Hamburg. Für „mehr Elan" in der Hamburger Wirtschaftspolitik bei der Weiterentwicklung des Schifffahrts- und Logistik-Standortes Hamburger Hafen hat sich Karl Gernandt, Präsident des Verwaltungsrates von Kühne + Nagel, jetzt in der Elb-Metropole ausgesprochen. Gernandt war als Eröffnungssprecher der vom Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsunternehmen Fasselt Schlage zum dritten Mal ausgerichteten Fachveranstaltung „PKF Maritime" eingeladen worden. Rund 150 Fachleute aus Wirtschaft und Politik fanden sich zu der Veranstaltung im Hotel Hafen Hamburg ein.
Der persönliche Eindruck, den Gernandt über den auch vom Kühne+Nagel-Konzern vielfach genutzten Standort Hamburg wiedergab, begründete er mit dem direkten Vergleich zwischen dem aktuellen SPD-geführten Senat und dem letzten CDU-Alleinsenat unter Führung von Bürgermeister Ole von Beust. Der habe sehr wohl einen klaren „Wirtschaftsplan" gehabt und darin klare Aktionsschwerpunkte für die Politik des damaligen Senats definiert. Gernandt sprach sich dafür aus, dass der seit Frühjahr 2011 amtierende SPD-Allein-Senat beim Thema Wirtschaft und Hafen schneller und mehr Aktzente setzt.
Forderung: Klare Antwort auf Jade-Weser-Port finden
So müsse Hamburg bis spätestens zum Sommer eine „klare Antwort" zum Umgang mit Deutschlands neuem Tiefwasserhafen in Wilhelmshaven geben. Dieser wird Anfang August offiziell seiner Bestimmung übergeben. Nach Wahrnehmung Gernandts fehlt es bislang an einer solchen Positionierung des Hamburger Senats.
Handlungsnotwendigkeit bestehe auch beim Thema, wie Hamburg mit der wachsenden Anzahl von Großcontainerschiffen innerhalb des Hafens umgehen wolle. Auch beim wichtigen Thema Seehafen-Hinterland-Anbindungen müsse Hamburg noch weiter optimieren, da diese für die Wettbewerbsfähigkeit eines Hafens von zentraler Bedeutung seien.
Was die Entwicklung auf den internationalen Containerschiffsmärkten angeht, sprach sich Gernandt für mehr Besonnenheit und Gelassenheit der wichtigen Akteure in dieser Industrie aus. So ist der vor allem 2011 vollzogene Verfall bei den Containerransportraten für ihn als Logistiker nicht nachvollziehbar. Denn die Schiffe seien – trotz eines auch 2011 erfolgten erneuten Transportkapazitätszuwachses – weiterhin gut ausgelastet. Die Aussichten für den Welthandel sieht Gernandt, ungeachtet der zahlreichen Negativmeldungen und -einschätzungen, weiterhin stabil. So bewege sich das Wachstumsspektrum des Welthandels in einer Bandbreite von fünf bis sieben Prozent.
Auch für die weiter neu in den Markt eingebrachte Standardcontainer-Kapazität werde es nach seiner Einschätzung eine entsprechende Beschäftigung zu auskömmlichen Preisen geben können. Gernandt wörtlich: „Lassen Sie sich nicht kirre machen von den Negativ. Und leisten Sie einen Beitrag zur Rationalität in der Preisgestaltung." Dass die Containerschiff-Industrie so heftige Ausschläge erlebe, führte Gernandt auch darauf zurück, dass der über viele Jahrzehnte hinweg bestehende Rahmen, in dem auch die Preisbildung zentral behandelt wurde, also die Schifffahrts-Konferenzen, nicht mehr bestehe. Der Kühne+Nagel-Spitzenmann erinnerte an andere Industrien und Branchen, in denen ab einem bestimmten Zeitpunkt feste Aktionsrahmen aufgehoben wurden und sich das freie Spiel der Marktkräfte entfaltete. Es dauerte dann wiederum einige Jahre, ehe sich die Marktteilnehmer auf die neue Situation eingespielt hätten.
Einen vergleichbaren Ablauf erwartet Gernandt auch für die Containerschiffbranche. Dem bloßen Streben nach immer mehr Marktanteilen, und zwar auch und gerade über den Preis, hielt Gernandt diese Erkenntnis entgegen: „Mit Marktanteilen allein kann keiner seine Rechnungen bezahlen." Statt permanent auf den Mitbewerber zu starren, sollten sich die Einzelunternehmen auf ihre Stärken besinnen, mahnte Gernandt.
Besteuerung von Handelsschifffahrt
Zentrales Thema der diesjährigen Fachveranstaltung von PKF Fasselt Schlage war die Besteuerung in der Handelsschifffahrt. Dabei wurden von den Referenten unterschiedliche Steuer-Verfahren in verschiedenen Ländern ausführlich präsentiert. Sehr ausführlich wurde auch das seit dem 1.Januar diesen Jahres in Kraft getretene Doppelbesteuerungs-Abkommen (DBA) zwischen Deutschland und dem EU-Neuling Zypern beschrieben. Das wurde dabei auch klar: Der Inselstaat hat ein großes Interesse daran, für die Reeder, auch und gerade aus Deutschland, ein attraktiver Standort zu sein. (eha)