Berlin. Nach der schwersten Krise des Luftverkehrs seit dem Zweiten Weltkrieg sieht sich der Flugzeugbau in Deutschland auf Erholungskurs. „Die Talsohle ist jetzt durchschritten“, sagte Michael Schöllhorn, der Präsident des Bundesverbands der Deutschen Luft- und Raumfahrtindustrie der Deutschen Presse-Agentur. „Wir fangen wieder an, die Produktion zu steigern, wieder Menschen einzustellen.“
Die Branche hatte 2020 zehn Milliarden Euro an Umsatz eingebüßt und ihre Beschäftigtenzahl um gut 8000 auf 73.000 gesenkt. 2021 sei zwar auch noch ein schwieriges Jahr, sagte Schöllhorn. Erst an diesem Wochenende bekam die Luftfahrtbranche wieder die Auswirkungen der jüngsten Entwicklungen in der Corona-Pandemie zu spüren: Aus Sorge vor einer neuen Coronavirus-Variante schränkten Deutschland und andere Staaten den Flugverkehr aus Südafrika ein. Die Unternehmen der Branche hatten sich laut Schöllhorn in der Krise aber generell resilienter gezeigt als gedacht.
„Wir hatten immer ein gutes Auftragspolster. Die Airlines haben fast nichts storniert, sondern verschoben.“ 2021 werde Umsatz auf dem Niveau von 2020 liegen oder etwas darüber. „Bis wir den Stand des Vor-Krisen-Niveaus haben, wird es bis mindestens Ende 2023 dauern.“
Lob für den Koalitionsvertrag
Im Koalitionsvertrag von SPD, Grünen und FDP sieht die Branche viel Gutes für sich. „Wir werden als Schlüsselbranche bezeichnet, es gibt konkrete Aussagen zur Förderung von Technologien, was die Dekarbonisierung angeht bis hin zu geplanten Demonstratorprogrammen.“ Zudem gebe es klare Aussagen, die Raumfahrt und die Rolle der Bundeswehr zu stärken, sagte Schöllhorn, der bei Airbus die Vereidigungs- und Raumfahrtsparte leitet.
Schöllhorn forderte, die Produktion nachhaltiger Flugzeugkraftstoffe schneller auszubauen. Diese werden ohne Erdöl etwa aus Pflanzen oder Abfällen gewonnen. „Wir könnten aufgrund der Triebwerkstechnologie sofort auf 50 Prozent Sustainable Aviation Fuels hochgehen.“ Damit die Energiewirtschaft die Produktion hochfahre, seien Förderung und Anreize erforderlich.
Zudem müsse die Frage beantwortet werden, woher künftig die großen Mengen an Strom für das Fliegen mit Hilfe von Wasserstoff kommen können. „Es ist der richtige Schritt, den Kohleausstieg vorzuziehen. Aber was stattdessen? Wenn wir dann den Atomstrom aus Frankreich oder Tschechien importieren, ist das auch keine runde Antwort.“ (dpa/sn)