Nachhaltigkeit ist Trumpf

Die Verpackungsbranche steht unter Zugzwang. Seit jeher umweht sie der Ruf als Umweltsünder, in Zeiten der Klimaschutz-Debatten und "Fridays for Future"-Demos dürfte das Image nicht gerade besser geworden sein. Durch das novellierte Verpackungsgesetz sind Verpackungshersteller nun noch stärker in der Pflicht zu handeln, denn sie sollen eine höhere Recyclingquote von Verpackungsabfällen erfüllen (siehe auch Kasten Seite 34). Zahlreiche Unternehmen und Forschungsprojekte arbeiten deshalb daran, die Recyclingfähigkeit von Verpackungen zu verbessern. Es ist also keine Überraschung, dass auch die Fachpack, europäische Fachmesse für Verpackungen, Prozesse und Technik, das Thema Nachhaltigkeit in den Fokus stellt und "Das umweltgerechte Verpacken" zum Leitthema ausgerufen hat. "Die Verpackung von morgen ist eine, die zugleich im Dienst der Umwelt sowie der Verbraucher steht und den ganzen Kreislauf im Blick hat", betont Cornelia Fehlner von der NürnbergMesse. Herausforderung E-Commerce Wie man Verpackungen nachhaltiger gestaltet, beschäftigt nicht nur die Konsumgüterindustrie, sondern auch die Logistik. Vor allem der wachsende E-Commerce ist in Sachen Verpackungsmaterial sehr ressourcenintensiv. 3,5 Milliarden Sendungen beförderte die Kurier-, Express- und Paketbranche (KEP) alleine im vergangenen Jahr, bis 2023 könnte diese Zahl auf 4,4 Milliarden ansteigen. "Die E-Commerce-Verpackung der Zukunft ist sicher und gleichzeitig nachhaltig - jedenfalls lautet so der Anspruch der Kunden", fasst auch Ralf Kreuzer, Head of Sales Germany des Großhändlers Raja, zusammen. Das Thema "Verantwortungsvoll verpacken" hat der führende Anbieter von Verpackungen für Onlineshop-Betreiber ( Halle 5, Stand 241) schon lange in seiner Firmenphilosophie verankert. Als die fünf Säulen für nachhaltiges Verpacken nennt Raja die Reduzierung des Verpackungsverbrauchs durch Begrenzung von Gewicht und Volumen der Verpackung, die Wiederverwendbarkeit, das Ersetzen von Verpackungen mit hoher Umweltbelastung durch umweltverträgliche Alternativen, die Verwendung biobasierter Verpackungen aus nachwachsenden Naturstoffen sowie die Recyclingfähigkeit. Ralf Kreuzer nennt als guten Ansatz für umweltgerechteres Verpacken beispielsweise den Verzicht auf Selbstklebeband. "Viele Konsumenten werfen Versandverpackungen mit Klebebandresten in die Altpapiertonne, was wiederum dazu führt, dass der Karton nicht dem Recycling-Kreislauf zugeführt wird, sondern in der Müllverbrennungsanlage landet", so der Vertriebsleiter. Eine umweltfreundlichere Alternative sei Nassklebeband. "Es punktet nicht nur durch seine Umweltfreundlichkeit, sondern ist zudem bedruckbar und lässt sich gut automatisiert handeln." Gras als alternativer Rohstoff Zu den nachwachsenden Rohstoffen, die derzeit breit diskutiert werden, zählt unter anderem Graspapier. Ob zu 100 Prozent oder nur zu einem bestimmten Anteil, profitieren Verpackungen auf Grasbasis von dem Vorteil, dass der Rohstoff schnell nachwächst und zudem dank lokaler Erzeugung für geringe Emissionen sorgt. Kreuzer warnt aber vor verfrühter Euphorie: Um Versandkartons auf Basis von Graspapier herzustellen, stehe die Entwicklung noch zu sehr am Anfang. "Hier ist einfach noch nicht die notwendige Durchstoßfestigkeit gegeben, die wir beispielsweise von Wellpappe gewohnt sind." Nachwachsende Rohstoffe versus