Containerchassis im VR-Test: Technische Highlights und Marktübersicht

Auch hinsichtlich explodierender Energiekosten sind Transportunternehmen im Containerbereich jetzt noch wählerischer, wenn ein dringend nötiger Fahrzeugtausch ansteht. Das Angebot wächst, so was wie Spreu und Weizen gibt es nicht, viele andere Unterschiede schon. Trotz des Brot-und-Butter-Renommees hat sich das Containerchassis schnell weiterentwickelt, nach den Anfängen in den Sechzigerjahren und den vielen Unwägbarkeiten der Siebziger in den Häfen, wo Defekte an den ersten Fahrgestellen für 20- und 40-Fuß-Stahlbehälter stets an der Tagesordnung waren. Den entscheidenden Vorstoß zum "vernünftigen" Fahrzeug leiteten dann die Niederländer ein, denn dort wollten selbstfahrende Transporteure keine rollenden, unfallträchtigen Dauerbaustellen, sondern durchdachte Trailer, die ordentlich bremsen konnten. Mit frischen Ideen konnten sie der unterschiedlichen ISO- oder HC-Container in den verschiedenen Größen Herr werden. 2025 ist Jubiläumsjahr Was die hier getestete Spezies des MFCC-Containerchassis angeht, so sollte nicht unerwähnt bleiben, dass die Erfindung eines clever verstellbaren Chassis mittlerweile genau 40 Jahre her ist: 1985 erfand der niederländische Hersteller Broshuis das "multifunktionale Containerchassis". Die Gänsefüßchen sind deshalb wichtig, weil aus rechtlichen oder rein technischen Gründen auch ein so betiteltes Chassis nicht mehr jeden Container befördern kann. Wenn auch die geniale Idee, den Zentral-Kastenrahmen mit einem Ausschub vor und einem hinter dem Achsaggregat auszustatten, doch nicht alle Probleme der Transporteure beseitigen konnte, so sind diese Spezies aktuell immer noch am gefragtesten: Die ISO-Überseeboxen in den Fuß-Konfigurationen 20, 30, 40, sogar 2x 20 und seit vielen Jahren mit Sondergenehmigung auch 45 dürfen damit auf die Straße und über übliche Kreisverkehre, wenn der Radstand des Chassis sich innerhalb legaler Grenzen bewegt. "Rund 80 Prozent aller Spediteure kommen damit klar", weiß Konstantin Majer, der nun Gebietsverkaufsleiter des polnischen Chassisherstellers Wielton ist und ehemals in der Konstruktion tätig war. Trailer mit Mittenheckausschub, die etwa beim Transport von 20-Fuß-Boxen für deutlich mehr Sattellast sorgen können, benötigen leider sogenannte Überfahrrampen zur Be- und Entladung. Wer also mit dem kleinsten üblichen Container direkt an die Rampe will, muss ihn am Chassisheck transportieren und sich was einfallen lassen - doch dazu später mehr. Unterstützung von Profis Unser Test soll jenen Fahrern wie auch Spediteuren als Informationsquelle dienen, die sich bewusst für diese Standardfahrzeuge und gegen die deutlich aufwendigeren und teureren Chassis mit drei Auszügen entschieden haben. Ein geeigneter Partner mit entsprechendem Gelände und passender Technik fand sich in Augsburg: Mit 40.000 Quadratmetern hat der Containerlogistiker Kloiber am GVZ genügend große Flächen fürs Fahren, Laden und Fotografieren. Das Team unterstützte uns mit dem nötigen Know-how, last, not least mit einer ordentlich ausgestatteten Werkstatt. Die Logistik beinhaltete auch den notwendigen Reachstacker samt kompetentem Fahrer, der die angelieferten Chassis für Gewichtsmessungen und sonstiges In-Augenschein-Nehmen beladen konnte. Bedingungen und Vorgaben Um eine praxisgerechte Vergleichbarkeit zu erreichen, war auch bei diesem Trailer-Test die Ausschreibung umfangreich: Die Dreiachs-Fahrzeuge sollten 20 Fuß heckbündig, 2x-20-Fuß-, 1x-30-, 1x-40- und 1x-5-Fuß-Container