Käufer gesucht

"Der Verkaufswille im Transport- und Speditionsgewerbe ist im Moment sehr groß. Es gibt derzeit viele Inhaber kleinerer und mittlerer Betriebe, die über diesen Schritt nachdenken", sagt Josef Perisa, Vorstand der Transport- und Speditions-Kooperation Transcoop09. Aus vielerlei Gründen - etliche seien von der Coronakrise gebeutelt, andere plage der Fachkräftemangel und viele finden schlichtweg keinen Nachfolger. Gezielt den Firmenwert steigern Auf der anderen Seite stellt Perisa auch eine steigende Kaufbereitschaft fest. So nutzen Unternehmen, die gut durch die Pandemie gekommen sind, die Krise für einen Neuanfang und investieren gezielt - entweder um ihre Geschäftsfelder auszubauen oder aber um sich in bestimmten Regionen zu verstärken. "Der Zeitpunkt, sein Unternehmen verkaufen zu können, ist also derzeit gut", ist er überzeugt. Problematisch sei nur, dass viele Firmeninhaber mit dem Verkauf zu lange warten, weil sie sich nicht von ihrem Lebenswerk trennen können. Außerdem würden Mittelständler das Unternehmen häufig zu sehr um die Person des Inhabers herum organisieren. Sprich: Alle Entscheidungsmacht liegt in dessen Hand und es gibt weder eine zweite Führungsriege noch einen potenziellen Nachfolger, der unter einem neuen Inhaber Verantwortung übernehmen könnten. "Alles das drückt den Verkaufspreis", ist sich Perisa sicher. "Geschweige denn, dass sich das Unternehmen überhaupt verkaufen lässt." Umso wichtiger ist es, dass sich der Inhaber eines Unternehmens frühzeitig mit dem Thema Verkauf auseinandersetzt - am besten mit konkretem Fahrplan", rät Artur Spraul, Geschäftsführer der Unternehmensberatung ASG Consult in Stuttgart, die unter anderem bei Firmenverkäufen und -zukäufen sowie Nachfolgelösungen mit einem kompletten Transaktionsprozess begleitet (siehe Seite 28). Denn durch gezielte Maßnahmen lässt sich laut Spraul der Wert eines Unternehmens steigern und so ein höherer Verkaufspreis erzielen - Stichwort: "die Braut hübsch machen". Und da gibt es viele Hebel, an denen Unternehmen ansetzen können, betont er - auch in der Transport- und Speditionsbranche. Hilfreich sei es dafür auch, wenn sich ein Inhaber schon vor dem eigentlichen Verkauf Gedanken macht, an wen er überhaupt verkaufen wolle. Denn je genauer der Unternehmer den potenziellen Käufer vor Augen habe, unterstreicht der Berater, desto gezielter könne er die entsprechenden Maßnahmen einleiten, die den Wert des Unternehmens zu steigern helfen."Wesentlicher Faktor bei der Unternehmensbewertung ist aber immer die Ertragskraft des jeweiligen Betriebs", erläutert Berater Spraul. Diese müsse der Inhaber, mit betriebswirtschaftlichen Kennzahlen wie Ebit (Ergebnis vor Zinsen und Steuern), Ebitda (Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibung) und Cashflow hinterlegt, entsprechend dokumentieren können - sowohl auf die letzten drei bis fünf Jahre bezogen als auch perspektivisch für die nächsten drei bis fünf Jahre. Verkaufsargument ist auch die richtige Betriebsgröße. So lassen sich den Erfahrungen von Spraul zufolge im Transportund Speditionsgewerbe tendenziell Firmen größer 20 Millionen Euro Jahresumsatz leichter verkaufen als Betriebe mit bis sechs Millionen Euro Jahresumsatz, nennt er einen ersten groben Richtwert. Der Vorteil bei größeren Firmen ist eine ausgebaute Organisation mit einer zweiten Führungsebene. In dieser Branche spielen auch Logistikanlagen eine große Rolle bei der Wertermittlung. Unabhängig davon wirke sich eine breite und gute Kundenstruktur - am besten vertraglich gesichert - stets positiv auf den Wert einer Firma aus, weiß Spraul. Im Idealfall sei diese zudem in einer Nische tätig, in einem Geschäftsfeld, in dem sie nicht so leicht ersetz- und austauschbar