Licht und Schatten

Das Bundeskabinett hat am 2. September den Entwurf für das Jahressteuergesetz 2020 (JStG 2020) beschlossen. "Damit bringt die Bundesregierung", heißt es, "wichtige steuerliche Verbesserungen auf den Weg für die zielgenaue Förderung kleinerer und mittlerer Unternehmen, die Kurzarbeit und verbilligte Wohnraumvermietung". Zudem plane sie Maßnahmen für mehr Digitalisierung und zur Bekämpfung von Steuergestaltungen. Neuerung bei Investitionsabzugsbetrag 215 Seiten umfasst der vorliegende Gesetzesentwurf. Wie jedes Jahr ist das Ganze, vereinfacht formuliert, ein bunter Mix von Präzisierungen und Anpassungen des Steuerrechts in den unterschiedlichsten Bereichen, die sich zum Beispiel aufgrund von EU-Recht, EuGH- und BFH-Rechtsprechung ergeben haben. Neu sind in diesem Jahr gleichwohl Anpassungen im Steuerrecht, die der Corona-Krise geschuldet sind und Unternehmen in dieser schwierigen Phase unterstützen sollen. Noch ist das Gesetz aber nicht verabschiedet, bis Jahresende dürfte es zu fallweisen Anpassungen kommen. Grundlegende Neuerungen gibt es beim Investitions-Abzugsbetrag (IAB), der wird stärker flexibilisiert. Darauf verweist Martin Clemens, Referatsleiter Steuern und Finanzen der IHK München und Oberbayern (siehe Seite 35). "Es fallen nun deutlich mehr Investitionen in den Anwendungsbereich von Paragraf 7g Einkommensteuergesetz EStG, die bisher davon ausgeschlossen waren", erklärt Clemens. Außerdem wird laut dem IHK-Steuerexperten die mögliche Ansparung (IAB) für zukünftige Investitionen von 40 Prozent auf 50 Prozent angehoben. "Diese Neuerungen stärken die Liquidität für kleine und mittlere Unternehmen", betont Clemens. "Und das hilft ihnen, leichter Eigenkapital zu bilden." Aus Sicht der IHK wäre es aber gut, wenn die abzugsfähigen Kosten für die Betriebe weiter erhöht würden, um zusätzliche Investitionen anzureizen. Gewinngrenzen angehoben Darüber hinaus sieht der Entwurf zum Jahressteuergesetz 2020 vor, die geltenden unterschiedlichen Betriebsgrößengrenzen abzuschaffen, die von diesen Neuerungen profitieren sollen. Künftig soll eine für alle Branchen und von der Einkunftsart unabhängige einheitliche Gewinngrenze in Höhe von 150.000 Euro gelten. Für Clemens sind das gute Nachrichten. "Der Referentenentwurf hatte da noch 125.000 Euro als Gewinngrenze vorgesehen. Sprich: Noch mehr Unternehmen können diese Neuerungen auch anwenden." Enttäuschend für Familienunternehmen: Der Gesetzgeber hat im Jahressteuergesetz-Entwurf 2020 coronabedingt den Artikel 27 im Erbschaftsteuerrecht nicht nachgebessert. "Eine Anpassung der Lohnsummenklausel, der Behaltensfristen und sogenannten 90-Prozent-Tests ist aus Sicht der Familienunternehmen wichtig", sagt Roland Franke, Leiter Steuer- und Finanzpolitik bei der Stiftung Familienunternehmen. Erbschaftssteuer-Nachzahlungen drohen Ob und in welcher Höhe Eigner und Anteilseigner von Familienbetrieben Erbschaftsteuer bezahlen müssen, hängt maßgeblich von der Höhe der Brutto-Lohnsumme der vererbten Firma ab. Da coronabedingt in diesem Jahr etliche Familienbetriebe Kurzarbeit für ihre Mitarbeiter anmelden mussten, sank dort entsprechend die Bruttolohnsumme. Mit der Folge, dass Eignern und Anteilseignern in diesen Firmen nun Erbschaftsteuer-Nachzahlungen drohen. Die Corona-Pandemie kann sich aber auch negativ auf die sogenannten Behaltensfristen auswirken. So können Eigner und Anteilseigner mit teilweiser oder vollständiger Verschonung des Betriebsvermögens von der Erbschaftsteuer rechnen, wenn sie die übereignete Firma oder den Firmenanteil binnen fünf beziehungsweise sieben Jahren nach Betriebsübergabe nicht veräußern. Problematisch wird es aber dann, wenn durch die Corona-Krise Firmen oder aber Teile einer Firma Insolvenz anmelden müssen. "Ein Insolvenzantrag wird steuerrechtlich als Veräußerung gesehen", erklärt Franke. "Sprich: Die Befreiung der Erbschaftsteuer entfällt, und es wird Erbschaftsteuer fällig." Wenn dies im aktuellen Entwurf des Jahressteuergesetzes 2020 noch berücksichtigt werden könnte, wäre dies laut Franke hilfreich für viele Familienbetriebe. Vorstellbar wäre zum Beispiel eine coronabedingte Aussetzung der Behaltensfrist. Auch das Thema "offene Forderungen aus Lieferungen und Leistungen" könnte Familienbetrieben Sorgen bereiten. Erbschaftsteuerrechtlich gelten diese als "junge Finanzmittel", erklärt Franke. Das heißt, die Erbschaftsteuer-Befreiung, die für die Erben