Berlin. „Die Studie benennt die richtigen Kernmaßnahmen, mit denen der Schienenverkehr in zehn Jahren verdoppelt werden kann.“ Mit diesen Worten bewertet Ludolf Kerkeling, Vorstandsvorsitzender des Netzwerks Europäischer Eisenbahnen (NEE) die am 13. März von der Agora Verkehrswende vorgestellte Studie „Bahnpolitische Weichenstellungen für die Verkehrswende – Potenziale und Umsetzungsmöglichkeiten bis 2030“.
Die Große Koalition will bis 2030 mehr Güterverkehr auf die Schiene verlagern. Der Weg dorthin, so Kerkeling, sei aber „derzeit noch unklar“, im Güterverkehr fehle sogar noch ein konkretes Ziel. Die Studie zeige jetzt aber auf, „wo jetzt langfristig wirksame, belastbare und nicht zuletzt durchfinanzierte Entscheidungen getroffen werden müssen. Den Rest kann und wird der Markt regeln“, sagte Kerkeling.
Staat darf sich nicht verzetteln
Stärke und Schwäche der Studie zugleich sei die Begrenzung ihrer Maßnahmenvorschläge auf den Schienensektor. Kerkeling: „Nachdem vor allem die Schieneninfrastruktur jahrzehntelang unterfinanziert wurde, darf sich der Staat nun nicht verzetteln. Massiver Straßenausbau und erst recht Oberleitungen für Lkw würden viele der in der Studie vorgeschlagenen Maßnahmen ins Leere laufen lassen.“
Der Schienengüterverkehr der Zukunft brauche nach Auffassung des Netzwerks Europäischer Eisenbahnen dringend massive Innovations-Impulse, die nur gemeinsam von Politik, Herstellern und Betreibern ausgelöst werden könnten. Neue Verkehrs- und Logistikkonzepte benötigten innovative Güterwagen und Verladetechnologien. Ausgangspunkt seien die Transportbedürfnisse und nicht einzelne Technologien, betont das NEE. Die Studie habe an dieser Stelle einen weiteren blinden Fleck. Wenn etwa der gesamte Güterwagenbestand oder die Signaltechnik europaweit umgerüstet werden müssten, hätten sich in der Vergangenheit der riesige Investitionsbedarf und die Ungleichheit von Begünstigten und Investoren als besonders hinderlich erwiesen und Stagnation zur Folge gehabt.
NEE sieht strukturelle Wettbewerbsnachteile der Schiene
„Die strukturellen Wettbewerbsnachteile der Schiene gegenüber den anderen Verkehrsträgern, insbesondere der Straße, müssen angegangen werden“, forderte Kerkeling abschließend. 100 Prozent der Schienenwege seien Trassenpreis- bzw. mautpflichtig, das gelte im Güterverkehr aber nur für sechs Prozent des Straßennetzes. (tb)