Zukunftsweisende Trailer-Technologien: Intelligente Bremssysteme und Elektrifizierung

Das Gehirn des Trailers ist das elektronische Bremssystem (TEBS). Hier fließen alle Informationen zusammen: sicherheitsrelevante Steuersignale der Bremse ebenso wie Daten aus Sensoren an Reifen und Bremsbelag. Ihre Auswertung bietet großes Potenzial, die Wirtschaftlichkeit von Transporten zu optimieren und die Betriebskosten der Fahrzeuge zu senken. Dazu tragen vor allem die Analyse der Laderaumauslastung und an die Einsatzbedingungen angepasste Wartungsintervalle sowie die Vermeidung von ungeplanten Standzeiten bei. Neben einem modularen Aufbau neuer TEBS-Generationen spielen Software-Updates eine wichtige Rolle. So lassen sich die Funktionen des Bremssystems den Erfordernissen der Zeit anpassen. Sie bieten aber auch ein Einfallstor für Missbrauch, entsprechend hoch sind die Sicherheitsanforderungen an moderne TEBS. Laut der Richtlinie UNECE R156 muss ein Software-Update-Management-System (SUMS) alle Aktionen protokollieren und unberechtigte Zugriffe verhindern. Die neuen Modelle der führenden Hersteller entsprechen diesen Anforderungen. Etwa "iTEBS X" von Knorr-Bremse: Es kombiniert laut Hersteller die elektronische Steuerungseinheit, Sensorik und pneumatische Bremssteuerung sowie Bremsfunktionen wie ABS und lastabhängiges Bremsen in einer kompakten Baugruppe. Das soll eine präzisere Steuerung der Bremskraft und eine verbesserte Abstimmung zwischen Zugmaschine und Trailer ermöglichen. Dadurch sinke auch der Verschleiß an den Trailer-Bremsen. Die Münchner ergänzen iTEBS X zudem um die Cloud-gestützte Konfigurationsplattform "Online Configuration Tool" (OCT). Sie soll ein zukunftssicheres Diagnosekonzept ermöglichen und ein SUMS, das die gesetzlichen Anforderungen erfüllt. Vergleichbares gilt für "EB+ 4.0" von SAF-Holland-Tochter Haldex. Es lässt sich laut Hersteller aufgrund des modularen Aufbaus leicht und kosteneffizient an künftige Aufgaben anpassen. Das ermöglichen verschiedene Zusatzmodule wie eine automatisierte Liftachsensteuerung oder ein Soft-Docking-System. Auch EB+ 4.0 bietet ein eigenes SUMS. ZF arbeitet mit Tochter Wabco an der Weiterentwicklung von iEBS. "Zahlreiche integrierte und intelligente Funktionen bauen auf Wabco-Technologie auf und übertreffen sie", heißt es. Attraktiv seien die Notbremseigenschaften und ein schnelleres Anfahren nach längerem Parken. Rekuperationsachsen wenig gefragt Viele Hersteller bieten sie an, wenige Flottenbetreiber kaufen sie: elektrifizierte Generatorachsen für Trailer, um beispielsweise E-Kühlaggregate oder Mitnahmestapler per Rekuperation mit Energie zu versorgen. Laut Schmitz Cargobull hat die Technologie zwar ihre Serienreife und ihre Zuverlässigkeit belegt, Nachfrage und Ausrüstungsquote seien allerdings gering. Verantwortlich dafür seien die geringe Zahl von Null-Emissions-Zonen und die Rahmenbedingungen für E-Technologie, die noch mit hohen Kosten verbunden sei. Gleichwohl verzeichne Schmitz ein wachsendes Kundeninteresse an emissionsfreien Transportlösungen durch die zunehmende CO2-Bepreisung. Krone erklärt: "Elektrische Systeme stoßen auf ein hohes Interesse im Markt. Allerdings zögern viele Transportunternehmen aufgrund der wirtschaftlichen Lage mit Investitionen." Die Emsländer blicken jedoch positiv in die Zukunft und rechnen mit einer steigenden Nachfrage, sobald sich die wirtschaftliche Situation verbessert. Ähnlich äußert sich auch Kögel: "Die