sei. Auch auf die Mitarbeiterstruktur würden Käufer achten, ideal wäre ein Durchschnittsalter von 40 Jahren. Eine überalterte Belegschaft könne indes wertmindernd sein. Die richtige Methode zur Wertermittlung Ganz wichtig: Ein Unternehmer sollte nicht den Fehler machen, vor dem Verkauf seine Investitionen zurückzufahren, weil er sowieso aufhören wolle, rät Spraul. Stattdessen solle er bis zuletzt die Wirtschaftskraft seines Betriebs versuchen zu steigern, etwa durch attraktives Neugeschäft mit Kunden, das gezielte Erschließen neuer Wachstumsfelder und die Investition in neue Technologien und Fahrzeuge mit niedrigen Abgaswerten. Alles das wirke sich auf den Wert eines Unternehmens positiv aus und damit auch auf den Verkaufspreis. Wobei eines klar ist: Der Wert einer Firma lässt sich auf vielerlei Weise ermitteln, es gibt hier viele Methoden. Darauf verweist Bernd Müller, Vorstand des Beratungsunternehmens Sattler & Partner AG in Schorndorf, das Mittelständler beim Kauf oder Verkauf von Firmen berät. Müller zufolge ist in der Transport- und Speditionsbranche meist die Ertragswertmethode hilfreich. Um den Bruttowert einer Fima zu ermitteln, müsse man das nachhaltig erzielbare Ebit oder das Ebitda nur mit einem marktüblichen Multiplikator multiplizieren, erläutert er. Bei kleineren Betrieben, also unter 50 Millionen Euro Umsatz, liegt dieser Multiplikator im Transport- und Logistikgewerbe aktuell bei 5,5 bis 7,2, bei größeren Firmen bis 250 Millionen Euro Umsatz bei 6,6 bis 8,3. Von diesem Brutto-Unternehmenswert müssten dann nurmehr, vereinfacht formuliert, die Verbindlichkeiten abgezogen werden, um den Netto-Unternehmenswert zu ermitteln. Alles in allem macht Müller Unternehmen Mut, jetzt zu verkaufen, zumal die marktüblichen Mulitplikatoren derzeit nur unwesentlich niedriger seien als vor der Coronakrise, also im Jahr 2019. Sollte die Ertragskraft eines Unternehmens aber in 2020 coronabedingt gelitten haben, sollte vorab überlegt werden, wie damit im Verkaufsprospekt umgegangen wird, vor allem sollten aber Maßnahmen definiert werden, wie der Unternehmer schon im laufenden Geschäftsjahr und in den nächsten Jahren seine Ertragskraft wieder steigern wolle, rät Müller. Bleibt schlussendlich nur ein Haken: "Bei kleineren Transportbetrieben ist der Verkauf schwierig, weil sie oft nicht über wirkliche Firmenwerte verfügen, keine Kundenverträge bestehen." Darauf verweist Transcoop09-Vorstand Perisa. Mit der Folge, dass solche Betriebe einfach schließen - ohne Käufer, und die Mitarbeiter und Kunden von anderen Firmen gekauft werden, ohne dafür einen teuren Kaufpreis bezahlen zu müssen. Um solche Fälle zu vermeiden, bietet Transcoop09 Firmenschefs Unterstützung, die keinen Nachfolger oder Käufer finden. "Wir haben da die Erfahrung, die Expertise und das Personal, um solche Familienunternehmen - auch außerhalb der Transcoo09 - bei diesem Betriebsübergabe-Prozess zu begleiten", erläutert Perisa. "Das kann in klar definierten Teilprojekten sein und geht bis zur kompletten Geschäftsführung. Das machen wir, weil wir solche Betriebe erhalten wollen - notfalls führen wir sie mit einer anderen Firma zusammen. Es geht uns aber stets um den Erhalt einer Firma", betont er. Mehr zum Thema unter #Unternehmensführung www.verkehrsrundschau-plus.de/hashtag Wichtige Verkaufstipps: Wussten Sie, dass es den Verkaufspreis Ihrer Firma drückt, wenn Sie keine zweite Führungsebene eingezogen haben? Weitere wichtige Tipps, die jeder Inhaber gelesen haben sollte, bevor er sein Unternehmen verkauft, erfahren VR-Abonnenten kostenfrei im Online-Arbeitsportal der VerkehrsRundschau. Bernd Müller, Vorstand der Beratung Sattler & Partner AG inSchorndorf, sagt hier, was Mittelständler beim Verkauf ihrer Firma