fahren können. Sie sollten Scheibenbremsen, 385/22,5-Bereifung sowie Standardsattelhöhen, leichte Felgen und 9-Tonnen-Achsen vorweisen. Nach Rücksprache mit den Containerlogistikprofis wurde ein 20-Fuß-Testcontainer mit 13,4 Tonnen Schüttgut bereitgestellt, ein weiterer wartete mit 15 Tonnen Ladung auf die Greifzangen und Twistlocks der Testkandidaten. Für Gewichtsmessungen und Fahreindrücke übernahm VR-Redakteur Jan Burgdorf den redaktionseigenen Volvo FH, die Fahrt endete nach etwa drei Kilometern inklusive Kreisverkehr auf der Waage des Kieswerks Thaler in Neusäß, die Daten wurden notiert. Danach wurde abgesattelt, umgeladen und das leere Chassis per Rangierzugmaschine in die Werkstatt verbracht, wo zunächst vorgeführt, dann ausprobiert und gemessen wurde. Was direkt ins Auge stach Die hochgelegten Leitungsanschlüsse am vorderen Ausschub, wie sie der Port 45 von Kögel zeigt, machen für Spediteure Sinn, da hier zusätzliche Sicherheit buchstäblich dranhängt. "Wir schreiben dies für unsere Chassis vor, um hier Schlauchabrissen vorzubeugen, die sonst in Kurven unter Umständen schon mal möglich waren", erklärt Fuhrparkleiter Simon Schnellinger von Kloiber. Rund 300 verschiedene Containerfahrgestelle sind dort vorhanden, neue kommen nur hinzu, wenn tatsächlich Bedarf besteht oder aber wirtschaftlich nicht mehr tragbare Altfahrzeuge verkauft oder ausgemustert werden. "Das ist je nachdem nach 15, manchmal erst nach 20 Jahren der Fall. Die Chassis halten oft so lange." Was auch Henrik Voth, Produktmanager Intermodal beim Altenberger Hersteller Schmitz Cargobull, beim Ortstermin mit Nachdruck bestätigen kann - zumindest was die Kundenfahrzeuge seines Arbeitgebers angeht. Nutzlast und weit mehr Weit über eine Tonne Gewichtsunterschied trennt den aktuellen S.CF Allround 20-45 vom niederländischen D-Tec Portmaster PM-3-S. Kein Problem für Voth, der frisch überarbeitete S.CF stand bereits auf der letzten IAA. "Unsere Kunden sind, wie wir bereits aus unserer Umfrage 2022 erfahren haben, weniger am Leichtbau als vielmehr an der Nutzungsdauer und Robustheit interessiert." Anders eben als die Philosophie von D-Tec. In Kesteren läuft die Portmaster-Serie bereits seit 2011 erfolgreich. Als Alleinstellungsmerkmal zählen dort aber nicht nur geringes Eigengewicht und wenig Wartungskosten, sondern auch Anwendungsfreundlichkeit, eine gute Schweißqualität und Materialauswahl. Keine Pneumatik, sondern ein ehrliches Gewinde betätigt den gut übersetzten Heckausschub, die Schwenkmechanik arbeitet mit integrierter Verriegelung. Technisch aufwendigere Lösungen können aber genauso sicher und schnell sein, wie das neue Schmitz-Fahrzeug zeigt: Dort hilft am druckunterstützten Heck jetzt ein Luftdrosselventil, den rollengelagerten Heckträger gedämpft und sicher ein- und auszufahren. Diversifikation im Detail Es sind wie immer völlig verschiedene Verbesserungsansätze, mit denen jeder Hersteller bei den Kunden "punkten" möchte, um sich als Problemlöser zu präsentieren. Schließlich gaben auch Kundenwünsche bei Krone den Ausschlag, warum die Emsländer mit Konstrukteur Ulrich Josefowitsch ihre Idee für mehr Sattellast und Klapprampentauglichkeit angegangen sind, das Ergebnis wurde im letzten Jahr rechtzeitig zur Hannover-Messe abermals überarbeitet. Die Optimierung, so Josefowitsch, hat nicht nur technische Vorteile, sondern auch rechtliche Hintergründe: Schon fünf Prozent Achslastüberschreitung bringen Fahrer und Fuhrparkleiter Punkte und Geldstrafen. Das neue Traktionsheck am Fahrzeug soll