Kein leichter Job

Ob überdimensionale Bühnencontainer für die Zauber-Brüder Ehrlich Brothers oder 200 Tonnen Ladung für das weltweit größte Gaswerk auf Ägyptens Schotterpisten - das Paderborner Unternehmen Universal Transport befördert alles, was voluminös und richtig schwer ist: auf der Schiene, auf Wasserstraßen, in der Luft und auf der Straße sowieso. Manche Aufgaben sind so spektakulär, dass sich Geschäftsführer Holger Dechant selbst nach Jahren an sie erinnert. Der Transport des einstigen tschechischen Staatsflugzeugs, der Tu-154, den Universal Transport vor drei Jahren in Tschechien organisieren und durchführen durfte, ist so ein Fall. "Dieses Flugzeug ist in Tschechien eine Legende", erklärt er. Mit der Tu-154 sei sogar Václav Havel in den 1990er-Jahren geflogen, als er Präsident der Tschechischen Republik war. "Und unsere Mitarbeiter durften die letzte Reise dieser Maschine - den Transport vom Militärflugplatz Prag-Kbly ins 400 Kilometer entfernte Luftfahrtmuseum Kunovice - organisieren", erzählt er sichtlich stolz. Über ein Jahr lang brauchte allein die Vorbereitung für die Überführung: angefangen bei der Planung der Streckenführung, des technischen Equipments und der Ladungssicherung bis zum Handling der zu beantragenden Sondergenehmigungen bei den Behörden. Die gesamte Strecke musste mehrfach hinsichtlich Durchfahrtshöhen und Kurvenradien vermessen werden. Alle Durchfahrten von Kreisverkehren oder ähnlichen Hindernissen wurden am Computer simuliert. Nichts ist schlimmer als ein Flugzeug, das im Kreisel feststeckt. Zwei Jahre brauchte es, bis Flugzeugliebhaber die Tu-154 so zerlegt hatten, dass die einzelnen Teile auf der Straße befördert werden konnten. Die Tragflächen mussten runter, ebenso die hinteren Ruder sowie die Turbinen und das Heckleitwerk. Doch selbst dann war der Transport nicht trivial. So war allein der Flugzeugrumpf über 40 Meter lang, 25 Tonnen schwer und hatte einen Durchmesser von knapp vier Metern. Einen Tag lang und zwei Nächte brauchte der 40 Meter lange Tieflader für eine Strecke von gerade einmal 400 Kilometern. "An bestimmten Stellen mussten wir wegen der Übermaße auf der Transportstrecke die Straßenbeschilderungen entfernen und die Oberleitungen von Straßenbahnen abschalten lassen", erzählt Dechant. "Das war ein grandioses Spektakel und für unser Unternehmen eine sehr schöne Werbung. Obwohl wir ja noch viel schwerere Lasten befördern können", schmunzelt er. Nicht umsonst laute das Firmenmotto "Don't worry, be heavy." Aufstieg zum Schwerlast-Marktführer Angefangen hat alles im Jahr 1953 mit dem Transport von Kies, Split und Sand für die Bauwirtschaft. Da gründeten die Brüder Heinrich und Joachim Michels das Unternehmen. Erst in den 1970er-Jahren, mit dem Eintritt der zweiten Generation der Gründerfamilie Michels, entwickelte sich Universal Transport zur Fachspedition für Großraum- und Schwertransporte. "Heute sind wir in diesem Segment laut dem Top 100 Logistik des Fraunhofer SCS sogar Marktführer in Deutschland", sagt Dechant. Und die Spedition erbringt noch für viele andere Branchen Lösungen: die Bauwirtschaft, den industriellen Maschinen- und Anlagenbau, die Windenergie, im Bereich Schienenfahrzeuge, Großfahrzeuge, Silo und Aero. Dechant selbst hatte mit Schwergut zunächst nichts am Hut. Stattdessen zog es den gelernten Speditionskaufmann und Absolventen der Deutschen Außenhandels- und Verkehrs-Akademie anfangs in "leichtere" Gefilde - erst in die Lebensmittellogistik, dann zu Meyer & Meyer in die Fashion-, später zu GLS in die Paket- und zuletzt zur Spedition Mönkemöller in die Stückgutlogistik. Als die beiden Universal-Transport-Geschäftsführer Markus Frost und Siegfried Witt bei Dechant vor 13 Jahren anfragten, ob er nicht als Geschäftsführer bei ihnen einsteigen wollte, musste er trotzdem nicht lange überlegen. "Wir drei kennen uns aus unserer Studentenzeit an der DAV. Das war sehr schnell Freundschaft. Aber natürlich hatte jeder von uns seine Stärken und Schwächen", sagt er. "Meine Welt ist ganz klar der Vertrieb. Ich bin quasi der Außenminister unserer Firma", lacht Dechant. Frosts Stärken seien das Controlling und die vor 2006 gegründeten Niederlassungen, während Witt der Libero sei, der das Basisgeschäft absichere, beschreibt er die Aufgabenverteilung. "Gemeinsam können wir als Geschäftsführer aber mehr bewegen als allein." Nicht umsonst wuchs der Umsatz von Universal Transport seit 2006 von rund 60 Millionen auf 175 Millionen Euro (2018) und die Mitarbeiterzahl stieg auf 750. Auch die Zahl der Standorte erhöhte sich in dieser Zeit deutlich und liegt heute bei zehn Standorten in Deutschland und insgesamt zwölf internationalen Standorten, etwa in Schweden, der Ukraine, der Türkei und Ägypten. "Diesen Erfolg wollen wir uns nicht ans eigene Revers heften. Spedition wird mit Menschen gemacht. Unseren Erfolg verdanken wir also jedem einzelnen