Nachfrage steigt wieder

Die Krise hält nach wie vor an." So beschreibt Bernhard Kunz, Direktor der Hupac AG, den Verlauf des Jahres 2013 für den Markt des Kombinierten Verkehrs (KV) aus der Sicht seines Unternehmens. Das mag überraschend klingen. Denn das Sendungsvolumen der Hupac ist 2013 immerhin um 1,7 Prozent gestiegen und der Jahresgewinn sogar beträchtlich um 49,5 Prozent auf 6,6 Millionen Schweizer Franken geklettert, bei einem Umsatz von 480 Millionen Schweizer Franken (+5,7 Prozent). Um eine solche Krise würden andere Unternehmen die Hupac beneiden. Daher nimmt Kunz angesichts dieser Zahlen zwar auch das Wort "zufriedenstellend" in den Mund - um andererseits postwendend doch zu erklären, warum der Verlauf im Jahr 2013 nicht den Vorstellungen der Hupac entsprochen hat: "Man muss berücksichtigen, dass wir 2012 mit zahlreichen Sperrungen zu kämpfen hatten. Wären die nicht gewesen, hätten wir 2013 sicher nur einen sehr kleinen Zuwachs gehabt." Mit blauem Auge davongekommen Hinzu kommt, dass man bei dem 1967 gegründeten Operateur einen anderen Anspruch an sich selbst hat. Das hängt auch mit der Geschichte des Operateurs zusammen. Jahrelang kannten die Schweizer nur den einen Weg: den nach oben, und zwar mit großen Schritten. Seit der Krise 2008/2009 stockt jedoch der Motor. Das Volumen brach 2009 um 13,5 Prozent auf 607.284 Straßensendungen ein. Nichtsdestotrotz hat Hupac dann 2010 eine Vision verabschiedet, mit der man auf den alten Wachstumspfad zurückkehren wollte. Jährlich 8 bis 10 Prozent mehr zwischen 2010 und 2015 und 2015 dann die magische Grenze von einer Millionen Sendungen überschreiten: So lautete das Ziel. Davon ist das Unternehmen mit derzeit 656.877 transportierten LKW-Einheiten weit entfernt. "Wir sind mit einem blauen Auge durch die Krise gekommen", urteilt Kunz über die letzten fünf Jahre. Er nennt zwei maßgebliche Gründe, warum diese Entwicklung nicht so eingetreten ist. "Wir leiden besonders darunter, dass in Italien immer noch eine Rezession herrscht", sagt Kunz. Für Hupac ist Italien der wichtigste Markt. 60 Prozent des gesamten Aufkommens des Schweizer Operateurs geht von oder nach Italien. Schwächelt deren Wirtschaft, ist weniger zu transportieren und das bekommt auch die Hupac zu spüren. "Selbst im ersten Quartal 2014 war das Aufkommen mit Italien noch um 0,1 Prozent rückläufig", sagt Kunz, "Italien ist immer noch in der Krise." Hupac ist jedoch längst nicht mehr nur auf den Alpentransit fixiert, sondern bietet Transporte in ganz Europa und darüber hinaus an. "Aber über alle Märkte gesehen war das letzte Jahr das Jahr der Konsolidierung", sagt Kunz, weshalb bei Hupac auch keine Relation positiv heraus sticht. Eine wesentliche Ursache dafür seien die Überkapazitäten im Transportmarkt, vor allem beim Konkurrenten LKW. Die osteuropäischen Flotten, die mit geringen Fahrerlöhnen für ein niedriges Preisniveau sorgten, würden so einen Druck ausüben, den nicht nur die westeuropäischen Transportunternehmen zu spüren bekommen, sondern auch die KV-Operateure. Guter Start ins Jahr 2014: +6,4 Prozent Ist angesichts der ernüchternden Zahlen der KV womöglich nicht mehr der große Hoffnungsträger, als den die Politik den KV immer gerne ausruft? Beispielsweise hat die EU-Kommission in ihrem Weißbuch das Ziel verankert, 30 Prozent der langströmigen Verkehre bis 2030 auf die Bahn zu verlegen. Kunz zeigt sich optimistisch: Zum einen verweist er auf das schlechtere Abschneiden der LKW-Konkurrenz im Alpentransit über die Schweiz (siehe Kasten auf dieser Seite). Zum anderen zitiert er Aussagen eines BASF-Vertreters auf der Generalversammlung der Hupac im Mai. Demnach habe die Chemiebranche in Europa bereits 20 Prozent der langströmigen Transporte auf die Bahn verlagert. Bei der BASF läge dieser Anteil bereits bei 25 Prozent. Kunz nimmt auch bereits wieder positive Tendenzen wahr. "In den ersten vier Monaten 2014 ist das Aufkommen im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 6,4 Prozent gestiegen", so der Hupac-Chef. Das sei "ganz ordentlich", allerdings müsse man berücksichtigen, dass das erste Halbjahr 2013 auch eher schlecht verlaufen sei. "Aber der Markt wächst wieder leicht und wir hoffen, 2014 ein Plus beim Sendungsvolumen von fünf Prozent zu erzielen." Die anziehende Nachfrage ist aus Sicht von Kunz schon mal eine wichtige Grundlage, um mehr Güter auf die Bahn zu ziehen. Doch das sei noch nicht ausreichend. "Wir müssen die