Anfragen steigen und wir sind überzeugt, dass sich diese Lösung im Markt weiter etabliert." Um das zu unterstützen, würden gerade Leasing- und Mietmodelle verfeinert. SAF-Holland wiederum beurteilt die Situation positiv: "Wir haben mehr als 120 Systeme in Europa und Überseeregionen im Einsatz und um die 3,5 Millionen gefahrene Kilometer auf den Achsen. Die Nachfrage seitens der Kunden ist gut." Auch BPW beurteilt die Nachfrage als gut und geht zugleich die nächste Generation der E-Achse an, die in fünf bis zehn Jahren kommen könnte. Gemeinsam mit Partnern entwickelt der Fahrwerksspezialist im Forschungsprojekt "RekuTrAx" eine intelligente Rekuperationsachse, die mit weniger Bauteilen auskommt und woran beispielsweise der in die Achse integrierte Wechselrichter die Aufgaben von Getriebe und Sensoren übernimmt. Das soll Gewicht und Bauraum sparen. KI sagt Wartungsbedarf voraus Das Fahrwerk wird intelligent, lautet die Devise bei BPW. Die Generation "iC Plus" ist standardmäßig mit Telematik ausgerüstet und sendet die Daten unter anderem von Bremsverschleiß- und Reifendrucksensoren an die Telematik-Plattform "cargofleet 3" von Idem. Nur dort lasse sich die volle Leistungsfähigkeit von iC Plus nutzen, während andere Systeme Daten nur sammeln. Cargofleet 3 indes kann laut BPW die Daten mithilfe von KI auswerten. Auf diese Weise könne das System Auskunft über Bremsperformance und den Status der Bremsbeläge geben und durch das Voraussagen von Ausfallwahrscheinlichkeiten ungeplanten Standzeiten vorbeugen. Zudem lassen sich Wartungstermine in einem digitalen Wartungskalender über die Telematik-Plattform verwalten. Wer auf den Zug aufspringen möchte, kann auch Bestandsfahrzeuge mit dem "iC-Plus-Retrofit"-Kit nachrüsten, sofern diese Trailerachsen der Baureihen Eco Air oder Airlight 2 besitzen. Gerade die Nachrüstmöglichkeit hat laut BPW großes Interesse in der Branche hervorgerufen. Zudem ist die elektrohydraulische Hilfslenkung "Active Reverse Control" (ARC) nun auch für Tieflader mit zwei Nachlauflenkachsen verfügbar. ARC steigert laut Hersteller die Manövrierfähigkeit von mehrachsigen Tiefladern und ermöglicht ein präzises Rangieren beim Vorwärts- und beim Rückwärtsfahren. Die verbesserte Beweglichkeit ermöglicht demnach Kraftstoffeinsparung und geringeren Reifenverschleiß. Auch die Nutzlast spielt weiterhin eine bedeutende Rolle für gezogene Einheiten. So bietet Knorr-Bremse mit der Trailer-Scheibenbremse "NexTT" eine gewichtsoptimierte Ausführung. Sie ist laut Hersteller die derzeit leichteste 22,5-Zoll-Scheibenbremse auf dem Markt. Das ist vor allem auf die Ein-Stempel-Konstruktion zurückzuführen. Außerdem soll sie besonders energieeffizient arbeiten. Hierzu trägt demnach die optionale und nachrüstbare Ausstattung "Active Caliper Release" (ACR) bei. Durch ein aktives Lösen der Bremsbeläge soll ACR das Restschleifmoment verringern und dadurch den Kraftstoffverbrauch senken. E-Achsen verringern Nutzlast Ein Thema der Zukunft sind angetriebene E-Achsen für Trailer. Derzeit sind Trailer mit solchen Systemen nur über Einzelgenehmigungen zulassungsfähig, eine Typgenehmigung steht noch aus. Bei Schmitz heißt es: "Wir gehen nicht von einer kurzfristigen europaweit gültigen Typgenehmigung aus, da nach wie vor nicht geklärte sicherheitsrelevante Fragen gelöst und regulatorische Hürden genommen werden müssen." Ohnehin sind die Münsterländer keine Fans der Technologie. "Der Trailer muss für den Warentransport eine