Mitarbeiter", sagt Dechant. Denn gerade im Großraum- und Schwergut-Geschäft müssen sehr passgenau Lösungen entwickelt werden - im engen Zusammenspiel mit den Auftraggebern, vielen unterschiedlichen Behörden und Dienstleistern. Das Fachwissen der Mitarbeiter hat dabei absolute Priorität. Oder wie Dechant sagt: "Jeder Einzelne beherrscht sein eigenes Instrument. Und gemeinsam spielen wir eine Melodie." "Schwerlastlogistik als perfekte Symphonie" heißt es nicht umsonst plakativ auf der Internetseite der Spedition: In der Kurve richtig beschleunigt "Aber natürlich machen auch wir mal Fehler und schätzen einen Markt oder ein Geschäftsfeld vielleicht falsch ein", räumt Dechant unumwunden ein. "Das ist normal. Dinge ändern sich eben." Und da helfe nur eines: die Reißleine schnell ziehen und die Entscheidung schnell korrigieren. Vor zwei Jahren trat genau dieser Fall ein. Das Aufkommen der Windenergie, ein für Universal Transport wichtiges Geschäftsfeld, reduzierte sich in Deutschland massiv. Durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz, das die Bundesregierung in 2000 erlassen hatte, hatten die Windenergie und der Bau von Windkraftanlagen hierzulande einen Hype erfahren - vor allem nach der Nuklearkatastrophe von Fukushima. Universal Transport profitierte von dem Boom der Windenergie, auch weil die Spedition dank eines klugen Zukaufs in diesem Segment sehr schnell punkten konnte. "In Rumänien wurde in Sachen Windenergie damals so viel gebaut, dass die Heide wackelte", formuliert es Dechant. In 2017 dann der Rückgang: Mit dem Ende der staatlichen Förderung brach der Markt ein und damit das für Universal Transport so wichtige Standbein. "Wer aufbaut, muss auch abbauen", sagt er. Eine schwierige Phase. "Man ist ja auch nur Mensch." Am meisten habe in dieser Phase geholfen, "dass wir stets nach der Devise gehandelt haben: Nie von einem Kunden abhängig sein; nie von einem Mitarbeiter und nie von einer Branche", sagt Dechant. Sprich: Der dezidierte Branchenmix des Unternehmens habe sich bezahlt gemacht. "Mit der Windenergie brach uns zwar ein wichtiges Standbein ein. Aber wir hatten etliche andere Standbeine, die diesen Rückgang auffangen konnten." Immer offen für neue Lösungen Auch das entschlossene Handeln der Geschäftsführung trug seinen Teil dazu bei, dass Universal Transport auf Kurs blieb. "Als der Windenergie-Geschäftsbereich einbrach, haben wir in der Kurve richtig beschleunigt", erklärt Dechant. Konkret hieß das: Anstatt kleinere Brötchen zu backen, gab die Spedition richtig Gas und erschloss sich ein weiteres Mal ein neues Geschäftsfeld - wiederum durch eine Firmenübernahme. Die bisherigen Gesellschafter entschlossen sich ihre Anteile zu veräußern, um frühzeitig eine Nachfolgeregelung zu finden. Beide sind nach wie vor im Unternehmen tätig. So übernahm Universal Transport rückwirkend zum 1. Januar 2016 den Projekt- und Anlagenlogistiker Züst und Bachmeier Project mit Hafenanschluss in Nürnberg - inklusive diverser Büros im Inland sowie Vertretungen in Russland und Malaysia. "Wir sind immer auf der Suche nach neuen Lösungen. Und fallweise erschließen wir uns diese eben durch gezielte Zukäufe."Und wohin will man das Unternehmen mittelfristig steuern? "Technik und Innovation wird immer unsere Stärke sein", unterstreicht Dechant. "Wir müssen uns aber darauf einstellen, dass mittelfristig nicht mehr alles in Deutschland produziert wird." Sprich: Die Internationalisierung wird für Universal Transport in den nächsten Jahren weiter deutlich an Fahrt gewinnen. Auch deshalb engagiert sich die Spedition seit vielen Jahren in der Logistics Alliance Germany (LAG). In zwölf Ländern sind die Paderborner heute schon mit eigenen Niederlassungen präsent. "Aber insbesondere in Afrika spielt noch sehr viel Musik", verrät Dechant augenzwinkernd. "Wir sehen uns da gerade sehr aktiv um." Mehr zum Thema im Dossier "Schwertransporte" www.verkehrsrundschau.de/dossiers In Kürze "Schwerlastlogistik als perfekte Symphonie" - so präsentiert sich die Paderborner Unternehmensgruppe Universal Transport auf ihrer Homepage im Internet. Will heißen: Erfolgreiche Schwerlastlogistik beruht auf mehreren Komponenten. Welche zu dem Erfolg des Unternehmens in den vergangenen Jahren beigetragen haben, wird in dem Artikel dargestellt. Daten und Fakten Universal TransportGegründet wurde das Unternehmen Universal Transport 1953 in Paderborn von den Brüdern Heinrich und Joachim Michels. Heute zählt die Unternehmensgruppe zu den führenden Dienstleistern der Schwerlastlogistik. Eine Besonderheit ist die konsequente Spezialisierung auf mehrere Branchen, kurz der Branchenmix, auf Bauwirtschaft, Windkraft, Schiene, Industrie und Großfahrzeuge. Im vergangenen Jahr erwirtschaftete das Unternehmen mit 750 Mitarbeitern einen Gesamtumsatz von rund 175 Millionen Euro. eh

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