In rund einem Drittel der Fahrzeuge und Kühlanhänger war die Temperatur zu hoch. Das haben Kontrollen von 1450 Transportfahrzeugen gezeigt, die das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit in 2013 durchgeführt hat. Arbeiten die Kühltransporteure zu schlampig?
Hubertus Kobernuss: Natürlich nicht! Unsere Kühltransporteure bringen eine gute Leistung. Unser Verband hat allerdings bislang von dem Bundesamt keine Details zu den Kontrollen genannt bekommen. Wir weisen aber darauf hin, dass Unterschiede zwischen der Kern- und Oberflächentemperatur bestehen, wenn bei offenen Fahrzeugtüren und sommerlichen Außentemperaturen gemessen wird. Außerdem vermuten wir, dass bei den besagten Kontrollen der Anteil an Sprinter-Fahrzeugen aus dem Gastronomiegewerbe sehr groß war.
Unbestritten ist laut der Bundesbehörde allerdings, dass 13 Prozent der kontrollierten Fahrer nicht einmal die vorgeschriebene Kühltemperatur gekannt haben.
In diesem konkreten Fall, vermute ich, haben alle Beteiligten in der Lieferkette nicht richtig gearbeitet. Eigentlich müsste jeder Auftraggeber die Soll-Temperatur der zu befördernden Waren auf den Lieferpapieren angeben und ein Transporteur diese Informationen an seinen Fahrer weitergeben. Zusätzlich gibt es eine öffentlich zugängliche Liste, auf der alle Produkte sowie ihre vorgeschriebene Transporttemperatur festgehalten sind. Und diese Liste wird eigentlich bei jeder Fahrerschulung jedem Fahrer ausgehändigt. Warum die Fahrer also letztlich nicht die notwendige Kühltemperatur ihrer Ware kannten, weiß ich nicht. Manchmal antwortet auch ein Fahrer mit „weiß ich nicht“, weil er keine Lust auf die Fahrzeugkontrolle hat.
Was fordern Sie also vor diesem Hintergrund von allen Beteiligten, um solche löchrige Kühlketten künftig zu vermeiden?
Von einer „löchrigen“ Kühlkette zu sprechen, halte ich für übertrieben. Grundsätzlich sehe ich kein Problem in der Kühlkette, wobei es natürlich vereinzelt Fälle gibt, in denen die Temperaturführung nicht immer gewährleistet ist, etwa beim Verladen der Ware in den LKW, weil diese gerade frisch aus der Produktion kommt, oder an der Laderampe des Empfängers. Das sind Probleme, die immer wieder zwischen Herstellern, Lagerhaltern, Spediteuren und Empfängern diskutiert werden. Keiner würde aber wissentlich Produkte verladen oder befördern, die nicht für den menschlichen Verzehr geeignet sind. Dafür sind die Folgen bei einem Verstoß gegen das Produkthaftungsgesetz zu groß. Das kann einer Firma existenziell das Genick brechen.
Wie hilfreich wären denn gesetzliche Standards für den Transport verderblicher Lebensmittel, etwa nach dem Vorbild der neuen EU-Leitlinie (GDP) in der Pharmabranche?
Den Ruf nach dem Gesetzgeber halte ich an dieser Stelle für falsch. Es gibt zwar in der Tat hier keine gesetzlichen Vorschriften. Aber nach dem HACCP-Konzept verpflichtet sich ja heute schon jeder Unternehmer in der Lebensmittelbranche freiwillig dazu, etwaige Gefahrenquellen, etwa beim Transport von Lebensmitteln, vorab zu analysieren und auszuschließen. Das wird auch entsprechend kontrolliert und mit Bußgeldern belegt. Der Verband Transfrigoroute hat mit dem Bundesverband für Güterkraftverkehr, Logistik und Entsorgung (BGL) im Übrigen schon vor Jahren eine entsprechende Leitlinie veröffentlicht, die wir Lebensmittel-Transporteuren an die Hand geben. Wenn ein Unternehmer diese einhält, ist er auf der sicheren Seite.
Das Interview führte VR-Redakteurin Eva Hassa
Hintergrund:
1450 LKW, Marktwagen und Kühlanhänger hatte das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit im vergangenen Jahr kontrolliert. Ergebnis: In rund einem Drittel der kontrollierten Fahrzeuge und Anhänger seien die Temperaturen zu hoch gewesen, schreibt die Bundesbehörde. 13 Prozent der Fahrer seien nicht einmal die vorgeschriebenen Temperaturen, die sie einhalten müssen, bekannt gewesen. (eh)