Nachhaltig und schnell in die Stadt

Klimaneutrale Transporte - diesem Ziel hat sich das europaweit tätige B2B-Expressnetz Sovereign Speed in Hamburg verschrieben. "Bis zum Jahr 2025 wollen wir dies in vielen Teilen unserer Unternehmensgruppe umgesetzt haben", kündigt Hendrik Bender an, der in dem Unternehmen als Senior Direktor das Business Development und Marketing verantwortet. Rund 350 eigene Fahrzeuge, davon insgesamt 40 Zustellfahrzeuge, setzt das B2B-Expressnetz europaweit ein. Klimaneutral in drei Etappen Erreichen wolle Sovereign sein Klimaschutzziel in drei Etappen, erklärt Bender: zunächst über die CO2-Ermittlung, dann über die CO2-Reduktion und schließlich über die CO2-Vermeidung in den europaweiten Linienverkehren. Der Anfang ist bereits gemacht: "Seit Anfang April ermitteln wir da für jede Sendung, die wir im Auftrag eines Kunden transportieren, nicht nur die Höhe der CO2-Emissionen, sondern kompensieren diese auch", erzählt Bender. Zwei Klimaschutzprojekte in Südamerika unterstützt Sovereign konkret. "Alle unsere Transporte innerhalb unseres Express-Netzwerks sind also bereits heute klimaneutral. Und unsere Kunden müssen für die CO2-Neutralität keinen Aufschlag zahlen. Die Kosten für die Kompensation sind in den Transportraten bereits integriert", betont Bender. Und ab Juni werde Sovereign seinen Kunden den CO2-Ausstoß pro Sendung sogar dezidiert in CO2-Reports ausweisen können. Viele Hebel zur Reduktion von CO2 "Im nächsten Schritt gehen wir dann das Thema Innenstadt-Belieferung an", kündigt Bender an. An Ideen, wie er da den CO2-Ausstoß künftig reduzieren will, mangelt es dem Business Development-Manager von Sovereign nicht. Eine Option sei natürlich die Zustellung mit E-Fahrzeugen, dafür stehe Sovereign mit diversen Herstellern schon in Gespräch. Auch die Zusammenarbeit mit Straßenbahnen könne in Städten eine sinnvolle Option sein, sagt Bender und verweist auf ein entsprechendes Pilotprojekt in Frankfurt/Main. Sogar die Zustellung von Sendungen via Schiff kann er sich sehr gut vorstellen. Für welche der Möglichkeiten sich Sovereign entscheiden wird, stehe aber noch nicht fest, sagt Bender. "Wir werden aber auf jeden Fall in den kommenden zwei Jahren hier Entscheidungen fällen", verrät er. "Denn das Thema Klimaschutz ist uns sehr wichtig." Und natürlich stünde irgendwann, wenn die Lösungen dafür zur Verfügung stehen, auch die Investition in die Brennstoffzellen-Technologie bei Sovereign auf der Agenda. "Wann das sein wird, hängt aber nicht von uns, sondern von den OEMs ab", sagt Bender und lacht. "Dem Klimaschutz kann sich keiner verweigern. Das tun auch die Kurier-, Express- und Paketunternehmen nicht", betont auch Carsten Hansen, Leiter Innenstadtlogistik beim Bundesverband Paketund Expresslogistik (BIEK). So habe der BIEK mit den kommunalen Spitzenverbänden und dem Handelsverband Deutschland (HDE) schon 2018 ein Memorandum of Understanding geschlossen, in dem sich die Unternehmen dazu verpflichtet haben, die notwendigen Innenstadtverkehre möglichst umwelt-, klima- und stadtverträglich abzuwickeln. "Die KEP-Unternehmen setzen also bereits Elektrofahrzeuge und Lastenräder in der Innenstadtlogistik ein und optimieren, wo immer es möglich ist", betont Hansen. "Und in den kommenden Jahren werden wir da noch deutlich mehr nachhaltige Lösungen in der KEP-Branche sehen." Letztlich werde es aber nicht die eine Lösung geben, mit der die KEP-Unternehmen die Schadstoff- und Klimaschutzvorgaben der Politik umsetzen werden, ist sich der KEP-Experte sicher. "Vielmehr wird das eine Kombination von vielen Lösungen sein, also sowohl Mikrodepots, Lastenräder, Elektrofahrzeuge oder aber auch Paketboxen und paketdienstübergreifende Paketstationen", unterstreicht Hansen. Die Paketdienste würden zudem vermehrt in die Anschaffung von E-Fahrzeugen investieren oder sogar selbst als Hersteller aktiv werden, wie zum Beispiel UPS gemeinsam mit dem E-Fahrzeug-Hersteller Arrival. Sprich: Die KEP-Dienste werden künftig in der urbanen Logistik an vielen Hebeln für ein Mehr an Nachhaltigkeit ansetzen. Zahlungsbereitschaft für grüne Logistik "Klar ist aber auch: Das sind Mehrbelastungen für die Unternehmen", betont der BIEK-Mann. Immerhin geben Endverbraucher an, für klimafreundlichere Services in der Paketzustellung mehr bezahlen zu wollen", weiß Hansen aus Befragungen des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt und Untersuchungen von Beratungsunternehmen. "Das sind erste positive Signale." "Schnell helfen würde in der urbanen Logistik aber vor allem die gewerbliche Ladezone", ist sich Hansen sicher, der mit dem BIEK dazu eine Änderung der Straßenverkehrsordnung