Plastik Apropos Wellpappe. Der Verband der Wellpappen-Industrie verweist seit jeher auf den Faktor Nachhaltigkeit. Mit etwa 80 Prozent bestehe der weitaus größte Teil dieses Papiers aus Recyclingmaterial wie Altpapier, Kartons und gebrauchter Wellpappe, informiert der Verband. Auch Hersteller von Holzpaletten können auf eine vergleichsweise gute Ökobilanz verweisen. "Sind Paletten und Kisten aus dem Naturmaterial Holz aus deutschen Wäldern gefertigt, sind sie garantiert echte Umweltschützer", betont Marcus Kirschner, Geschäftsführer des Bundesverbandes Holzpackmittel, Paletten, Exportverpackung (HPE, Halle 6, Stand 225). Zum einen sei die Ernte des Holzes aus dem Wald und auch dessen Weiterverarbeitung zu Holzpackmitteln nicht besonders energieaufwendig. "Außerdem bleiben die Transportwege zumeist recht kurz, da das meiste Verpackungsholz aus heimischen Wäldern stammt", so Kirschner. Bei Paletten gilt zwar Holz als der Rohstoff mit einer guten CO2-Bilanz. So mancher Aussteller, der Produkte aus recycelten Polyolefinen (PO) oder Hart-Polyethylen (HDPE) feilbietet, wird aber sicherlich folgende schlagende Argumente anführen: Kunststoffpaletten lassen sich am Ende ihrer Lebenszeit nicht nur recyceln, können also erneut als Paletten eingesetzt werden. Sie sind auch vergleichsweise leicht und ermöglichen eine höhere Netto-Ladekapazität beim Transport. Im E-Commerce-Bereich könnten mit steigender Bedeutung des Onlineversands von Lebensmitteln zudem Mehrwegsysteme aus Kunststoff punkten. Anbieter aus dem E-Food-Segment stehen schließlich vor der Herausforderung, Ware frisch, sicher und perfekt temperiert zum Verbraucher zu bringen - und das möglichst, ohne weiteren Verpackungsmüll zu produzieren. Die BITO-Lagertechnik Bittmann ( Halle 6, Stand 234) etwa stellt für diese Zielgruppe ein neues Mitglied seiner Mehrwegbehälter-Serie MB vor: das Produkt MB Food & Delivery. Trägerfreie Etiketten Auch die Kennzeichnungstechnik will die Umweltbilanz verbessern. So bieten immer mehr Unternehmen biologisch abbaubare Etiketten aus nachwachsenden Rohstoffen an. Ein Ansatz ist auch der Verzicht auf silikonisiertes Trägermaterial von Etiketten, das derzeit noch aufwendig entsorgt oder recycelt werden muss. Herma, Spezialist für Selbstklebetechnik, zeigt in Halle 3A, Stand 236 ein neues Etikettiersystem ohne Trägermaterial, das auch den Anforderungen in Logistik- und Versandzentren standhalten soll. Erst im Moment des Verspendens sorge eine rein wasserbasierte Aktivierung durch eine Mikrozerstäubungseinheit dafür, dass das Etikett haftet. "Der gesamte CO2-Fußabdruck eines solchen trägerlosen Etiketts verringert sich drastisch", sagt Herma-Geschäftsführer Thomas Baumgärtner. In Kürze Auf der Fachpack in Nürnberg dreht sich alles um Verpackungen und die dazugehörigen Prozesse und Techniken. Das Thema umweltgerechtes Verpacken ist für die Branche keinesfalls neu, hat aber mit der öffentlichen Plastik-Debatte einen neuen Höhepunkt erreicht. Dies spiegelt sich auch im Leitthema der Messe wider. Die Messe Die Fachpack auf einen Blick Ort: Messezentrum Nürnberg Anzahl Aussteller/Besucher:1500 Aussteller, 45.000 Fachbesucher (erwartet) Öffnungszeiten:24. September 2019: 9-18 Uhr 25. September 2019: 9-18 Uhr 26. September 2019: 9-17 Uhr Tickets: Dauerkarte 52 Euro, Tageskarte 48 Euro

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