Kögel im Fokus: Über 100 Tage neue Impulse und die Wege zum Erfolg

Nach über 100 Tagen im Amt, wie ist es bei Kögel? Es war die richtige Entscheidung, zu Kögel zu gehen. Ich muss vielleicht ergänzen, dass ich Kögel schon vorher als Key Account von BPW betreut habe. Als sich die Chance bot, habe ich nicht lange gebraucht, um ja zu sagen. Es ist spannend, in diesen wirtschaftlich angespannten Zeiten. Aber ich glaube, man kann auch in solchen Zeiten mit dem richtigen Team viel erreichen. Aktuell restrukturieren wir und haben dem Team gerade vorgestellt, was wir in diesem Jahr noch machen wollen. Ist Kögel in Deutschland da, wo man hinwill? Wir sind in Deutschland auf einem sehr guten Weg, haben aber noch einige Regionen, wo wir zulegen wollen. In diesen Re-gionen haben wir uns auch personell verstärkt. Vor allem im Norden haben wir noch ein paar Herausforderungen. Aber die nehmen wir an und werden stärker. Ihr Aufgaben-Portfolio ist groß. Ihre Themen bearbeiten bei anderen Trailer-Herstellern drei, vier oder fünf Verantwortliche. Wie schaffen Sie dieses Pensum? Wie gesagt, ich habe ein starkes Team. Und grundsätzlich erarbeiten wir neue Lösungen gemeinsam. Da kommt mir zugute, dass ich in vielen Geschäftsfeldern bereits Erfahrung sammeln konnte. Dadurch kenne ich, was draußen passiert, und weiß auch, was unsere Kunden brauchen. Da kann ich dem Team wichtigen Input geben. An was konkret arbeitet Kögel? Wenn wir über die Produkte sprechen, haben wir auf der IAA unseren neuen Kühler vorgestellt, mit dem wir neue Trends bei Nachhaltigkeit, Kreislaufwirtschaft und CO2-Emissionen setzen wollen. Bei den Services und der Telematik wollen wir ebenfalls weitere Schritte gehen, dann mit starken Kooperationspartnern. Ansonsten kann ich aktuell zu neuen Produkten noch nicht ganz so viel sagen - da bitte ich um Verständnis. Aber der Fokus liegt unter anderem auf Predictive Maintenance. Wie realisieren Sie das? Wir werden über eine digitale Fahrzeugakte in der Lage sein, dem Kunden alle relevanten Daten an die Hand zu geben. Das betrifft unter anderem die Nachverfolgbarkeit, gerade bei Verschleißkomponenten. Das heißt aber auch, dass wir in puncto After Sales unser Netzwerk deutlich stringenter aufziehen wollen. Da steht die Qualifizierung unserer Servicepartner im Vordergrund. Wir werden in Deutschland die Servicepartner-Struktur überarbeiten, um unseren Service flächendeckender anbieten zu können. Was Europa betrifft, denken wir an weitere Kooperationen, um unsere Verfügbarkeit zu verbessern. Ist das eine Forderung der Kunden? Nicht direkt, aber wir müssen natürlich das Interesse beim Kunden wecken und verstehen, was der Kunde braucht. Ansonsten befänden wir uns in einem reinen Preiskampf. Wir wollen versuchen, mit Services und Dienstleistungen zu überzeugen. Deshalb hören wir sehr genau zu, nehmen die Anforderungen auf und versuchen, sie gemeinsam mit dem Team umzusetzen. Vor allem größere Kunden erwarten, dass die Fahrzeuge sieben Tage die Woche, 24 Stunden am Tag laufen. Das funktioniert nur mit entsprechenden Service-Produkten. Daran arbeiten wir gerade intensiv. Sie sprechen das Thema Preiskampf an. Da kommt von den Marktbegleitern oft der Vorwurf, dass ihr es seid, die die Preise unterbieten. Das höre ich tatsächlich auch. Aber wenn ich beim Kunden sitze, höre ich genau das Gegenteil, dass es auch unsere Marktbegleiter sind, die sich preislich extrem weit aus dem Fenster lehnen. Da muss ich aufstehen und sagen, dass wir nicht alles mitmachen. Wir legen Wert auf Qualität, auch in preissensiblen Zeiten. Ergo haben wir schon zu einigen Deals Nein gesagt. Wir machen den Preiskampf nicht komplett mit - sind aber auch nicht die Preistreiber. Zurück zum Thema Services. Das haben inzwischen auch andere entdeckt. Was macht Kögel anders, denn letztlich geht es dem Kunden doch nur um den Preis? Die Frage ist doch, inwieweit kommen wir mit dem Kunden ins Gespräch, um