eigentlich nach klar definierten Maßstäben galt, könnte durchaus kippen. Zumal etliche Unternehmen durch die Corona-Krise schon höhere Außenstände bei ihren Kunden beklagen. Auch das sollte der Gesetzgeber im Jahressteuergesetz 2020 im Blick haben. Kritik am vorliegenden Kabinettsentwurf kommt auch von Jens Pawlowski, Leiter der Berliner Repräsentanz des Bundesverbandes Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung (BGL): "Das Jahressteuergesetz 2020 geht zwar in die richtige Richtung", betont er, "bleibt aber weit hinter dem zurück, was angesichts der zum Teil bedrohlichen Lage für das mittelständische Transportgewerbe aufgrund der Corona-Pandemie notwendig wäre." Die Verlängerung der Steuerbefreiung für Arbeitgeberzuschüsse zum Kurzarbeitergeld sei zwar positiv zu bewerten, sagt er. Ein Problem sei aber, dass nur wenige Unternehmer sich das aktuell überhaupt leisten können, da sie ums Überleben kämpfen. Umso dringlicher seien Regelungen zur Unterstützung der Betriebe, die ihren Fuhrpark coronabedingt nicht auslasten können. "Neben staatlichen Hilfsmaßnahmen sind hier vor allem Maßnahmen zur vorübergehenden Aussetzung der Kfz-Steuer notwendig", mahnt Pawlowski. "Die Unternehmer müssen die Möglichkeit erhalten, Fahrzeuge schnell und unbürokratisch vorübergehend abzumelden, wenn diese nicht ausgelastet sind." Unbürokratisch heißt ohne Termin bei der Zulassungsstelle, der aufgrund der Überlastung der Behörden kaum zu erhalten sei. Zudem fehlen laut dem BGL-Mann in dem vorliegenden Gesetzesentwurf Verschonungsregelungen bei Betriebsübergängen, insbesondere wenn Familienbetriebe an die nächste Generation vererbt werden. Und auch aus Sicht der Transportbetriebe sei die Ausweitung des steuerlichen Verlustvortrags wünschenswert. Den Kabinettsentwurf, die Stellungsnahme zum Referentenentwurf sowie den Regierungsentwurf finden Sie auf der Website des Bundesfinanzministeriums. Klicken Sie dazu einfach >>hier. In Kürze Der Kabinettsentwurf des Jahressteuergesetzes 2020 ist da. Auf 215 Seiten werden die Vorschläge für steuerliche Änderungen, Anpassungen und Neuerungen vorgestellt und begründet. Wir haben mit Steuerrechtsexperten gesprochen und die relevanten Themen für KMU-Betriebe zusammengefasst. "Gesetzgeber sollte die Verlustberücksichtigung deutlich ausweiten" - Martin Clemens Referatsleiter Steuern und Finanzen, IHK München und Oberbayern Die Bundesregierung hat am 2. September 2020 den Kabinettsentwurf für das Jahressteuergesetz 2020 beschlossen. Dadurch stehen teilweise größere Änderungen verschiedener Steuergesetze an. Welche Neuerungen begrüßen Sie? Wir begrüßen, dass die Koalition mit ihrem Jahressteuergesetz 2020 die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme des Investitionsabzugsbetrags deutlich flexibler gestalten will. Das hilft Unternehmen gerade jetzt in der Coronakrise - Stichwort Aufbau von Eigenkapital und Liquidität. Wünschenswert wäre es, wenn der Gesetzgeber die Regeln zum Investitionsabzug auch auf digitale Wirtschaftsgüter, etwa auf den Kauf von Software-Produkten, erweitern würde. Solche Güter sind bislang regelmäßig nicht begünstigt. Das würde Firmen bei ihrer digitalen Transformation helfen. Was freut Sie besonders an dem aktuellen Kabinettsentwurf? Ursprünglich sah der Gesetzgeber im Referentenentwurf zum Jahressteuergesetz 2020 in den Firmen eine Vereinheitlichung der Schnittstellen und der Datenspeicherung vor. Mit der Folge, dass alle Betriebe ausschließlich über ein einheitliches digitales Buchhaltungs- und Archivsystem hätten arbeiten können, das ihnen die Finanzbehörde vorgegeben hätte. Für die Firmen wäre dieser administrative Mehraufwand in der aktuellen Situation fatal. Daher hat die IHK sich stark dafür gemacht, dass diese Neuerung jetzt nicht kommt. Bitterer Wermutstropfen ist, dass der steuerliche Verlustrücktrag nach wie vor nur auf ein Jahr befristet ist. Wäre da eine Ausweitung für die Firmen nicht besser gewesen? Das ist ein ganz wichtiger Punkt, den Sie da ansprechen. Aktuell ist es so, dass der steuerliche Verlustrücktrag nur für ein Jahr möglich ist. Der Gesetzgeber sollte die Verlustberücksichtigung deutlich ausweiten und den Rücktrag auf mindestens drei bis fünf Jahre verlängern. Das würde der Liquidität in vielen Betrieben sehr helfen. ehMartin Clemens Referatsleiter Steuern und Finanzen, IHK München und Oberbayern

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