Laderampe

Laderampe Der gemeinsame Kampf gegen die Uhr Die Fakten liegen auf dem Tisch: Eine Umfrage zeigt die Probleme und Lösungen rund um die Laderampe. Die Beteiligten haben das Kriegsbeil begraben. Wie sie nun gemeinsam kürzere Wartezeitenerreichen wollen. Puh, das hat aber wieder mal gedauert“, sagt der LKW-Fahrer zum Lagerleiter, als die Entladung beginnt. „Och, wieso? Ging doch ratzfatz – so wie immer“, entgegnet der Mann von der Rampe. Eine Laderampe – zwei Meinungen. Die Länge der Wartezeit (siehe Grafik unten) ist aber nicht der einzige Punkt, an dem sich die Gemüter an der Rampe zwischen Betreiber und Logistikdienstleister scheiden. Mehr Geduld gefordert Während fast alle Logistikdienstleister (93 Prozent) sagen, dass die Wartezeiten an Laderampen in den vergangenen drei Jahren gleich geblieben oder länger geworden sind, sehen das nur knapp zwei Drittel der Händler so. Von ihnen glauben 37,7 Prozent, dass sich die Wartezeit in diesem Zeitraum verkürzt hat. Das sind Ergebnisse einer Onlineumfrage, die die Beratungsfirma HWH Gesellschaft für Transport- und Unternehmensberatung diesen Sommer im Auftrag des Bundesverkehrsministeriums durchgeführt hat (siehe Grafik Seite 30). Die Untersuchung ist Teil der Maßnahmen zur „Optimierung der Abläufe an Verladerampen“ aus dem Aktionsplan Güterverkehr und Logistik. „Die gefühlten Wartezeitenunterschiede sind menschlich. Jeder beurteilt die eigene Lage besser, als sie tatsächlich ist. Ist ein Unternehmen sehr betroffen, schätzt es die Lage meist noch schlechter ein, als sie ist“, sagt Paul Wittenbrink, Gesellschafter bei HWH und Logistikprofessor an der dualen Hochschule Baden-Württemberg. Die gefühlt mehr oder weniger lange Warterei auf die Entladung ist nur die Folge einer Vielzahl von Problemen an der Rampe, die mit der Umfrage ebenfalls untersucht wurden – 30 an der Zahl. Hier die Top 10: Fehlende Informationen an den Fahrer unterwegs über Verzögerungen an der Rampe Mangelnde Informationen über Wartezeiten an der Rampe vor Ort Fehlende Nachrichten vom Fahrer an Rampenbetreiber über Verzögerungen unterwegs Zugang zu Aufenthaltsräumen Rampenöffnungszeiten an Stoßzeiten Qualität der Tauschpaletten Bevorzugung eigener Fahrzeuge Fehlendes Rampenpersonal Externer Palettentausch Umgangston Während sich bei den ersten sechs Problemen Verlader und Logistikdienstleister einig sind, dass sie schwerwiegend sind, gilt insgesamt für die Hälfte der 30 Baustellen: Ein Problem – zwei Meinungen. Verlader und Logistikdienstleister bewerten ihre Schwere unterschiedlich. Zudem, die meisten der aufgelisteten 30 Probleme werden von den Logistikdienstleistern als gravierender beurteilt, als von der Industrie und vor allem vom Handel. „Dass der Handel die Probleme in der Regel geringer bewertet als die Industrie oder gar die Logistikdienstleister liegt daran, dass er die Probleme zwar sieht, selbst aber oftmals nicht unmittelbar betroffen ist“, erklärt Wittenbrink die Bewertungsunterschiede. Dennoch, „die Umfrage hat gezeigt, dass die Betroffenen aus Handel, Industrie und der Transportbranche an vielen Stellen die gleiche Sicht auf die Problemlagen und ein hohes Interesse an Lösungen haben“, sagt Andreas Scheuer (CSU), Koordinator der Bundesregierung für Güterverkehr und Logistik und parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesverkehrsminister. Von daher gelte es, mehr die Gemeinsamkeiten zu besprechen als Trennendes zu diskutieren. 