Zusatzprodukte wie die Digitalisierung zu verkaufen. Verlader und Kunde möchten eigentlich immer wissen, wo die Ladung ist. Also müssen wir eine Telematik bieten. Leasing- und Finanzierungsangebote spielen ebenfalls eine große Rolle. Wenn wir das grundsätzlich berücksichtigen, ist der Preis am Ende des Tages wichtig, aber nicht entscheidend. Vor allem wenn es darum geht, wie der Spediteur Mehr- oder ungeplante Kosten vermeiden kann. Zugegeben, das ist schwer. Man muss das Vertrauen des Kunden gewinnen, damit er etwas kauft, was sich erst in der Zukunft auszahlt. An diesen Themen arbeiten wir mit Spezialisten, um einen Mehrwert zu generieren und langfristig die TCO, also die Kosten, zu senken. Das gelingt uns immer besser. Dennoch, was macht Kögel tatsächlich anders oder besser? Zum Beispiel das Thema Predictive Maintenance. Da haben wir mit unseren Partnern, etwa unseren Zulieferern, Lösungen geschaffen, wie wir den Verschleiß während der Fahrt ,on time' messen können. Gemeinsam mit unserem Telematik-Anbieter realisieren wir jetzt eine Lösung, die unsere Marktbegleiter so noch nicht darstellen können. Damit differenzieren wir uns und rollen das Thema jetzt über alle Länder aus. Dazu gehört natürlich eine hohe Ersatzteilverfügbarkeit sowie die Einbindung der Kundenwerkstätten. So hat unser Kunde den Verschleiß in Realtime, kann tracken und damit seine Werkstattaufenthalte besser planen und ungeplante Liegenbleiber vermeiden. Grundsätzlich konzentrieren wir uns auf unser Kerngeschäft. Wir haben uns schon an vielen Themen probiert und sind damit nicht erfolgreich gewesen ... Von daher steht auf unserer Agenda erst einmal, unser angestammtes Geschäft weiter auszubauen. Da gibt es noch eine Menge zu tun. Vor allem wollen wir unsere Position in einigen Ländern außerhalb Deutschlands noch deutlich verbessern. Damit haben wir genug zu tun. Eine politische Antwort. Wenn sie so wollen. Wechseln wir zum Thema ,VECTO', ("Vehicle Energy Consumption Calculation Tool" der Europäischen Kommission) - also den Teil, wo es um die Dekarbonisierung der Trailer geht. Haben das schon alle Transportunternehmer realisiert, was da auf sie zukommt? Ich denke schon. Denn wenn wir als Hersteller Strafen zahlen müssen, weil wir die Minderungspotenziale nicht realisieren können, hat das Auswirkungen auf den Fahrzeugpreis. Wir sind da sehr transparent und versuchen, die Kunden mitzunehmen. Die Kunden sagen aber auch, dass wir das lösen müssen, weil es ein Hersteller-thema ist. Wir erfüllen alle legislativen Anforderungen und versuchen natürlich, die hoch gesteckten Ziele zu erreichen. Sind die Ziele aus Ihrer Sicht zu hoch gesteckt? Sie sind auf jeden Fall extrem ambitioniert. Die Frage ist doch, wie viel CO2 emittiert ein Trailer wirklich, der selbst nicht angetrieben wird. Das Ziel der EU liegt bei zehn Prozent Verbrauchsreduzierung. Da müssen wir wirklich aufpassen, damit wir alle Anforderungen erfüllen, ohne dass das Produkt am Ende nicht viel zu teuer wird. Dazu sind wir im ständigen Dialog mit Verbänden und der Politik, um hier über alle Alternativen nochmals nachzudenken. Ist Brüssel verhandlungsbereit? Grundsätzlich setzt sich der VDA da ein. Wir müssen gemeinsam zum Erfolg kommen. Gemeinsam mit den Arbeitskreisen muss man versuchen, sich Gehör bei der EU zu verschaffen. Das ist nicht ganz leicht. Aber nach dem, was ich mitnehme, sprechen alle großen Trailer Hersteller mit einer Stimme. Sofern es bei den ambitionierten Zielen bliebe, wie viel teurer würde ein Trailer künftig werden? Das ist im Moment schwer abzuschätzen. Wir sprechen hauptsächlich über Reifen und Aerodynamik. Aber aus meiner Sicht ist das am Ende ein Betrag, wo man sich fragen muss, ist das noch wirtschaftlich. Aktuell ist VECTO 2.0 in der Ausarbeitung. Da muss man sehen, was am Ende herauskommt. Wie steht Kögel zum elektrifizierten Trailer, der aktuell von vielen Wettbewerben propagiert wird? Wir