Berlin. Die Allianz pro Schiene hat am Dienstag mit Unterstützung der Umweltverbände BUND und Deutsche Umwelthilfe (DUH) Klage gegen das BMVI wegen der Zulassung des Lang-Lkw-Regelbetriebs eingereicht. Sie beantragt beim Verwaltungsgericht Berlin im Rahmen des Verbandsklagerechts die Feststellung, dass die unbefristete Verlängerung für die 25m-Lang-Lkw-Typen 3 bis 5 und die siebenjährige Verlängerung für den verlängerten Sattelauflieger gegen die EU-Richtlinie 96/53 über Maße und Gewichte verstößt.
Verstoß gegen Ziel des Umweltschutzes
Die dort festgelegten Höchstmaße dienten unter anderem laut der sogenannten Erwägungsgründe in der Richtlinie auch „der Verkehrssicherheit und des Schutzes von Umwelt und Lebensbedingungen“. Daher sei eine nationale Heraufsetzung der Höchstmaße – vereinfachend ausgedrückt – ein Verstoß gegen Umwelt- und Gesundheitsschutz. Dem Argument, durch Lang-Lkw werde bis zu 30 Prozent Sprit je Tonne eingespart, halten die Kläger die von einigen Gutachten prognostizierte Rückverlagerung von Schiene und Wasserstraße auf den Lkw entgegen.
Einsatzbereich nicht EU-konform beschränkt
Weiter argumentiert die Allianz pro Schiene, dass die Lang-Lkw-Ausnahmeverordnung nicht durch die Ausnahmeklauseln der EU-Richtlinie in Artikel 4 Abs. 4 Buchstabe gedeckt ist. Es sei keine Beschränkung auf „bestimmte Tätigkeiten“ erkennbar.
Die vom BMVI in der Entfristungs-Verordnung von Dezember 2016 eingefügte Regelung, dass Lang-Lkw nur „für den überwiegenden Transport von Ladung mit einem begrenzten Volumen-Masse-Verhältnis (Dichte)“, für „Punkt-zu-Punkt-Verkehre oder Transportumläufe“ oder „Transportketten mit aufeinander folgenden Be- oder Entladepunkten“ genutzt werden dürfen, hält die Allianz pro Schiene für nicht ausreichend. Es spreche dafür, „dass der Beklagte hier nicht bestimmte Tätigkeiten zulassen will, sondern den Transport mit Lang-Lkw-Typen 3-5 generell zu den üblichen Verkehrszwecken erlaubt“. Für diese Frage regen die Kläger an, eine Vorabentscheidung des Europäischen Gerichtshofs einzuholen.
„Kettenbefristung“ für Typ 1 rechtswidrig
Gegen die Verlängerung der Erprobungsfrist für den verlängerten Sattelauflieger (Lang-Lkw Typ 1) um sieben Jahre führen die Kläger ins Feld, dass mit einer solchen „Kettenbefristung“ die EU-Richtlinie unzulässig umgangen wird. Die Regelung werde dazu führen, dass die Unternehmer nur noch lange Auflieger beschaffen und eine Rücknahme der Regelung faktisch unmöglich wird.
Klagebefugnis umstritten
Knifflig ist – wie die Kläger selbst einräumen – die Frage, ob überhaupt ein Verbandsklagerecht für diesen Fall in Anspruch genommen werden kann. Die aktuelle Gesetzeslage erlaubt es noch nicht, ist aber als Ergebnis von Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs und des Bundesverwaltungsgerichts im Wandel. Sie empfehlen dem Gericht, bei Zweifeln ebenfalls eine Vorabentscheidung des Europäischen Gerichtshofs einzuholen. Im Übrigen könnten sich die Umweltverbände vor Gericht auf das als Recht geschützte „Interesse am gesetzmäßigen Vollzug des Umweltschutzes berufen“.
NRW legt erste Strecken für Positivnetz vor
Unterdessen hat das Landesverkehrsministerium von Nordrhein-Westfalen erste Strecken für das Lang-Lkw-Positivnetz nominiert: Eine Autobahndiagonale von Niedersachsen bis Rheinland-Pfalz über A1, A3, A4 und A61 oder alternativ A1-A43-A2- A3-A52-A44-A52-A61, die A45 von der hessischen Landesgrenze bis Meinerzhagen und eine Strecke von Oberhausen nach Lotte (bei Osnabrück) über A3-A2-B224-A 43-A1-A30. Wie das Ministerium dem Landtag mittteilte, wurden insgesamt von 25 Unternehmen Anträge eingereicht, zum Teil für mehrere Strecken. Sie werden jetzt nach und nach auf ihre Eignung überprüft. (roe)