Berlin. Zum Jahresauftakt hat sich die Konjunkturschwäche in der deutschen Logistikwirtschaft ausgeweitet. Der heute vorgelegte BVL/DIW Logistikindikator fällt drastisch um knapp ein Drittel und steht mit einem Klimawert von 75,5 Punkten deutlich auf Abschwung. Eine konjunkturelle Normalsituation entspräche einem Wert von 100. Der Indikator gab gegenüber dem Vorquartal 34 Punkte ab. „Dieser Rückgang um 31 Prozent ist der bislang kräftigste seit Beginn der Befragung", sagte DIW-Konjunkturexperte Stefan Kooths. „Das Klima in der Logistikwirtschaft ist regelrecht abgestürzt: Vor allem die Lage wird jetzt mit minus 42 Prozent deutlich schlechter beurteilt als noch im Vorquartal." „Im ersten Quartal 2009 hat die Rezession der gesamten Wirtschaft auch die Logistik in Industrie und Handel, vor allem aber die Logistikdienstleister, fest im Griff“, urteilte Raimund Klinkner, Vorsitzender des Vorstands der Bundesvereinigung Logistik (BVL). „Die Krise ist global und hat historische Ausmaße.“ Die Logistikdienstleister - also die Anbieter - schätzen ihre Lage sogar um fast 65 Prozent schlechter ein als im Vorquartal. Die Auftrags- und Geschäftsentwicklung in den nächsten zwölf Monaten wird zwar weniger pessimistisch gesehen, die Unternehmen planen aber keine Neueinstellungen mehr wie im letzten Quartal und wollen Kapazitäten abbauen. Demgegenüber haben sich die Erwartungen stabilisiert. Dies könnte das Ende des Abwärtstrends signalisieren. Doch Stefan Kooths ist sich sicher: „Die Befragten glauben nicht mehr an eine rasch überwindbare Delle, sondern stellen sich bis ins nächste Jahr hinein auf ein geringeres Aktivitätsniveau ein". Der kräftige Rückgang des Teilindikators für die Logistikdienstleister ist fast ausschließlich auf eine deutlich schlechtere Lagebeurteilung zurückzuführen (Rückgang um 64,7 Prozent auf 39,8 Punkte). Demgegenüber haben sich die Erwartungen stabilisiert (Rückgang um 3,2 Prozent auf 73,8 Punkte), was den Beginn einer Bodenbildung signalisieren könnte. Zum kräftigen Einbruch der Lagebeurteilung haben laut Deutschem Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) alle Teilkomponenten in ähnlichem Maße beigetragen. Die Auftrags- und Geschäftsentwicklung in den nächsten zwölf Monaten wird ausgehend von einem deutlich verschlechterten Ausgangsniveau weniger pessimistisch eingeschätzt als im Vorquartal, allerdings weisen die erstmals negativen Beschäftigungsplanungen und die deutlicher ausgeprägten Kapazitätsabbaupläne klar darauf hin, dass die Befragten bis ins nächste Jahr hinein ihre Planungen zurückfahren. Das Logistikklima in Industrie und Handel hat zwar gegenüber dem Vorquartal ebenfalls deutlich um 24,3 Prozent nachgegeben, es liegt aber immer noch in der Nähe einer konjunkturellen Normalsituation. Die laufende Lageeinschätzung zeigt sich mit einem Indexstand von 103 Punkten immer noch sehr robust. Offenbar wurden bislang nur Überkapazitäten abgebaut und ausgelagerte Logistik verstärkt in das eigene Unternehmen zurückgeholt. Während die inländischen Aktivitäten zurückgehen dürften, zeichnet sich für die grenzüberschreitenden Leistungen nach der zurückliegenden kräftigen Expansion eine Stagnation ab. Industrie- und Handelsunternehmen reagieren hierauf – ähnlich wie die Anbieterseite – mit einer Kapazitätsanpassung. „Je rasanter die Talfahrt, desto größer wird der Handlungsdruck für alle", sagte Raimund Klinkner. Erstmals signalisieren die befragten Unternehmen die Absicht Personal abzubauen und ihre Logistikkapazitäten zu reduzieren. Die Finanzkrise hat die Kapitalbeschaffung der Unternehmen bislang mehrheitlich nicht negativ beeinflusst. Dies geht aus der einer Sondererhebung hervor. Demnach sehen 60 Prozent der befragten Anbieter und knapp 70 Prozent der Anwender keine negativen Auswirkungen. „Bislang gibt es keine Kreditklemme bei der Unternehmensfinanzierung in Deutschland. Unsere Umfrage deutet darauf hin, dass dies auch für den Großteil der Logistikunternehmen gilt", sagte Stefan Kooths. (sb)
Logistikindikator: Einbruch der Logistikkonjunktur
Sowohl Logistikdienstleister als auch Verlader blicken mit Sorgenmiene in die Zukunft: Unternehmen stellen sich auf Entlassungen ein