beachten sollten: www.verkehrsrundschau.de/plus/verkaufstipps. In Kürze Ein Unternehmen zu gründen und wettbewerbsfähig zu halten, kostet oft viele Jahre. Die Entscheidung, es zu verkaufen, fällt so mancher Firmenchef dagegen emotional und überstürzt. Wer indes einen guten Verkaufspreis für sein Unternehmen erzielen will, braucht einen genauen Fahrplan. Mehr dazu im Artikel. Checkliste für Unternehmer, die verkaufen wollen Aus welchem Grund soll das Unternehmen verkauft werden? Aus Altersoder sonstigen Gründen? Sollen nur Anteile oder das gesamte Unternehmen verkauft werden? Sollen die Vermögenswerte (Asset Deal) oder die Gesellschaftsanteile (Share Deal) verkauft werden? Zu welchem Zeitpunkt soll das Unternehmen verkauft werden? Welche Voraussetzungen sind für einen erfolgreichen Kauf/Verkauf zu erfüllen? Wie hoch ist der Unternehmenswert? Wie erziele ich einen möglichst hohen Kaufpreis? Ist dieser realistisch? Wie finde ich passende Käufer? Sind die potenziellen Käufer persönlich, fachlich und strategisch geeignet? Ist es sinnvoll, einen strukturierten Verkaufsprozess durchzuführen? Welche steuer- und zivilrechtlichen Aspekte gilt es, zu berücksichtigen? Welche Steuern fallen beim Verkauf an? Will der Unternehmer den Verkaufsprozess selbst leisten oder aber will er professionelle Unterstützung einholen? Quelle: ASG Consult Welche Fehler Firmenchefs beim Verkauf ihres Unternehmens vermeiden sollten Welche typischen Fehler machen Inhaber,die ihr Unternehmen verkaufen wollen? Wer seine Firma selbst gegründet, lange geführt und erfolgreich gemacht hat, hat meist überzogene, emotional aufgeladenePreisvorstellungen. Viele setzen den Wert ihrer Firma zu hoch an. Typischer Fehler ist auch, dass viele ihr Unternehmen zu stark auf ihre Person ausrichten, also keine zweite Führungsebene einziehen. Scheidet der Unternehmer aus, fehlt Know-how und die Firma verliert an Wert. Das wissen Käufer – was dann kaufpreismindernd wirkt. Ein Fehler ist auch, wenn sich der Inhaber keine Gedanken macht, wie es nach dem Verkauf mit ihm weitergeht, ob er etwa noch beratend für seine Firma tätigsein will oder für eine Übergangszeit als Geschäftsführer zur Verfügung steht. Und was ist der größte Fehler? Letztlich ist das der falsche Verkaufszeitpunkt, den der Inhaber wählt. Auch aus steuerrechtlicher Sicht kann das problematisch sein. So wissen viele nicht, dass der Inhaber einer Personengesellschaft beim Verkauf nur etwa halb soviel Steuern bezahlen muss, wenn er über 55 Jahre alt oder aber berufsunfähig ist – Hinweis: Für Kapitalgesellschaften gilt das nicht! Dieses Recht räumt der Fiskus einem aber nur einmal im Leben ein. Ist ein Inhaber also unter 55 Jahre und verkauft seine Personengesellschaft, zahlt er doppelt so viele Steuern. Was raten Sie vor diesem Hintergrund?Das Wichtigste ist, das Unternehmen fit zu halten und sich frühzeitig auf den Verkauf vorzubereiten, idealerweise mindestens drei Jahre vor dem geplanten Verkauf und am besten mit einem konkreten Fahrplan. In diesem sollte der Inhaber genau definieren, wie er die Ertragskraft seines Unternehmens stabil halten, idealerweise sogar steigern will und vor allem welche Maßnahmen er ergreifen will, um den Wert seines Unternehmens geplant zu steigern. Unabhängig davon sollte ein Unternehmer durch ein professionelles Controlling-System gut vorbereitet sein. Wenn der Verkauf konkretisiert werden soll, braucht es eine Unternehmensbewertung und ein Informations-Memorandum, in dem das Geschäftsmodell transparent dargestellt ist. In einem strukturierten Verkaufsprozess entsteht Wettbewerb unter den Interessenten. Damit kann für die Verkäuferseite das beste Ergebnis erzielt werden.

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