Hamburg. Flüssigerdgas (LNG) als alternativer Treibstoff zum herkömmlichen Bunker- oder Marine-Diesel-Öl (MDO) wird sich zunächst im Ostsee- und Nordsee-Seeverkehr durchsetzen, um danach schrittweise auch in anderen Teilen der Welt zum Einsatz zu kommen. Davon geht Hermann Ebel, Gründer und Chef der Hamburger Reederei- und Emissionshaus-Gruppe Hansa Treuhand aus. Darüber hinaus werde sich LNG als Treibstoff für die verschiedenen, bislang ebenfalls Öl gespeisten Hilfsmaschinen an Bord verbreiten, meinte Ebel jetzt auf dem 9. Hansa Treuhand-Symposium. Dazu hatten sich in der Hansestadt rund 65 Teilnehmer eingefunden.
Für den erfahrenen Reeder ist es sehr wichtig, dass vor allem die LNG-Versorgungs-Logistik schnell aufgebaut wird. Denn nur mit einer entsprechenden globalen Versorgungssicherheit würden die Schifffahrtsunternehmen auch in diese Technologie investieren. Daneben müssten auch noch eine Reihe von Sicherheitsaspekten schnell gelöst werden. Ebel denkt hier vor allem an die Möglichkeit, dass die Frachtschiffe auch zeitgleich während der Be- und Entlade-Operationen an den Terminals LNG tanken können, so, wie das heute schon mit herkömmlichem Bunkerkraftstoff gang und gäbe sei. Anzunehmen, dass die Reeder ihre Schiffe eigens für eine LNG-Bebunkerung an einen Spezial-LNG-Terminal verholen würden – was mit einem entsprechenden Zeitbedarf einher gehe -, sei unrealistisch.
Auch der Hamburger Hafen müsse sich mit dem Thema LNG jetzt intensiver befassen und zeitnah die Weichen für den Bau einer solchen Anlage stellen, meinte Ebel. Wenn das nicht geschehe, entgehe dem Hafen nicht nur konkretes Geschäft, nämlich die Bebunkerung. Vielmehr könnten Reedereien, die auf LNG-Antriebe setzen, in Zukunft ihre Hafenwahl für bestimmte Verkehre auch von der lokalen Verfügbarkeit einer LNG-Versorgungslogistik abhängig machen.
Krise scheint überwunden
Eingehend auf die Lage auf den Schifffahrtsmärkten stellte Ebel fest, dass die Weltcontainerschifffahrt sich – in der Rückschau auf die Krise vom Herbst 2008 – schneller wieder erholt habe, als damals anzunehmen war. Von den rund 600 Aufliegern in der Containerschifffahrt Mitte 2009 auf dem Höhepunkt der Krise seien aktuell gerade noch um die 100 Schiffe. Und das, obwohl die Weltcontainerschiff-Flotte noch einmal kräftig angewachsen sei. Ebel: „Der Markt hat nicht nur die Neubauten absorbiert, sondern auch die Auflieger." Einen wichtigen Markt stabilisierenden Faktor habe auch das Slow-Steaming. Ebel hält es für unwahrscheinlich, dass es in der Weltcontainerschifffahrt noch einmal zu einem Trend hin zu schnelleren Antrieben kommen wird. „25 Knoten - das sehe ich nicht", sagte er.
Der Reeder sprach sich an die Adresse der Bundesregierung gewandt für eine verlässliche nationale Schifffahrtspolitik aus. Denn das werde auch die Flaggentreue der deutschen Reeder begünstigen. Für sein Haus könne er nur sagen, dass „wir unser Soll mit 19 Schiffen überfüllt haben". Würden sich auch die übrigen Reedereikollegen auf dieser Linie bewegen, dann könnten recht schnell „bis zu 700 Schiffe unter deutscher Flagge" anzutreffen sein.
Wirtschaftssenator fordert vom Bund Vertragstreue ein
Hamburgs Wirtschaftssenator Frank Horch (SPD) stellte klar, dass das Thema LNG-Bevorratung einen wichtigen Platz auf der Tagesordnung einnimmt. Es reiht sich damit ein in das große Zukunftssachgebiet „Erneuerbare Energien". Er sei zutiefst davon überzeugt, dass die auf Bundesebene eingeleitete, sogenannte „Energiewende" auch für den Universalhafen-Standort Hamburg große Chancen mit sich mitbringen werde.
Den Appell von Reeder Hermann Ebel an die Bundesregierung für mehr Berechenbarkeit in der nationalen Schifffahrtspolitik unterstützte Horch ausdrücklich. Gemeinsam mit den anderen Küsten-Bundesländern setzt er sich dafür ein, dass die im Rahmen des Maritimen Bündnisses gemachten Zusagen seitens des Bundes an die Reeder, zum Beispiel beim Thema Schifffahrtsbeihilfen, auch eingehalten werden. Es gehe um mehr als „nur" um 30 Millionen Euro, die der Bund für 2011 aus Haushaltssachzwängen gestrichen habe. Es gehe auch um die Glaubwürdigkeit und den Erhalt des Maritimen Bündnisses, das sich auf den Schifffahrsstandort Deutschland bislang positiv ausgewirkt habe. (eha)