dies unterbinden. Vieleck-Rückgrat Ganz andere Hintergründe hat bei Kässbohrer die Ablösung der bisherigen Fahrzeugpalette durch die Neulinge mit Achteck-Zentralrohr: Klemmt der Auszug, spricht zunächst vieles dafür, dass vielleicht der Fahrer leer mit Auszug unterwegs war. Die Million Testkilometer sollen mit dem Oktagon-Chassis gefahren worden sein. Mehrere Hundert Stunden Test für Lastverteilung hat das neue Fahrgestell außerdem absolviert. Denn damit soll laut Hersteller auch der Intermodaltransport profitieren. Gepaart hat Kässbohrer allerdings den stabilen Heckauszug mit einer passenden Kurbel. Gesichert wird das Ganze wiederum per pneumatischer Drehabschaltung. Kaum echte Defizite Jede der hier gezeigten Lösungen hat ihre Berechtigung. Kleine Defizite finden sich oft nicht sofort, sondern erst auf den dritten Blick oder den dritten Handgriff, an-gefangen bei einer eher schlechten Einsehbarkeit des Ausschubes wegen entfernter Smartboardanordnung, Einklemmneigung der Luftleitungen beim 45-Fuß-Containertransport oder nur lose mitgelieferten Verriegelungsadaptern: Letztendlich muss der Fahrer das Chassis kennen, darf die ihm zur Verfügung stehenden Schutzeinrichtungen oder Fenster für Rastpunkte nicht ignorieren. Piktogramme und Aufkleber an den neuen Chassis sollten vorhanden sein, klar lesbar und gut sichtbar angebracht. Schmitz geht mit der Fahrer-Unterstützung noch einen Schritt weiter: Wer partout als Fahrer auf Nummer sicher gehen will, kann die am Fahrgestell angebrachten QR-Codes scannen und sich die Bedienung von Front- oder Heckausschub, die Containerverriegelung, ja sogar den Unterfahrschutz sowie den Rammschutz erklären lassen. D-Tec Leichtgewicht der Niederlande Der Portmaster besitzt am "Flexilock"-Frontausschub Fallsicherungen, mit denen der Kopfträger verriegelt wird. Ein Verschieben, so demonstriert Boudewijn van Beek, benötigt wenig Kraftaufwand, die Klemmungen der Hakenvorrichtungen sind verständlich bedienbar. EBS und Reifendruck-kontrolle stammen von Knorr, das Smartboard sitzt links vor der Liftachse. Deren Bedienung als Traktionshilfe ist per Piktogramm gut sichtbar. Die Wartungspunkte sind gut zugänglich, die Anleitung dazu am Rahmen erkennbar. Dem Fahrer helfen hervorgehobene Sichtfenster mit Hinweisen zu Längen und Containergrößen. + Zweitleichtestes Chassis im Test, einfache Bedienung durch mechanische Kurbel vorn wie hinten - Fehlende Bodensupports für 2x 20, Fahrgestellgarantie nur zwei Jahre Kässbohrer Andere Geometrien, mehr Zuverlässigkeit Zu viert präsentiert die Delegation des Traditionsherstellers Kässbohrer aus Achstetten in Oberschwaben das neueste Produkt: Viele aktive wie passive Sicherheitsfeatures hat der K.SHG AVH zu bieten, darunter eine hörbare Verriegelung am massiv gefertigten Frontausschub. Mit den Fahrgestellen der Octagon-on-Generation, so die Techniker des in der Türkei robotergeschweißten Dreiachsers, soll die Lastverteilung optimiert, aber in erster Linie das Thema torsionsbedingte Betriebsstörungen vom Tisch sein. Der K.SHG AVH ist für den sicheren Transport von Containern mit einer Länge von 20 Fuß bis zu 45 Fuß ausgelegt. Wer allerdings 2x 20 Fuß transportieren will, muss die Twistlock-Adapter manuell aufsetzen und justieren. Die Wabco-Konsole ist klein, aber mit einem Druckmanometer bestückt. Der Heckausschub arbeitet mit einem Parallelstangensystem, das gut ausgerichtet leichtgängig per Kurbel aus- und einfährt. + Einfacher, mechanischer Heckausschub, gute Kurbelsicherung am Kotflügel, pneumatische