13 Lösungen ohne Gesetzesänderung Gesprächsstoff bieten die 13 in der Umfrage abgetesteten Lösungsvorschläge reichlich. Nach dem Motto: eine Lösung, drei Bewertungen (siehe Grafik unten). „Da die meisten Lösungen zu höheren Kosten führen, werden diese von den Lagerbetreibern naturgemäß etwas weniger optimistisch beurteilt“, erklärt Wittenbrink. Die noch im Sommer heiß diskutierten Musterklauseln für die Lieferverträge zwischen Warenabsender und -empfänger sowie für die Beförderungsverträge zwischen Versender und Logistikunternehmen sind nicht als Lösungsalternative abgefragt worden. Gleiches gilt für eine mögliche Änderung des Handelsgesetzbuches (HGB). Hier sollte der abliefernde Unterfrachtführer einen eigenen Standgeldanspruch verbrieft bekommen (VerkehrsRundschau 28/2012). Laut Wittenbrink waren die Themen für eine Onlineumfrage zu kompliziert. Neue Gesetze, so Staatssekretär Scheuer, seien auch nicht das Ziel. Vielmehr setze er auf freiwillige Selbstverpflichtungen der Unternehmen. Hier hätte sich das Gewerbe etwas mehr Unterstützung von der Politik gewünscht. „Das wäre ein gutes Signal an die Verlader gewesen“, bedauert Karlheinz Schmidt vom Bundesverband Güterkraftverkehr, Logistik und Entsorgung (BGL). „Inhaltlich auf einer Linie“ Trotz aller laut der Umfrage bei den Lösungsansätzen noch bestehenden Differenzen: Es hat sich etwas geändert in Sachen Rampe. „Zieht man von den Bewertungen den Subjektivitätsfaktor ab, dann liegen Handel, Industrie und Logistikdienstleister inhaltlich etwa auf einer Linie. Das war in den ersten Gesprächen vor anderthalb Jahren noch anders“, urteilt Christian Labrot, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes Wirtschaft, Verkehr und Logistik (BWVL). An der jetzt befragten Basis seien die Unterschiede in den Meinungen offenbar nicht so groß, wie man auf den ersten Blick aus den Statements ihrer Interessenvertreter hätte schließen müssen. Lösungen passen nicht zu Problemen „Jeder bewertet seine Sicht und der Handel geht davon aus, dass der seine Arbeit ordentlich macht“, erklärt Michael Reink, Geschäftsführer für Standort und Verkehrspolitik beim Handelsverband Deutschland (HDE), die unterschiedlichen Bewertungen bei Problemen und Lösungen. Die Wahrheit würde in der Mitte liegen. Der HDE kritisiert zudem, dass die Lösungsvorschläge nicht unmittelbar aus den aufgezeigten Problemen abgeleitet seien. So wäre der Zugang zu sanitären Anlagen von allen Seiten als eher geringes Problem bewertet worden, tauche aber bei den Lösungen mit einem hohen Lösungsbeitrag auf. Als größtes Problem sieht Reink, analog zu den Umfrageergebnissen, die Informationsdefizite zwischen den Beteiligten. Hier müsse daher angesetzt werden: „Das ist aber nicht per se ein Problem des Lager sondern auch der Logistikbranche“, reicht Reink den Schwarzen Peter weiter. Dennoch räumt er ein, dass es auch an den Handelslagern Verbesserungspotenziale gibt. „Wir müssen den schwächeren Spielern aufzeigen, dass es monetäre Vorteile bringt, wenn die Prozesse an der Rampe funktionieren“, so Reink. Wenn die Durchlaufzeit im Wareneingang sinkt, so die Logik, ist nicht nur die Rampe, sondern der ganze Lagerprozess besser und das spart Geld. Allerdings: „Anfangs muss dazu eventuell in bauliche Maßnahmen oder IT investiert werden. Das müssen die Unternehmen dann einschätzen, ob es sich lohnt.“ Bis das aber soweit ist, wird noch einige Zeit vergehen. „Entscheidend sind jetzt die nächsten Schritte. Hier gilt es, tief in die Prozesse hineinzuschauen und vorbildliche Lösungen in der Praxis zu finden. Diese müssen dann allen als Muster zugänglich gemacht werden“, so Klaus Zänker, Logistik-Referent beim Deutschen Speditions- und Logistikverband (DSLV). Dazu, das hätten die Branchenverbände mit dem Bundesverkehrsministerium beschlossen, wäre die Vergabe einer Folgestudie notwendig. Erst im darauf folgenden Schritt könnten sich alle Beteiligten vor Ort daran machen, die gefundenen Best Practices an