Online-affine Kunden abfischen

Online gehen, Transportanfrage stellen und sofort buchen - digitale Speditionen wuchern nicht zuletzt mit dem Pfund, es Verladern besonders bequem zu machen, wenn es um die Beauftragung von Transporten geht. Vielerorts in der Branche geht es allerdings noch manuell zu. Das hat Leif-Hermann Lühmann auf die Idee gebracht, bei Speditionen einen Onlineshop als White-Label-Lösung zu implementieren. Der 28-Jährige hat "Logistik im Blut": Seine Eltern betreiben in Cuxhaven die auf temperaturgeführte Logistik spezialisierte Spedition Lühmann. Nach dem Abitur, einem dualen Studium in Logistikmanagement bei DB Schenker Logistics und einem Master in IT, Finance & Innovation gründete er im vergangenen Jahr das Start-up Frachtklub. "Aus dem elterlichen Betrieb weiß ich, wie viele Tagespreisanfragen noch per E-Mail, Telefon oder sogar Fax reinkommen", erzählt Lühmann. Auf den Websites von Speditionen sei oftmals keine Tagespreisauskunft enthalten. "Speditionen verschenken dadurch ein enormes Umsatzpotenzial", so Lühmann und verweist auf Studien, nach denen Verlader ihren Transport rund um die Uhr ganz einfach online beauftragen wollen. Der White-Label-Onlineshop von Frachtklub ist vollständig im Design der Spedition gehalten und in deren Website integriert. "Dadurch behalten die Speditionen den so wichtigen direkten Kundenkontakt, den ihnen digitale Speditionen abzunehmen versuchen", betont der Gründer. Das Geschäftsmodell ist erfolgsabhängig ausgelegt: "Das bedeutet, dass wir für jeden gewonnenen Tagespreisauftrag eine Gebühr erhalten", sagt Lühmann. Auftrag wandert automatisch ins TMS Eine der Speditionen, die ihre Kunden mithilfe von Frachtklub Angebotskalkulation und Auftragserfassung komplett online abwickeln lässt, ist Koch International mit Hauptsitz in Osnabrück. Nach einer Projektlaufzeit von zwei Monaten wurde der Transportkostenrechner 2018 zunächst für Stückgutsendungen implementiert, Preise für Teil- und Komplettladungen können seit diesem Frühjahr online berechnet werden. Der Interessent erhält nach Eingabe seiner Sendungsdaten nicht nur die Transportkosten zu tagesaktuellen Konditionen angezeigt, sondern kann seine Sendung direkt in Auftrag geben. Die Daten werden dann automatisch ins Transport-Management-System übergeben, den Speditionssauftrag und die Barcode-Label für die Packstücke erhält der Kunde umgehend in digitaler Form, auch die Rechnung wird im Nachgang als PDF übermittelt. Eine bereits bestehende Applikation zur Sendungsverfolgung hat Koch in das Buchungsportal integriert, der Kunde erhält automatisch einen Link. Weniger Aufwand, neue Kunden "Dank der Onlineplattform können wir den Service einer digitalen Spedition anbieten, bei der alle Prozesse zwischen Versender und Empfänger automatisiert wurden", betont Marcel Schrage, bei Koch für Vertriebscontrolling und CRM zuständig. Der Onlineshop bringe vor allem im Umgang mit Kunden, die keine festen Preisvereinbarungen mit der Spedition haben, eine enorme Erleichterung. "Bei rund 100 Angeboten am Tag waren zwei bis drei Mitarbeiter mit nichts anderem beschäftigt als mit Angebotskalkulation und Auftragserfassung", erinnert sich Schrage. Die Kapazitäten, die durch die Digitalisierung dieser Prozesse freigesetzt werden, könnten sie nun in die Analyse und den Ausbau des Service stecken. Auftragsvolumen verdoppelt Dass die Digitalisierung der Spedition nicht nur straffere Prozesse beschert, sondern auch die von Lühmann oben angesprochenen Umsatzpotenziale erschließt, kann Schrage bestätigen: "Die meisten Anfragen über die Onlineplattform kommen von Kunden, die wir noch gar nicht kannten." Dieser Typ Neukunde sei offenbar sehr online-affin, möchte schnell und unkompliziert den Preis ermitteln und gleich buchen. "Wir haben mithilfe der Plattform also ein ganz neues Marktsegment erschlossen", freut sich der Vertriebsmann. Dies lasse sich auch an Zahlen ablesen: Die Entwicklung des Auftragsvolumens habe sich im Vergleich zum Vorjahr mehr als verdoppelt. "Dieses Wachstumsziel geben wir auch für die kommenden Jahre aus", sagt Schrage. Nächster Schritt Dynamic Pricing Aktuell wird im Onlineshop von Koch International nur der Landverkehr abgebildet. "Noch in diesem Jahr sollen Transportanfragen für Nicht-EU-Länder wie Schweiz oder Norwegen integriert sowie neben dem Landverkehr auch See- und Luftfracht abgedeckt werden", kündigt Schrage an. Frachtklub-Gründer Lühmann arbeitet zudem an weiteren Features: "Noch ist die Preiskalkulation relativ statisch, insbesondere im Stückgutbereich. Wir glauben, dass dynamisches Pricing basierend auf Angebot und Nachfrage die Zukunft ist", führt er aus. So werde bereits daran gearbeitet, dass ein Algorithmus anhand von Daten für jede Spedition den optimalen Preis ermitteln kann. "Dabei können sie die Kriterien zur Preisfindung - wie beispielsweise zur Auslastung eines Lkw auf einer bestimmten Route - individuell festlegen", erklärt Lühmann. Schrage findet das Thema dynamisches Pricing hochspannend: "Dem Kunden sofort einen Preis zu nennen, ist das eine - dass Algorithmen passgenau zur tagesaktuellen Marktsituation den richtigen Preis ermitteln, wäre die Kür. Wir sind jedenfalls sehr interessiert daran, diese nächste, KI-basierte Stufe der Preiskalkulation zu zünden." Mehr zum Thema finden Sie im Dossier "Transportpreise" www.verkehrsrundschau.de/dossiers In Kürze Das Start-up Frachtklub will Speditionen mit einem White-Label-Onlineshop den unkomplizierten Einstieg in die Digitalisierung ermöglichen. Eine der Speditionen, die mithilfe der Plattform Tagespreisanfragen, Angebotskalkulation und Buchung komplett online abwickelt, ist Koch International aus Osnabrück.

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