Ohne ATP-Bescheinigung geht kaum etwas

Nur ein paar Wochen noch, dann hat es Andreas Klotz geschafft. Dann zieht der Abteilungs- und Prüfstellenleiter Kälte- und Klimatechnik von TÜV SÜD Industrie Service mit rund 30 Mitarbeitern aus seiner alten Wirkungsstätte in München in ein nagelneues Labor für Klima und Kältetechnik ins benachbarte Olching. Hier hat TÜV SÜD in den vergangenen Monaten auf einer Fläche von 8500 Quadratmetern eine hochmoderne Einrichtung zur Prototyp- und Produktprüfung von kältetechnischen Geräten und Komponenten errichtet. Der Neubau war nötig geworden, weil der weitere Ausbau der Kapazitäten am bisherigen Standort nicht mehr möglich war. Im gleichen Zuge zieht auch die ATP-Prüfstelle, die Klotz ebenfalls leitet, nach Olching um. Der Prüfstellenleiter freut sich auf die neue Arbeitsumgebung, die auch seinen Kunden viele Vorteile bringt. Beispielsweise sind in Olching Prüfungen für den extremen Temperaturbereich von -40 Grad möglich, wie sie die Marktentwicklung in einigen nord- und osteuropäischen Ländern sowie im Pharmasegment erfordert. Außerdem sind die Prüfkammern länger, was eine noch effektivere Prüfung von Aufliegern ermöglicht. Last but not least gibt es auch eine Durchfahrtskammer, die das aufwendige Rangieren mit Kühlaufliegern unnötig macht. Die Aufgaben von Klotz und seinem Team im Nutzfahrzeugbereich bleiben hingegen unverändert. Im Auftrag der Hersteller prüfen sie komplette Fahrzeuge sowie alle Komponenten, die für temperaturgeführte Transporte vonnöten sind. Dazu zählen Fahrzeugteile, Kältemaschinen, Behälter und letztlich Kühltransporter und -auflieger, die in den Kältekammern geprüft werden. In den Klimakammern können Temperaturen von minus 40 Grad Celsius bis plus 43 Grad Celsius erreicht werden. Mit modernen Messgeräten ermitteln TÜV SÜD Mitarbeiter, ob gesetzliche Anforderungen und Hersteller-, Betreiber- oder Kundenvorgaben eingehalten werden. Eine der wesentlichen Aufgaben der ATP-Prüfstelle ist das Ausstellen von ATP- Bescheinigungen. ATP heißt auf Deutsch übersetzt, "Übereinkommen über internationale Beförderungen leicht verderblicher Lebensmittel und über die besonderen Beförderungsmittel, die für diese Beförderungen zu verwenden sind". Mit der ATP-Bescheinigung können Transportunternehmen gegenüber den Kontrollbehörden nachweisen, dass das Fahrzeug den Vorschriften des ATP-Abkommens entspricht. Die wichtigsten Themen, die im ATP-Übereinkommen geregelt werden, sind: - Einteilung der Beförderungsmittel in Klassen entsprechend ihrer Eignung und Ausrüstung für den Transport leicht verderblicher Lebensmittel - Technische Anforderungen an Beförderungsmittel für leicht verderbliche Lebensmittel hinsichtlich der Wärmedämmung und der Ausrüstung mit einer Kühleinrichtung - Messmethoden zur Bestimmung der wärmedämmtechnischen Eigenschaften und zur Bestimmung der Leistung von Kühl- und Heizeinrichtungen - Festlegung der Transporttemperaturen in Abhängigkeit vom Lebensmittel "Das Mitführen einerATP-Bescheinigung ist Pflicht, wenn das Unternehmen im internationalen Verkehr leicht verderbliche Lebensmittel transportiert", sagt Klotz. Darüber hinaus verlangen die Behörden einiger Länder wie Frankreich, Spanien und Italien das Dokument auch für nationale Transporte. In Deutschland sind die ATP-Bescheinigungen für den nationalen Güterverkehr keine Pflicht. Allerdings lassen sich häufig die Auftraggeber oder Warenempfänger die Bescheinigung zeigen, um sicherzustellen, dass ein geeignetes Fahrzeug für den Transport eingesetzt wird. Käufer von neuen Kühlfahrzeugen bekommen in der Regel die ATP-Bescheinigung vom Hersteller oder Händler bei der Übergabe des Fahrzeugs ausgehändigt. Die Bescheinigung gilt für sechs Jahre. Dann ist eine Wiederholungsprüfung fällig, die drei Jahre gilt. Diese kann an allen für die ATP-Wiederholungsprüfung zugelassenen Stützpunkten von TÜV SÜD Industrie Service durchgeführt werden. Dabei wird festgestellt, ob das leere Beförderungsmittel innerhalb einer vorgeschriebenen Zeit die geforderte Temperatur erreicht. Zudem beurteilen die Prüfer den allgemeinen Zustand des Kühlfahrzeugs und der Kältemaschine. Komplizierter kann es werden, wenn das Transportunternehmen das Kühlfahrzeug gebraucht kauft. "Eine Vielzahl von Gebrauchtfahrzeugen in Deutschland hat keine gültige ATP-Bescheinigung", warnt TÜV SÜD Experte Andreas Klotz. Sein Tipp: Bei dem Erwerb von wärmegedämmten Fahrzeugen für den Verteilerverkehr sollte zum Beispiel darauf geachtet werden, dass diese Bescheinigung vorgelegt werden kann. Wenn mit diesem Fahrzeug leicht verderbliche Lebensmittel grenzüberschreitend zu transportieren sind oder das Fahrzeug ins Ausland überführt werden soll, gilt dies umso mehr. Bei der Registrierung der Fahrzeuge im Ausland ist eine gültige ATP-Bescheinigung in der Regel vorzuweisen. Im Zweifelsfall ist es beim Erwerb eines Gebrauchtfahrzeugs ohne ATP-Bescheinigung ratsam zu prüfen, ob der wärmegedämmte Aufbau mit oder ohne Transportkältemaschine in Übereinstimmung mit einem typgeprüften Muster gebaut wurde. Wer ohne ATP-Bescheinigung bei einem bescheinigungspflichtigen Transport erwischt wird, hat schlechte Karten. Es drohen die sofortige Stilllegung des Fahrzeugs und ein Einfuhrverbot der Ware in die ATP-Mitgliedstaaten. Außerdem wird ein erhebliches Bußgeld fällig. Deshalb sollten die Transportkühlfahrzeuge stets den Vorgaben entsprechend mit einem ATP-Zulassungsschild und dem ATP-Gültigkeitsaufkleber gekennzeichnet sein. "Die Gültigkeitsaufkleber müssen an jeder Seitenwand oben und in Fahrtrichtung vorne angebracht werden. DasATP-Zulassungsschild muss an der Stirnwand unten rechts oder links angebracht werden", sagt Klotz. Auch eine Kopie der ATP-Bescheinigung darf nicht fehlen. Der Fahrer sollte sie gemeinsam mit den anderen Fahrzeugpapieren mitführen. TÜV SÜD Experte TÜV SÜD Industrie Service GmbH Andreas Klotz Abteilungs- und Prüfstellenleiter, Kälte- und Klimatechnik, ATP-Prüfstelle Tel.: +49 89 5190-3140 E-Mail: atp-pruefstelle@tuev-sued.de

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