Produktivität verbessern", sagt er. Große Hoffnungen setzt er dabei in den neuen Gotthard-Basistunnel, dessen Inbetriebnahme für Ende 2016 vorgesehen ist. "Damit können wir die Zuglänge von bislang 530 Metern auf 750 Meter ausdehnen", sagt Kunz. Dann können 36 Wagen pro Zug mitgeführt werden statt bislang 28 bis 30. Die Kapazitäten könnten so um 34 Prozent erhöht werden, wobei laut Kunz der limitierende Faktor eher das Gewicht sei. Ein weiterer Vorteil der neuen, flacheren Strecke: Es werden über ein Drittel weniger Lokomotiven in den Alpen benötigt. Sind je nach Gewicht und Länge der Züge zwei oder drei Loks im Einsatz, reichen jetzt eine oder zwei aus. Zudem soll die neue Strecke tauglich gemacht werden für Sattelzüge mit vier Metern Eckprofil. Allerdings sind dazu noch verschiedene Baumaßnahmen nötig, sodass damit frühestens 2017 auf der zudem ungünstiger gelegenen West-Route über Luino zu rechnen ist. Die näher an Mailand gelegene Ost-Route über den Ceneri-Basistunnel dürfte hingegen nicht vor 2020 für diese Verkehre geeignet sein. Allerdings macht Kunz den Spediteuren keine Hoffnung, dass sie finanziell von diesem Produktivitätssprung profitieren werden. Denn derzeit unterstützt die Schweiz mit Betriebsbeiträgen den KV im Alpentransit, um so dessen Rentabilität zu gewährleisten. 2013 waren das alleine bei Hupac 69,2 Millionen Schweizer Franken (56,7 Millionen Euro). Diese Gelder werden wegfallen, sobald der Gotthard-Basistunnel eröffnet ist, weshalb Kunz nicht davon ausgeht, dass die Frachtraten sinken werden. Aus Sicht von Kunz müssen aber auch die Bahnen an der Produktivität und Qualität im KV arbeiten. "Statusmeldungen bei Unregelmäßigkeiten müssen eine Selbstverständlichkeit werden und viel schneller erfolgen", fordert Kunz von den Bahnen. Zudem kritisiert er, dass es häufig keine Informationen gebe, sobald ein Güterzug außerplanmäßig abgestellt werde und wann es dann weitergehe. Und nicht zuletzt verlangt er eine Pünktlichkeit der Züge von 85 bis 90 Prozent, je nach Linie. "Derzeit sind wir aber bei unter 80 Prozent", kritisiert Kunz. Durch solche Verspätungen würden Hupac Mehrkosten von mehreren 100.000 Euro pro Jahr entstehen. Aber Hupac versucht auch, durch neue Maßnahmen mehr Kunden auf die Schiene zu locken. Ein neues Projekt ist das Angebot sogenannter Company-Trains. Das sind Züge, die von einer Spedition komplett gebucht werden und bei der diese Spedition auch das Auslastungsrisiko übernimmt. Der Nachteil: Neben einem pro Einheit geringeren Preis steht es dem Kunden auch frei, ob er andere Serviceleistungen wie Anmietung von Waggons oder Abschluss von Versicherungen selbst übernimmt oder dies dem Operateur überlässt. In der zweiten Jahreshälfte 2014 soll das von den Netzwerkangeboten getrennte Geschäftsfeld den Dienst aufnehmen. Bereits 2015 hofft Kunz, erste Abschlüsse unter Dach und Fach zu haben. Zudem investiert Hupac verstärkt in den russischen Markt. So wurde der Prototyp eines 60-Fuss-Containertragwagens für die russische Breitspur entwickelt. Bis Mitte des Jahres sollen 100 dieser Wagen ausgeliefert sein. "Damit können wir dann auch innerhalb Russlands KV-Transporte anbieten", sagt Kunz. Zwar will er nicht ausschließen, dass die Russland-Krise zu einem geringeren Transportbedarf führt. Aber langfristig gesehen sieht er in Russland einen Wachstumsmarkt. Sollte es kurzfristig zu Einbußen kommen, müssten die Kapazitäten entsprechend angepasst werden. Und da Hupac von und nach Russland bislang erst "einige 1000 Einheiten" transportiert, seien Einbußen auf dieser Route auch nicht so gravierend. Alpentransit über die Schweiz Der KV hängt den LKW ab Im Alpentransit über die Schweiz hat der Kombinierte Verkehr (KV) im Vergleich zum LKW Marktanteile gewonnen. Das geht aus den Zahlen des Bundesamtes für Verkehr (BAV) in der Schweiz hervor. Danach ist die Zahl der schweren Güterfahrzeuge (über 3,5 Tonnen), die die Schweiz durchfahren, von 1,21 Millionen 2012 auf 1,14 Millionen 2013 gesunken (-5,4 Prozent). Beim Aufkommen betrug der Rückgang 5,7 Prozent. Demgegenüber ist das Aufkommen im KV 2013 um 7,0 Prozent gestiegen. Die Schweiz hat sich zum Ziel gesetzt, die LKW-Sendungen nach Eröffnung des Gotthard-Basistunnels 2018 auf 650.000 zu reduzieren. Ein Ziel, das kaum noch erreichbar ist. Daher mehren sich Stimmen, die allenfalls die Verlagerung des Wachstums als realistisch ansehen. cd

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