Worum ging es in dem Maut-Streit der Bundesregierung?
Hintergrund war, dass sich Grüne, SPD und FDP beim Umfang der Novelle uneins waren. Das FDP-geführte Verkehrsministerium und die SPD wollten vor allem aus praktischen Gründen die im Koalitionsvertrag vereinbarte Ausweitung des mautpflichtigen Fahrzeugkreises und die CO2-Bemautung auf später verschieben (Mehr Infos dazu siehe nächste Frage). Grund war, dass Toll Collect nicht nur ein Teil der CO2-Daten für die Lkw fehlte, sondern auch die nötigen Bordgeräte (OBU) nicht schnell genug geliefert werden konnten. Daher sollten nach ihren Vorstellungen zum 1. Januar 2023 nur die Infrastruktur-Mautsätze entsprechend dem neuen Wegekostengutachten angepasst und die Lärmkosten erhöht werden.
Der Grünen-Verkehrsexperte Stefan Gelbhaar erinnerte hingegen an die Formulierung im Koalitionsvertrag: „Wir werden 2023 eine CO2-Differenzierung der Lkw-Maut vornehmen, den gewerblichen Güterkraftverkehr ab 3,5 Tonnen einbeziehen und einen CO2-Zuschlag einführen, unter der Bedingung, eine Doppelbelastung durch den CO2-Preis auszuschließen.“ Sein Parteikollege Matthias Gastel hatte zudem gesagt, für die Grünen sei wichtig, dass die Gelder aus der Lkw-Maut nicht ausschließlich in den Straßenneubau gehen. Für den Schienenverkehr und die Wasserstraßen fehle immer noch Geld.
Wie geht es jetzt konkret weiter?
Nach langer Diskussion hat sich die Ampel-Koalition im Streit um die Lkw-Maut letztlich geeinigt. Der Weg für das Mautänderungsgesetz ist frei, teilten die Koalitionsfraktionen am 10. November mit. Konkret heißt das: Zunächst kommt Anfang 2023 die Lkw-Mauterhöhung. Zudem haben sich die Fraktionen darauf verständigt, dass eine Mautreform zum 1. Januar 2024 kommt. Dazu sollen dann die Ausdehnung der Lkw-Maut auf Fahrzeuge ab 3,5 Tonnen und eine CO2-Differenzierung der Maut gehören. Bislang gilt die Lkw-Maut ab 7,5 Tonnen. Im Zuge dieser Reform sollen dann auch - wie im Koalitionsvertrag vereinbart - die Mehreinnahmen künftig verkehrsträgerübergreifend für Mobilität verwendet werden. Das Prinzip „Straße finanziert Straße“ soll also aufgebrochen werden. Der Bundestag hat am 24. November diesen Plänen zugestimmt.
Wie fallen die Reaktionen auf diese Entscheidung der Bundesregierung aus?
Kritik an der Anpassung der Mautsätze kam unter anderem von der Opposition. So sprach die CSU-Abgeordnete Martina Englhardt-Kopf von einem falschen Zeichen. In einem Antrag sprach sich die Unionsfraktion angesichts der gestiegenen Energiepreise gegen eine zusätzliche Belastung der Transport- und Logistikbranche durch eine Erhöhung der Lkw-Maut aus.
Martin Kammer, Chef des Landesverbands Thüringen des Verkehrsgewerbes (LTV), übte ebenfalls deutliche Kritik. Das aktuelle Vorgehen bei diesem Thema zeige „nach Monaten der Untätigkeit ein überstürztes Handeln der Bundesregierung ohne Rücksicht auf die Unternehmen.“ Und weiter: „Wenn jetzt Änderungen zum Jahreswechsel kommen sollen, dann bleiben durch die Weihnachtsfeiertage nur wenige Wochen bis zur Umsetzung. Unternehmer brauchen aber Verlässlichkeit und Planungsspielraum, das ist bei solch kurzfristigen Änderungen nicht gegeben.“
Peter Westenberger, Sprecher des Netzwerks Europäischer Eisenbahnen - einem Zusammenschluss von Wettbewerbern der Deutschen Bahn - sagte, die Ampel setze erneut die Verkehrspolitik der Vorgängerregierung fort. Obwohl die EU seit Beginn des Jahres ausdrücklich erlaube, die Einnahmen aus den Umweltkostenanteilen der Maut auch für umweltfreundlichere Verkehrsmittel auszugeben, sollten mit den Zusatzeinnahmen weiterhin nur neue Straßen gebaut bauen und Lkw gefördert werden. (cd/sn/roe/dpa)
Anmerkung: Teile dieses Artikels hat die VerkehrsRundschau bereits am 3. Juni 2022 in der VR-Ausgabe 11 veröffentlicht.