Pläne für EU-weite Pkw-Maut auf Eis

Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) will Pläne für eine EU-weite Pkw-Maut vorerst auf Eis legen. Das geht aus einer Antwort seines Hauses auf eine FDP-Anfrage hervor, die der "Deutschen Presse-Agentur" vorliegt. Darin heißt es: Die zum Zwecke einer Kompromissfindung im EU-Rat unter deutscher Führung angestellten Überlegungen, die vorhandenen Mautsysteme auf alle Fahrzeuggruppen verpflichtend auszudehnen, würden nicht weiter verfolgt. Somit wurde bei der EU-Verkehrsministerkonferenz in der vergangenen Woche lediglich über die Eckpunkte für einen Corona-Pandemie-Notfallplan für den europäischen Güterverkehr beraten (siehe Kasten) Scheuer hatte Ende Juli einen Vorstoß für eine EU-weit einheitliche Maut und für eine Nutzerfinanzierung der Infrastruktur über alle Fahrzeugklassen hinweg gemacht. Wenn Mitgliedstaaten bereits ein System für Straßenbenutzungsgebühren eingeführt hätten, sollten laut Scheuer künftig, acht Jahre nach Inkrafttreten, alle Fahrzeuge, die auf der Autobahn führen, diese entrichten. Die weitreichenden Änderungspläne der deutschen EU-Ratspräsidentschaft, bei der EU-Maut-Richtlinie auch Pkw einzubeziehen, stießen sowohl innerhalb der Bundesregierung als auch in anderen europäischen Staaten auf Widerstand. Das SPD-geführte Bundesumweltministerium hatte zum Beispiel den Vorstoß Scheuers abgelehnt. Verzögerungen bei der überfälligen Reform ernten Kritik Scania und Volvo sowie Klimaschützer und Spediteure hatten die europäischen Verkehrsminister unter der Führung Deutschlands hingegen Ende September scharf kritisiert, weil sie die Debatte über eine klimagerechte Lkw-Maut im September von der Tagesordnung gestrichen hatten. Mit der Novelle der Eurovignetten-Richtlinie wird sich der Rat nun erst bei seiner nächsten Konferenz am 8. Dezember 2020 beschäftigen. Lkw-Industrie und Spediteure haben großes Interesse an einem CO2-orientierten Preissystem. Da die Hersteller ohnehin wegen der neuen CO2-Flottengrenzwerte saubere Lkw entwickeln müssen, sind geringere Emissionen ein wichtiges Verkaufsargument. Bereits im Sommer hatten der Verband der europäischen Fahrzeughersteller ACEA und der deutsche Transportverband BGL gewarnt, dass die Pkw-Maut-Pläne zu einer Verzögerung bei der überfälligen EU-Reform führen könnten. Sie fürchteten, dass Diskussionen über die neue Idee das laufende Gesetzgebungsverfahren, was bereits ein gemeinsames CO2-basiertes Gebührensystem für Lkw ab 2023 vorsieht, weiter in die Länge ziehen. Dadurch würden die Anreize für Transportunternehmen fehlen, in emissionsarme Technologien zu investieren. Die geltende Eurovignetten-Richtlinie regelt die Erhebung von Straßenbenutzungsgebühren für schwere Nutzfahrzeuge, aber nicht für Pkw. In vielen EU-Ländern gibt es streckenbezogene Autobahngebühren oder Vignetten allerdings auch für Pkw. Das Modell für eine deutsche Pkw-Maut hatte der Europäische Gerichtshof im vergangenen Jahr gekippt. Mehr zum Thema finden Sie unter #Verkehrspolitik www.verkehrsrundschau-plus.de/hashtag In Kürze Bei einer Videokonferenz haben sich die EU-Verkehrsminister jetzt auf einen Covid-19-Notfallplan für den Güterverkehr geeinigt, den sie mit der EU-Kommission erarbeiten wollen. Uneinigkeit herrscht allerdings bei der Eurovignetten-Richtlinie, weshalb der deutsche Vorschlag für eine unionsweite Pkw-Maut zu scheitern droht. Eckpunkte für Covid-19-Notfallplan stehen Die EU will die Versorgung von Wirtschaft und Verbrauchern bei schweren Krisen möglichst schnell über einen Notfallplan für den grenzüberschreitenden Güterverkehr absichern. Dazu hat sich die deutsche Ratspräsidentschaft jetzt mit der Kommission in Brüssel auf Eckpunkte geeinigt und will so bald wie möglich den Arbeitsprozess vervollständigen. "Wir haben weiterhin Auswirkungen der Corona-Pandemie", sagte Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) vergangene Woche nach einer Videokonferenz mit seinen Amtskollegen und EU-Verkehrskommissarin Adina Valean. "Und wir haben festgestellt: Mobilität und Logistik sind systemrelevant." Nun komme es darauf an, den Rahmen für den Covid-19-Notfallplan relativ zügig zu setzen, so Scheuer:"Wir wollen Überraschungen reduzieren mit einem koordinierten Informationsmanagement." Es gebe zwar mittlerweile einen besseren Datenaustausch unter den Ländern etwa zum Lkw-Verkehr. Wegen des wieder stärkeren Corona-Infektionsgeschehens in allen Mitgliedstaaten dränge aber die Zeit für ein gemeinsames Vorgehen, das alle Verkehrsträger umfasse. dpa/ag

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