beobachten das Thema. Grundsätzlich ist es gut, dass es in der Branche Unternehmen und Start-ups gibt, die sich damit beschäftigen, die das Thema Elektrifizierung industrialisieren und nach vorne bringen wollen. Trotzdem müssen wir uns als Trailerhersteller die Frage stellen, wie praktikabel das ist, wenn man zum Beispiel an die Ladeinfrastruktur denkt - vor allem im internationalen Transport. Welche Rolle nimmt ein elektrifizierter Trailer demnächst ein, wenn die Zugmaschine komplett elektrifiziert ist? Ist es eine Brückentechnologie? Ehrlich gesagt glaube ich nicht, dass wir das für den normalen Einsatz von A nach B einsetzen können. Aber wir beobachten den Markt genau und wir sind gewappnet, falls wir eine Lösung brauchen. Also setzt Kögel eher auf die Digitalisierung der Trailer als auf deren Elektrifizierung? Ja, das ist ein großes Thema - von der Fahrzeugabholung bis hin zum papierlosen Transport. Beispiel digitale Fahrzeugakte, welche die Verschleißdaten des Fahrzeugs aufzeichnet. Die, kombiniert mit der Werkstattvernetzung und der Möglichkeit, schnell die passenden Ersatzteile vor Ort zu haben. Das braucht die Branche. Die Digitalisierung bei der Verarbeitung von Transporten ist extrem weit. Da müssen wir punkten. Und wie sieht es mit der Nachhaltigkeit aus? Dazu passt unser neuer Kühler mit seinen extrem nachhaltigen Werkstoffen - weniger Gewicht und im Reparaturfall schneller austauschbar. Am Ende des Tages führt das geringere Eigengewicht auch noch zur CO2-Einsparung. Wir verzichten komplett auf Stahl und setzen auf deutlich mehr umweltfreundlichen Schaum. Damit verläuft der Produktionsprozess schneller und umweltfreundlicher. Wir schäumen übrigens selbst. Wie behauptet sich Kögel aktuell auf dem Markt? Der Markt hat im Jahr 2024 um die 25 Prozent verloren, ja. Wir haben es aber geschafft, uns etwas besser zu entwickeln als der Markt. Leider fehlen im Moment Impulse für einen weiteren Aufschwung. Ich rechne damit, dass das erste Halbjahr 2025 auf dem Niveau 2024 weiterlaufen wird. Vieles hängt davon ab, was die neue Bundesregierung für Entscheidungen trifft. Förderprogramme wären hilfreich! Nichtsdestotrotz glaube ich, dass wir mit einer leichten Belebung in der zweiten Jahreshälfte rechnen können. 2027, 28 und 29 wird es aus meiner Sicht zu einer deutlichen Belebung kommen - allerdings auch wegen der Vorzieheffekte im Hinblick auf legislative Entscheidungen 2030. Der Bedarf an Neuinvestitionen wäre aber jetzt schon da? Das auf jeden Fall, die Flotte ist ziemlich überaltert. Wenn die Kunden ihre Trailer länger behalten, merken wir das auf der anderen Seite im Ersatzteilgeschäft. Also müssen wir in erhaltende Maßnahmen investieren. Refurbishment ist ebenfalls ein Thema. Das diskutieren wir gerade mit ein paar Kunden. Aber irgendwann ist ein Punkt erreicht, wo es sinnvoller ist, in ein Neufahrzeug zu investieren. Welche Segmente gehen aktuell gut, welche weniger? Kühler gehen gut, auch das Thema Bau, speziell Muldenkipper. Da steigt die Nachfrage - nicht in Deutschland, aber in Europa. Herausfordernd ist das Thema Plane, speziell Megatrailer. Da merken wir die Krise der Automobilindustrie. Plant Kögel eine Portfolio-Erweiterung? Da gehen wir eher nach dem Motto ,Schuster, bleib' bei deinen Leisten'. Natürlich schauen wir uns im Rahmen der Humbaur-Gruppe an, welche Themen wir gemeinschaftlich auf den Weg bringen können. In dem Zusammenhang werden wir auf der Bauma einige Neuheiten zeigen. Ansonsten glaube ich, dass wir erst einmal genügend zu tun haben und über ein breiteres Produktportfolio nicht nachdenken müssen. Mein Ziel ist es, mit Kögel einen langfristigen Weg zu gehen. Wir haben eine klare Wachstums- und Produktstrategie bis 2030. Wir wollen unsere Position am Markt weiter stabilisieren und inbesondere in Europa wachsen - vor allem aber unabhängiger werden vom Planen-Trailer. Und wir haben ein klares Bekenntnis zum Standort Deutschland!