Komplexe Technik, komplexere Vorschriften

Bereits zum zwölften Mal fand die Fachkonferenz Lithiumbatterien in Frankfurt statt. Veranstaltet hat das viertägige Event die Redaktion Gefahrgut des Verlags Heinrich Vogel. In dem Verlag erscheint auch die VerkehrsRundschau. Wer jetzt aber meint, zu diesem Thema wäre alles gesagt, sei schnell eines Besseren belehrt. Die rasche Weiterentwicklung der Lithium-Ionen-Technik ist nicht nur für die Ingenieure und Entwickler eine Herausforderung. Auch Unternehmen, die mit den Batterien zu tun haben, müssen sich stetig mit neuen Vorschriften und Regelungen auseinandersetzen. Sicher ist die Lithiumbatterie aus dem Alltag nicht mehr wegzudenken. Smartphones, Kameras, Laptops - viele solcher Geräte werden mit ihr betrieben. Und auch in der Mobilität kommen in naher Zukunft durch Elektro-Autos und -Lkw, E-Bikes, Elektro-Transporter oder Drohnen immer mehr Anwendungsgebiete dazu. Dadurch wachsen die Anforderungen an die Batterien. Sie müssen immer mehr Leistung haben, länger halten, sich schneller laden lassen und im Preis attraktiver werden. Dass dadurch immer größere Mengen an Lithiumbatterien transportiert, gelagert und entsorgt werden müssen, stellt die Unternehmen vor wachsende Herausforderungen. Die Gefahr ist nicht zu unterschätzen Da gibt es zum einen die technische Komplexität dieser Batterien. Lithiumspeicher sind nicht umsonst als Gefahrgut klassifiziert. Überhitzen sie, kann es schnell zu einer Kettenreaktion kommen, durch die unter Umständen die Batterie in Flammen aufgeht. Dies kann beispielsweise passieren, wenn eine Batterie zu großer Hitze ausgesetzt ist, oder durch Schockeinwirkung wie einen kräftigen Stoß instabil wird. Ein Brand in einem Gefahrgutlager mit Batterien kann schnell das gesamte Lager vernichten. Der Brandherd lässt sich wegen der chemischen Zusammensetzung nicht mehr löschen. Deshalb ist ein Gefahrgutbeauftragter für Unternehmen Pflicht, wenn sie an der Beförderung von 50 oder mehr Tonnen Gefahrgut im Jahr beteiligt sind. Zum anderen sind die gesetzlichen Vorschriften bei Lithiumbatterien komplex. Für die Teilnehmer Josef Scharpenberg und Oliver Baumgart, Gefahrgutbeauftragte bei Rhenus Logistics, ist die Fachkonferenz daher eine wichtige Gelegenheit, um auf dem Laufenden zu bleiben: "Die Regeln beim Umgang mit Lithiumbatterien sind ständig im Wandel, und die Unternehmer fragen sich oft, ob sie diese Batterien überhaupt transportieren dürfen. Diese Regeln den Mitarbeitern zu vermitteln, damit nicht unbedacht Aufträge angenommen werden, ist eine große Herausforderung", sagt Scharpenberg. Sein Kollege Baumgart ergänzt: "Wir müssen unsere Kenntnisse so vermitteln, dass es Führungskräfte und Mitarbeiter in den Betriebsstätten verstehen und anschließend bewerten können, ob so ein Transportauftrag möglich ist und was es dabei gesetzlich zu beachten gibt. Der Gesetzgeber ist von dem rasanten Tempo der technischen Entwicklung der Lithiumbatterie gerade etwas überfordert." Vorschriften oft Auslegungssache Wie kompliziert die Vorschriften im täglichen Umgang mit Lithiumbatterien sind, weiß Norbert Müller, Gefahrgutbeauftragter bei DB Schenker. Sein Vortrag war eine Art Workshop, in dem er und Mitreferent Jürgen Wenry vom Lithium-Batterie-Service in München ein Fallbeispiel aus der täglichen Versandpraxis vorstellten: Es sollte ein Akkuschrauber mit Ersatzbatterie versendet werden. Drei Freiwillige aus dem Publikum stellten sich dem Fragebogen, und schnell wurde klar, wie komplex die Vorschriften sind. Das Problem sieht Norbert Müller beim Gesetzgeber: "Die Vorschriften werden von Leuten gemacht, die nie in der Logistik gearbeitet haben und somit die Rahmenbedingungen überhaupt nicht kennen. Der Wortlaut ist oft so gewählt, dass die Adressaten es gar nicht verstehen. Sogar die Experten hier auf der Fachkonferenz interpretieren die Vorschriften unterschiedlich." Logistiker hätten so kaum eine Chance, bei Transport und Lagerung alles richtig zu machen. Batterien müssen noch sicherer werden Laut Norbert Müller wird die Lithiumbatterie in Zukunft zwar eine bedeutende Rolle spielen, technisch ist sie aber noch immer nicht voll ausgereift. Noch stellt sie ein großes Risiko für Lkw, Schiffe und besonders für Flugzeuge dar, denn gerade hier muss die Technik absolut sicher sein. Da sieht Müller die Industrie in der Verantwortung: "Hier müssen Experten Sicherheitstests und Verpackungsvorschriften einheitlich und verständlich ausarbeiten, und die Gefahrgutbeauftragten sorgen dann dafür, dass alle Vorschriften vollständig eingehalten werden." Und das wäre ein wichtiger Schritt. Denn dass der Bedarf an Lithiumbatterien und damit das Transportaufkommen weiter steigen werden, scheint zumindest unbestritten. Mehr zum Thema finden Sie im Dossier Gefahrgut www.verkehrsrundschau.de/dossiers

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