Outsourcing bringt Erfolg

Neun Standorte in den Niederlanden, Südschweden und fast allen norddeutschen Bundesländern zählte bislang das schleswig-holsteinische Transport- und Logistikunternehmen Thomsen-Gruppe. Jetzt kommt ein zehnter in Nordrhein-Westfalen hinzu. Anfang Oktober eröffnet Inhaber Ulf Thomsen mit seinem Geschäftspartner Marc Marnet diesen im früheren Lager des Konfitürenherstellers Zentis in Castrop-Rauxel. Von hier aus soll die neue Thomsen & Marnet Logistics GmbH Märkte in Nordrhein-Westfalen sowie den Benelux-Staaten erschließen. "Wir wollen über Transportverkehre hinaus auch Kontraktlogistiklösungen entwickeln", kündigt Thomsen an. Mit Süßwarenherstellern verhandeln die beiden Logistiker derzeit über erste Projekte. Für den erfolgreichen Einstieg in Kontraktlogistik bringt das Unternehmen gleich mehrere Voraussetzungen mit. Beide Gründer haben Erfahrungen mit arbeitsteiligen Kooperationen. Thomsen realisierte mit der Schwesterfirma Thomsen & Kühne temperaturgeführte Komplettservices in Cloppenburg, Marnet unterstützte Branchengrößen wie Dachser und Kühne + Nagel bei diversen Projekten. Lebensmittel-Hype Mit der Lebensmittelbranche haben sich die beiden Logistiker eine vielversprechende Branche ausgesucht. Denn viele Hersteller und Händler haben nach Einschätzung von Marktkennern wachsenden Bedarf an Logistikpartnern, die auf Basis langfristiger Verträge - üblich sind drei bis fünf Jahre - möglichst viele Services entlang der Wertschöpfungsketten übernehmen. Patrick Mense, Vorstand der Loxxess AG und Sprecher der Bundesvereinigung Logistik (BVL), spricht gar von einem "Hype-Markt". "Neun von zehn Branchenunternehmen in diesem Segment, die ein umfassendes Outsourcing ihrer Logistik prüfen, wollen E-Commerce-Projekte realisieren", schätzt er. Gleiches gelte für Markenhersteller und Händler von schnelldrehenden Konsumgütern, die Amazon und anderen florierenden Internet-Riesen einen eigenen Online-Vertrieb entgegensetzen wollen und zum Beispiel Fulfillment-Lösungen benötigen. Bedarf an logistischer Unterstützung haben aber auch Händler, die zum Beispiel mit Kombi-Packs für unterschiedliche Produkte oder besonderen Verkaufsdisplays ihren Absatz ankurbeln wollen. Denn solche Lösungen verursachen meist einen zusätzlichen Verpackungs- und Konfektionierungsaufwand. Darauf verweist Bernhard Rieger, Inhaber der Logistikberatung BR Consulting in Röhrmoos bei Dachau. "Wenn Kontraktlogistikdienstleister diese Services für mehrere Auftraggeber bündeln, können sie hier Preisvorteile ausspielen", führt der Berater aus, der soeben Verlader nach ihren Logistikoutsourcing-Anforderungen und -Erfahrungen für seine neue Studie befragt hat (siehe Grafik rechts). Kurz gesagt, es winken interessante Geschäftsfelder für Transport- und Speditionsbetriebe, die sich in die Kontraktlogistik wagen wollen. Denn noch ist das Marktpotenzial, von der Automobillogistik abgesehen, nach Einschätzung von Marktkennern in kaum einer Branche bislang wirklich ausgeschöpft. "Viele kleinere und mittlere Hersteller haben die Kostenvorteile einer Auslagerung noch nicht ernsthaft geprüft", sagt der Münchner Logistikberater Christian Schober (siehe Kasten Seite 21). Vor allem Pharma- und Chemiefirmen könnten dies in den kommenden Jahren nachholen. So wollen viele Marktteilnehmer neue Produktionen hochziehen und könnten dafür werkseigene Lagerflächen nutzen, wenn