Klagewellen verhindern

Die Serie von Brückensperrungen aufgrund schlechter Bausubstanz hat die CDU/CSU-Bundestagsfraktion aufgeschreckt. Ihr Verkehrsexperte Oliver Wittke hat eine Gesetzesinitiative mit dem Ziel angekündigt, die Genehmigungsverfahren für Ersatzvorhaben zu beschleunigen. "Wir müssen handeln, die Einschränkungen für den Lkw-Verkehr sind ein großes Problem", betonte der CDU-Politiker gegenüber der Verkehrs-Rundschau. Er verweist auf das vom Bund bereits beschlossene vereinfachte Planungsverfahren für die Rheinbrücke am Autobahnkreuz Leverkusen und die Duisburger A-40-Brücke. Um den Klageweg zu verkürzen, ist das Bundesverwaltungsgericht in erster und letzter Instanz zuständig. Nur eine Instanz für die Brücken Wittke will, dass die alleinige Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts bei allen Ersatzbauten im Infrastrukturbereich durch Bundesgesetz beschlossen wird. Die derzeitige Regelung, dass der Bundestag dies für jedes Bauwerk im Einzelfall beschließen muss, sei unbefriedigend. Der frühere Verkehrsminister von Nordrhein-Westfalen sieht sich durch ein Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestages bestätigt. Die Experten beziehen sich auf ein höchstrichterliches Urteil, demzufolge die "Verkürzung des Rechtswegs auf nur eine Instanz nicht gegen die Rechtsweggarantie oder das allgemeine Rechtsstaatsprinzip verstößt". Eine derartige Zuständigkeitsbestimmung müsse aber "Ausnahmecharakter" haben. Wittke ist zuversichtlich, dass er den Koalitionspartner SPD für die Gesetzesinitiative gewinnen kann. In letzter Zeit hatten durch Schäden veranlasste Brückensperrungen Lkw- und Autofahrer zu erheblichen Umwegen gezwungen und damit ausgebremst. Erst in der vergangenen Woche stoppten Brückenrisse auf der A 19 bei Malchow die Lkw-Fahrer in Fahrtrichtung Rostock. Zuvor war die Schiersteiner Brücke zwischen den Landeshauptstädten Wiesbaden und Mainz in die Schlagzeilen geraten, davor waren es Lkw-Fahrverbote auf der Leverkusener Rheinbrücke und der Rader Hochbrücke über den Nord-Ostsee-Kanal. Nur 14 Prozent der rund 39.000 Bundesfernstraßenbrücken sind laut Bundesverkehrsministerium in einem guten oder sehr guten Zustand. Ein Drittel bewertete das Ministerium mit ausreichend, weitere 14 Prozent aber mit nicht ausreichend oder gar ungenügend. Der Bund hat im vergangenen Jahr eine zusätzliche Milliarde Euro freigegeben, um marode Brücken zu sanieren, nach Ansicht von Fachleuten zu wenig. Schnelle Hilfe für dringende Projekte Die Straßenverkehrsinitiative Pro Mobilität begrüßte das Vorhaben. "Ein marodes Autobahnnetz braucht schnelle Hilfe", sagte Verbandspräsident Peter Fischer, der von "bundesweit mehreren Hundert maroden Autobahnbrücken" sprach. Da das Bundesverwaltungsgericht nicht für jede Brücke oder Schleuse in Deutschland die sachliche Prüfung übernehmen könne, sei ein standardisiertes Gesetzgebungsverfahren für die dringlichsten Projekte notwendig. Dagegen warnt der Naturschutzbund (NABU) vor einer Einschränkung von Rechten betroffener Bürger oder Verbände. Bei Ersatzneubauten sollte es ein Verschlechterungsverbot geben, sodass Umwelt und Betroffene nach dem Neubau nicht stärker von Lärm oder Schadstoffen betroffen seien als vorher, erklärte NABU-Verkehrsexperte Dietmar Oeliger auf Anfrage. "Den aufwendigen und teuren Klageweg beschreiten Umweltverbände übrigens nicht aus Jux und Tollerei, sondern weil im Planungsprozess grobe Fehler unterlaufen sind. Diese Möglichkeit muss bestehen bleiben". Aus dem Gutachten Wenn es schnell gehen muss Aus "sachlich einleuchtenden Gründen" kann "ausnahmsweise auch eine erstinstanzliche Zuständigkeit eingeräumt werden". Zu diesen Gründen hat das Bundesverwaltungsgericht 2008 Entscheidungen gezählt, die von "überregionaler oder allgemeiner grundsätzlicher Bedeutung sind oder einer raschen endgültigen Klärung ihres Rechtsbestandes bedürfen".Aus: BVerwG, Urteil vom 9.7.2008 (9 A 14/07), zitiert nach Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestages vom 23. März 2015, Seite 4

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