Verriegelung - Ungleichmäßige Schweißnähte, zu wenig Piktogramme und Hinweise an der Arbeitskonsole Kögel Einfach mit dem Burtenbacher "Alle anderen Hersteller haben zwei Querträger vorne, wir haben die Ausschubbedienung hinten und verzichten auf einen Querträger", erklärt Kögel-Entwickler Michael Müller. Ein 1950-Millimeter-Pneumatikzylinder schiebt das bis zu 5800 Kilogramm belastbare Heck über Gleitplatten, vorne geht das mechanisch. Der Multistop, kurz MCS, ist vorne eines der Fahrzeughighlights, hier funktioniert die Sicherung des Containers über Formschluss, bei ISO-Behältern über einen Zusatzzapfen. + Bedienfreundliche Frontverriegelung, selbstregelnder Ausschub hinten, drei Luftkessel - Weit getrennte Bedienfelder für Ausschub, Liftachse und Bremse Krone Emsländer Einfälle mit Pfiff Gerade für den Intermodalverkehr, so die Vertreter des Emsländer Herstellers Krone, sei ihr eLTU 45 prädestiniert. Sie verweisen dabei auf den kurzen Radstand, aber auch auf den Bedienkomfort und die Sicherheit: etwa die Ausschubsperre im Stand oder die eindeutige Verriegelungs-Positionierung durch grünen Haken oder rotes Kreuz. Brandneu ist der lange Pneumatikzylinder am Heck, ebenso wurde der Luftkessel in der aktuellen Generation höhergesetzt. Auch an alten Klapprampen soll das kurze Heck helfen. + Traktionsheck, dank Delta-Profil und Heckgestaltung tauglich auch für alte Klapprampen, kurzer Radstand für bessere Lastverteilung - Alle Anbauteile nur verzinkt Schmitz Cargobull Grauer Elefant mit Tragkraft Beim Altenberger Hersteller Schmitz Cargobull sind nicht nur Namen neu, sondern viele Details wohlüberlegt überarbeitet worden: Gut gefallen haben unseren Testern zum Beispiel die Bügelsicherungen an den Schneider-Twistlocks, ebenso die vorderen massiven Klinken nebst Splint-Fallsicherung mit Klapphaltern am Frontausschub. Piktogramme und QR-Codes für Lernvideos an den wichtigen Stellen sind außerdem gute Back-ups für das Fahrpersonal. + Sehr solide Konstruktion, feuerverzinkt, bei Nichtgebrauch versenkbare Twistlocks im Rahmen, vier klappbare Bodenunterlagen für 2x 20, bedienfreundliche Anordnung, Piktogramme und via QR-Code selbsterklärende Video-Visualisierung - Viel Gewicht und Materialstärke limitieren Nutzlast, Kraftaufwand bei Justierarbeiten Wielton Deutlich mehr als nur Basic Auch der polnische Hersteller mit dem "wartungsarmen" Kamel im Logo will nicht nur mit Gardinenaufliegern neue Kunden gewinnen: Der Testauflieger erlaubt zwei Königszapfen-Stellungen. Sein forsch ausfahrender Rechteck-Heckausschub arbeitet mit PFTE-Platten und -Rollen, das mechanische Pendant vorne mit PA-Schienen. Die flach und vorn am Rahmenträger angebrachten Ausschub- und Lufthebel behindern die Sicht nach hinten. Der neue Stahlpuffer am Heck ist stabil, die Kabel sind teils offen im Rahmen verlegt. + Sehr schneller pneumatischer Heckausschub, Entladung bei 2x 20 Fuß an der Fahrzeugfrontseite - Arretierung und Verstellung der vorderen Verriegelungssysteme etwas schwergängig Testfazit Neben dem leider abgenutzten Spruch "Es kommt auf die Anwendung an" gilt: Disziplinschwächen ja, die gibt es, aber unsichere Fahrzeuge ohne Marktchancen existieren nicht mehr. Unter dem Test-Sextett jedenfalls nicht, jedes Fahrzeug hat eine funktionelle Anfahrhilfe beziehungsweise einen Achslift, geschützte Beleuchtungselemente, Smartboard, RDKS und EBS. Wenn überhaupt, dann besteht nur bei der Sattellast für den grenzüberschreitenden Verkehr Handlungsbedarf. Die Tabelle mit den Vergleichsdaten finden Sie hier.