sie ihre Logistik auslagern. "Die erhöhten Aufwendungen, die die Good-Distribution-Practice-Novelle in puncto Temperaturführung und anderen Feldern nach sich zieht, sind ein zusätzliches Outsourcing-Motiv", beobachtet Peter Norheimer, Geschäftsführer von Frigo-Trans für die Pharmaindustrie (siehe Kasten Seite 20). Allerdings gilt der Chemie- und Pharmamarkt als schwieriges Pflaster für Speditions- und Logistikbetriebe, da er hohe Investitionen in Lager- und Transportequipment sowie in der Mitarbeiterweiterbildung verlangt. "Ausschließlich Dienstleister, die bereits Kunden in diesen Branchen haben, sollten da einen Einstieg in die Kontraktlogistik prüfen", rät auch Loxxess-Mann Mense. Outsourcing bleibt in Trotz solcher Einschränkungen gilt die Kontraktlogistik nach Einschätzung der Marktkenner weiterhin als Wachstumsmarkt. Dienstleister können also nach wie vor den Einstieg in dieses Geschäftsfeld wagen, auch wenn hier mittlerweile namhafte Branchengrößen unterwegs sind. So haben BLG Logistics und Hellmann Worldwide Logistics in ihrer Sparte Kontraktlogistik zuletzt Umsatzzuwächse von deutlich über zehn Prozent vermeldet. Und beide Unternehmen versichern, dass sie diesen Zuwachs sowohl mit Bestandsals auch mit Neukunden erzielt haben - auch dank ihres "klaren Branchenfokus" vor allem auf Maschinen- und Anlagenbau sowie Automotive. "Zudem verzeichnen wir im boomenden Online-Handel einen Anstieg", sagt Stefan Porcher, Hellmann-Kontraktlogistikchef Deutschland. Als Konsequenz hat Hellmann die Infrastruktur seiner Logistikzentren auf diese drei Branchen ausgerichtet. "Für die Chemie- und Lebensmittelindustrie können wir dagegen nur begrenzt Kapazitäten zur Verfügung stellen", zeigt Porcher wenig Interesse an neuen Branchenlösungen. Gut für Dienstleister, die erst jetzt in die Kontraktlogistik einsteigen oder mit dieser weiter expandieren wollen. "Sprechen Sie aber dafür stets zuerst Kunden aus der Region an, mit denen Sie schon arbeiten", empfiehlt Logistikberater Rieger Neueinsteigern. So kann ein Newcomer im Idealfall die outgesourcten Dienstleistungen seines Kunden an dessen bisherigem Standort fortsetzen und sich vorerst Investitionen in eigene Kapazitäten sparen. Um weitere Kunden gewinnen zu können, sind aber Investitionen in Immobilien, Intralogistik und Mitarbeiter-Qualifizierung unerlässlich, die sich schnell auf ein- oder gar zweistellige Millionenbeträge summieren können. Denn viele Verlader wollen mit einem Outsourcing nicht nur ihre Kosten senken, sondern auch und vor allem ihre eigene Flexibilität erhöhen sowie Prozesse und Services verbessern. Als Konsequenz sollte ein Dienstleister seine Lösung genau auf den Kunden ausrichten, rät Rieger. "Services vorausschauend auf die Wünsche des Kunden ausrichten", formuliert Porcher, Kontraktlogistikchef Deutschland von Hellmann, die Herausforderung: "Wir haben daher unsere logistischen Mehrwertdienste kontinuierlich erweitert und bieten Qualitätskontrollen, Montagetätigkeiten, individuelle Verpackungen oder Tests von Retouren an", sagt er. Aber auch fahrerlose Transportsysteme, automatische Kleinteilelager und andere innovative Intralogistiktechnologien sind bei der Entwicklung von kundenindividuellen Lösungen hilfreich. Ein Beispiel ist das robotergestützte Lagerund Kommissioniersystem G-Com, das BLG vor zwei Jahren am Standort Frankfurt/Main für Retourenware des Arbeitsbekleidungsherstellers Engelbert Strauss einsetzt. 