vorgeschlagen hat. "Wenn die Städte Ladezonen in Stadtgebieten ausweisen, in denen nur gewerbliche Zusteller kurzzeitig zum Be- und Entladen halten dürfen, würde das enorm helfen." Sein Vorschlag: Die Parkflächen könnte man zum Beispiel nachts für Anwohner, tagsüber aber ausschließlich für den gewerblichen Verkehr freigeben. Dadurch werde verhindert, erwartet Hansen, dass Paketdienste in zweiter Reihe parken und Staus verursachen. Immobilienflächen für die Logistik öffnen An einer weiteren Lösung der Innenstadtproblematik ist auch Ralf Bogdanski dran. Er ist Logistikprofessor an der Technischen Hochschule in Nürnberg und dort für den Forschungsbereich "Nachhaltige Stadtlogistik" zuständig. Außerdem ist er quasi einer der Gründungsväter des sogenannten Mikrodepot-Ansatzes mit zweispurigen Lastenrädern. Bereits vor fünf Jahren setzte er mit den Paketdienstleistern DDP und GLS in Nürnberg eines der ersten Pilotprojekte zu diesem Thema in Deutschland um. Die Erkenntnisse von Bogdanski aus diesem Projekt waren und sind, das darf man ohne Übertreibung sagen, revolutionär: Rund 30 Prozent der Pakete, die bislang mit konventionellen Dieselfahrzeugen in die Stadt ausgeliefert wurden, ließen sich, das zeigte das Pilotprojekt in Nürnberg mit den beiden Paketdiensten DPD und GLS, auf eine solche Mikrodepot-Lösung verlagern. Einziger Knackpunkt sei der Mangel an geeigneten Immobilien oder Stellflächen, beklagt der Logistikprofessor. Auch der Handel sei noch viel zu zögerlich, sich an solchen innovativen Lösungen zu beteiligen, kritisiert er im Gespräch mit der VerkehrsRundschau. "Bis zu 30 Prozent der Pakete ließen sich auf Lastenräder verlagern" - Professor Ralf Bogdanski von der Technischen Hochschule in Nürnberg Sie haben in Nürnberg mit den beiden Paketdiensten DPD und GLS in einem Projekt schon in 2016 gezeigt, wie sich Mikrodepots und zweispurige E-Lastenräder in der Stadtlogistik sinnvoll einsetzen lassen. Welche Vorteile bietet diese Mikrodepot-Lösung gegenüber Zustellungen mit konventionellen Dieseltransportern? Für dieses Projekt haben wir die sogenannte letzte Meile in eine vorletzte und allerletzte Meile unterteilt, und dazwischen lag das Mikrodepot. Morgens werden also die KEP-Sendungen mit leichten Lkw zu dem Mikrodepot in der City befördert und von dort aus aufgrund der räumlichen Nähe mit zweispurigen Lastenrädern dann den Empfängern auf der allerletzten Meile zugestellt. Dadurch lässt sich, so unsere Erkenntnis aus dem Projekt, Nachhaltigkeit ökologisch, ökonomisch und sozial erreichen. Wie viel Prozent der KEP-Sendungen ließen sich von Dieseltransportern also dank einer solchen Mikrodepot-Lösung verlagern, und wie viel CO2 ließ sich damit einsparen? Unsere Analysen zeigen: Dadurch ließen sich bis zu 30 Prozent der KEP-Sendungen in Städten über 100.000 Einwohnern von Dieseltransportern auf E-Lastenräder verlagern. Und dadurch ließen sich in der Zustellung bis zu 20 bis 25 Prozent der CO2-Emissionen einsparen, ebenso Stickoxide und Feinstaub-Emissionen. Rechnet sich das Ganze aber auch für einen KEP-Dienst? In einen Diesel-Sprinter passen rund 1000 Kilogramm Nutzlast und in ein zweispuriges Lastenrad nur 250 Kilogramm Nutzlast. Gar nicht zu reden von den Kosten für den zusätzlichen Umschlagsaufwand. Das ist so. Die müssen natürlich durch ein solches Konzept gedeckt werden. Wenn man aber die Sendungsstrukturen, die Touren und das Ausliefergebiet in der Stadt sauber vorab analysiert, kann sich das für den KEP-Dienst rechnen. Wie offen sind die Kommunen und der Handel für die Mikrodepot-Lösung? Die Kommunen sind da sehr offen, auch die KEP-Dienste sind offen. Noch fehlen aber vielfach Immobilienflächen, und auch der Handel ist oft noch zurückhaltend. In Kürze Blaue Plakette, City-Maut, ja sogar Fahrverbote für den Wirtschaftsverkehr - alles das stand vor wenigen Jahren im Raum, weil die verkehrliche Belastung in den Städten wuchs und damit auch der CO2-Ausstoß. Die gute Nachricht: Auch die KEP-Dienste bessern in puncto CO2-Reduktion nach. Was da hilft, zeigt der folgende Beitrag. Online - Podcast: Pakete-Boom - droht jetzt der Verkehrsinfarkt? Immer mehr Menschen kaufen online ein und lassen sich ihre Pakete zustellen. Noch nie wurden so viele Pakete in Deutschland ausgeliefert wie 2020. Gleichzeitig droht in Großstädten der Verkehrsinfarkt. Der Pakete-Boom hat also auch Effekte auf die Umwelt. Die Zustellung auf der Letzten Meile wird, wenn der E-Commerce weiter so steigt, zu einer Herausforderung in der Logistik. Was hilft, zeigt der Podcast der VerkehrsRundschau: https://verkehrsrundschau.podigee.io/.

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