VerkehrsRundschau: Sie sind Mitautor der Studie „Disruptive Logistik“ von Oliver Wyman. Welche Dienstleistungen erwarten demnach Endverbraucher von Zustellfirmen?
Michael Lierow: Alle Lösungen, die für den Empfänger die Convenience, also die Bequemlichkeit, erhöhen. Künftig bestimmt der Kunde komplett, wo und wann er sein Paket bekommt. Erste Ansätze dazu gibt es schon, zum Beispiel kann man sich bei einigen KEP-Dienstleistern bereits ein Lieferzeitfenster aussuchen. Aber da geht noch viel mehr! Künftig kann der Kunde genau den Zeitpunkt angeben, an dem er seine Sendung erhalten will, und auch den Zustellort jederzeit ändern – sogar kurzfristig.
Ist das logistisch überhaupt machbar?
Ja, diese sogenannte On-Demand-Zustellung lässt sich integrieren und ich denke, dass Kunden dafür bereit sind zu zahlen. Aber es gibt Grenzen: Wenn das Paket schon auf einer Tour ist, lässt es sich nur innerhalb des jeweiligen Zustellbezirks an eine andere Adresse umleiten.
Was halten Sie von der Idee, den Paketboten weitere Services erbringen zu lassen?
Ich halte das für sinnvoll, wenn diese Leistungen mit der Ware zu tun haben und der Fahrer die nötigen Fähigkeiten schnell erlernen kann. Ein Beispiel wäre das Anschließen einer Waschmaschine. Skeptisch bin ich bei „entfernteren“ Leistungen: Ich kann mir zum Beispiel nicht vorstellen, dass der Postbote Versicherungen verkauft. Das passt nicht zu seinen Fähigkeiten und würde bei Kunden wohl auch nicht gut ankommen. Eine weitere Idee ist, dass der Bote auch immer einige einfache Produkte wie Speicherkarten und Batterien dabei hat und bei Interesse mitverkauft. Hier stellt sich die Frage: Lohnt es sich, den wertvollen und durchoptimierten Raum im Fahrzeug dafür zu verwenden? Grundsätzlich muss alles, was der Fahrer mehr macht, auch mehr Profit bringen, und zwar in kurzer Zeit.
Das Interview führte Constantin Gillies für die VerkehrsRundschau.
Ein ausführlicher Beitrag über Zusatzleistungen bei der Zustellung im E-Commerce ist im Rahmen unserer E-Commerce-Serie in Ausgabe 27/2015 der VerkehrsRundschau erschienen. Online- und Premiumabonnenten haben die Möglichkeit, den Beitrag gleich online als E-Paper zu lesen.