möglichst hohe Nutzlast bieten. Daher erachten wir angetriebene Traktionsachsen für Trailer durch das Mehrgewicht des Systems als nicht sinnvoll. Wir fokussieren uns auf die Energierückgewinnung mit Rekuperationsachsen für Trailer-eigene Funktionen", erklärt das Unternehmen. Krone und Technologiepartner Trailer Dynamics setzen indes auf die Technologie und erwarten die Typgenehmigung Ende 2026. Kunden können das gemeinsame Produkt "eTrailer", wofür Trailer Dynamics das sogenannte eKit aus E-Achse, Batterie, Gehäuse, Sensorik und Antriebstrangsteuerung entwickelt, bereits vorbestellen. Laut Michael Nimtsch, Geschäftsführer von Trailer Dynamics, sollen die ersten Fahrzeuge in der zweiten Jahreshälfte in den Markt gehen. Dank der zusätzlichen Antriebs-Power des eTrailers lasse sich der Dieseldurst der Zugmaschine um bis zu 40 Prozent senken oder die Reichweite von E-Lkw erhöhen. Neu und eine Alternative zum Laden an einem Ladepunkt während einer Fahrpausen ist die Option, den eTrailer mit einer Batterietausch-Ausrüstung auszustatten. Dadurch lässt sich laut Hersteller die gesamte Batterieeinheit in fünf Minuten entkoppeln und durch eine vollgeladene Einheit ersetzen. Hierbei arbeitet das Unternehmen mit dem Batterielieferanten CATL zusammen. Gemeinsam mit Lieferant ZF bietet Krone zusätzlich den Cool Liner mit ZF "Electrified Trailer System", eine Stand-alone-Lösung, die unabhängig vom Antriebskonzept - elektrisch oder herkömmlich - des Lkw funktionieren soll. Das Sensieren erfolge allein über das TEBS und das Steuergerät von ZF. Auch hier soll das Dieselsparpotenzial bis zu 40 und mindestens 16 Prozent betragen - je nachdem, ob eine Plug-in-Lademöglichkeit besteht oder die Batterie nur per Rekuperation geladen wird. Herzstück des TrailTrax-Systems ist der elektrische Antrieb ZF "AxTrax 2" mit bis zu 210 kW Leistung. Hinzu kommt eine Batteriesystembox inklusive Batteriemanagement. ZF erprobt das System nach eigenen Angaben aktuell auch in Kooperation mit Kässbohrer und arbeitet bei der Integration ins Fahrwerk mit BPW zusammen. Dabei steht nach eigenen Angaben die Koppelung mit Zugfahrzeugen verschiedener Hersteller im Vordergrund. ZF sieht Anwendungsmöglichkeiten auch bei Holz-, Tank- und Schwertransporten sowie bei Logistikanwendungen. Ob aber zunächst 16 bis 40 Prozent weniger Verbrauch reichen, um den Durchbruch der E-Achse zu forcieren, wird sich weisen. Viele Gleichteile und identische Ersatzteile Die E-Achse "Trakr" von SAF entsteht auf derselben Fertigungslinie wie die herkömmlichen Ausführungen. Die Anschlusspunkte ans Fahrwerk sind ebenfalls dieselben, daher lässt sie sich auch nachrüsten. Der Achsenspezialist hat im Sinne der Kunden darauf geachtet, dass sich auch die Ersatz- und Verschleißteile nicht unterscheiden. Der wesentliche Unterschied zur "Intradisc"-Familie sind das Ein-Gang-Getriebe mit Differenzial und die permanent erregte E-Maschine zur Mitte des Achsrohrs. Die Antriebswelle verbirgt sich im Achsrohr. Die Montage von Trakr folgt den gleichen Arbeitsschritten wie die Intradisc-Modelle - vom Reibschweißen der Achsstummel über das Heften und Verschweißen der Lenker und die Veredelung im KTL-Bad bis hin zum Einsetzen der Buchse. Entlang der Linie wuseln fahrerlose Transportsysteme mit den Montage-Kits für die einzelnen Achsen, deren Komponenten am Ende der Linie die jeweilige Achse komplettieren. Dort erhält jedes Aggregat auch einen NFT-Chip mit allen relevanten Produktionsdaten.