ihren Rampen gemeinsam umzusetzen. Handel muss handeln „Dabei müssen dann auch die Fahrer und das Lagerpersonal eingebunden werden. Neue Gesetze oder Verordnungen sind dazu nicht erforderlich“, umreißt Zänker den gemeinsam bei Logistikkoordinator Scheuer verabredeten Fahrplan. „Bei den Lösungen müssen alle Beteiligten zusammenarbeiten und dürfen nicht wieder in die alten Grabenkämpfe verfallen“, unterstreicht Labrot vom BWVL. Wenn es so kommt, klingen Rampengespräche in einigen Monaten so: „Hey cool, heute musste ich mir gar nicht die Beine in den Bauch stehen.“ „Wieso auch? Ist ja unser Job. Und wenn es doch mal zu Wartezeiten kommt, geh einfach in den Aufenthaltsraum.“ ❙❚■ Serge Voigt Die Rampenprobleme lassen sich nur lösen, wenn alle Beteiligten miteinander arbeiten Fotolia/Vege, Montage: Wallnöfer Laderampe Eher die Ausnahme: Ein freier Rampenplatz ohne Wartezeit Shutterstock/VILevi Laderampe „Einige der Beteiligten müssen über ihren Schatten springen“ Der Koordinator der Bundesregierung für Güterverkehr und Logistik, Andreas Scheuer (CSU), über die nächsten Schritte des Bundesverkehrsministeriums, das Rampen-Problem zu lösen. Welches ist Ihrer Meinung nach das wichtigste Ergebnis der Umfrage zu Problemen und deren Lösungen an der Laderampe? Andreas Scheuer: Dass es einige Probleme, aber auch Lösungsansätze gibt, bei denen alle Umfrageteilnehmer einer Meinung über deren Dringlichkeit beziehungsweise deren Erfolgsaussichten sind. Alle sind sich beispielsweise einig, dass die Papierflut in der Abfertigung kein so großes Problem ist, und dass Expressrampen ein vielversprechender Lösungsansatz sind. Welche Lösung ist die Erfolg versprechendste? Die Verbesserung der gegenseitigen Informationen für Fahrer und Rampenbetreiber, aber auch die Verbesserung des Angebots an Aufenthaltsräumen und sanitären Anlagen kann man mit relativ geringem Aufwand erreichen. Dazu ist es allerdings nötig, dass einige der Beteiligten über ihren Schatten springen. Es gibt aber auch Lösungsansätze, die mehr Zeit erfordern. Welches werden die nächsten Schritte des Verkehrsministeriums bis zur Wahl 2013 sein, das Rampenproblem zu lösen? Als Erstes freuen wir uns, dass nach langen Diskussionen jetzt valide Daten auf breiter Basis vorliegen. Damit haben wir den Dialog zur Rampenproblematik weiter vorangetrieben. Diese Auswertung wird bei den nächsten Gesprächen mit verschiedenen Verbänden eine wichtige Rolle spielen. Sollte sich zeigen, dass die Arbeitsgespräche und das Gutachten nicht ausreichen, um Lösungen zu erzielen, werde ich einen kleinen Kreis von Beteiligten noch in dieser Legislaturperiode zu einem Runden Tisch einladen. Dabei geht es darum zu identifizieren, was ist leicht zu lösen und was ist eher problematisch. Hier werden wir im Bundesverkehrsministerium als Moderator auftreten. Was folgt in der kommenden Legislatur? Wir machen jetzt erst einmal einen Zwischenschritt. Ich kann ja nicht nur auf Grundlage der erhobenen Daten politische Entscheidungen treffen und umsetzen, ohne vorher selbst mit den betroffenen Verbänden gesprochen zu haben. Das wäre völlig verfrüht. Die Auswertung ist jetzt da, als Nächstes müssen wir für die erkannten Probleme Lösungen erarbeiten. Hierbei wollen wir weiter die Moderation übernehmen. Handeln müssen aber in erster Linie die an der Transportkette beteiligten Unternehmen. Beispielsweise durch Selbstverpflichtungen. Die Zeit ist noch nicht reif, etwas politisch von oben aufzuoktroyieren. Wir haben es uns zur Aufgabe gemacht, die Rampensituation zu verbessern und da will ich auch sehr nachdrücklich die Probleme ansprechen. sv Interview Andreas Scheuer BMVBS Laderampe

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