75 Roboter mit bis zu 600 Kilogramm Lastkraft transportieren 800 mobile Regale zu fünf "Star Gates". An diesen legen BLG-Mitarbeiter die Ware an vorgegebenen Regalplätzen ein. "Der Einsatz von G-Com spart jede Menge Wege im Lager", sagt Jens Wollesen, Kontraktlogistikchef von BLG. "Wir prüfen jetzt, ob wir diese Lösung auch für andere Kunden einsetzen können." Für schnelle Invest-Amortisation sorgen Da aber solche Lösungen richtig viel Geld kosten, muss ein Logistikdienstleister immer an einer möglichst langfristigen Zusammenarbeit über die Laufzeit des ersten Vertrags hinaus interessiert sein. Ansonsten können nur Neukunden mit vergleichbaren Logistikanforderungen für eine schnelle Amortisation der hohen Investitionen sorgen. Betriebe, die in der Kontraktlogistik erfolgreich sein wollen, können schnell an ihre Grenzen stoßen, wenn sie ihre neuen Services, die sie dem Auftraggeber zugesichert hatten, nicht mit eigenem Personal oder Equipment realisieren können, etwa weil die Auftragsmengen letztlich höher ausfallen als geplant. Aber selbst hier gibt es Auswege, zum Beispiel über Firmen wie den Karlsruher Verpackungsspezialisten Packservice, der von Speditionsbetrieben quasi als "Subunternehmer" für logistische Mehrwertdienste beauftragt werden kann. Das Spektrum dieser Firma reicht vom Copacking unterschiedlicher Produkte über Aufbau und Bestückung von Verkaufsdisplays bis zu Montagedienstleistungen. Und für Kontraktlogistiker bietet Packservice "Campus"-Modelle. So erledigen Mitar-beiter der Firma an deren Standorten dauerhaft oder vorübergehend kundenspezifische Verpackungsservices. Mit großen Logistikdienstleistern wie Dachser arbeitet Packservice dem Vernehmen nach bereits zusammen. Mehr zum Thema finden Sie im Dossier Kontraktlogistik www.verkehrsrundschau.de/dossiers Praxislösung Frigo-Trans wächst mit kundenspezifischen Lösungen Mit kundenspezifischen Transportkonzepten für die Pharmaindustrie ist die 1988 in Frankenthal gegründete Frigo-Trans GmbH groß geworden. 2013 beschloss das Unternehmen den Einstieg in die Kontraktlogistik. Eine wichtige Rolle spielte hierbei die Good-Distribution-Practice-Novelle der EU.Da viele Pharmaunternehmen seinerzeit nicht wussten, wie sie die neuen Vorschriften umsetzen sollten, zogen sie erstmals ein Logistik-Outsourcing ernsthaft in Betracht. "Wir investierten auch deshalb in einen neuen Standort im nahen Fußgönheim mit einer rund 14.000 Quadratmeter großen Halle, die in puncto Temperaturführung modernsten Anforderungen entspricht", sagt Frigo-Trans-Chef Peter Norheimer. Gleichzeitig setzte sich die Frigo-Trans-Führung mit interessierten Unternehmen zusammen. "Rund ein halbes Jahr lang definierten wir Einzelprozesse und ermittelten deren genaue Kosten", erinnert sich Norheimer.Zusätzlich investierte das Unternehmen in Qualitätsmanagement und Kontrollsysteme. Jeder gewerbliche Mitarbeiter musste Online-Schulungen durchlaufen."Auf mancher Palette lagern Waren, die über eine Million Euro wert sind", sagt Norheimer."Wir mussten Kunden überzeugen, dass wir jederzeit auf eine Inspektion vorbereitet sind." Als der erste Hersteller einen Outsourcing-Vertrag unterschrieb, sprach sich das in der Pharmabranche schnell herum. In kurzer Zeit hatte Frigo-Trans vier weitere Kunden gewonnen. bot

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