bei Ladungssicherungsverstößen, Überladung und Gefahrgut zumindest vom Ansatz her erfolgt“, forderte Wandt. (cd)