Ist Euro 6 doch ohne AdBlue möglich?

Ist Euro 6 doch ohne AdBlue möglich? Aktuell sorgt Scania mit Euro-5-Fahrzeugen ohne SCR für Furore – MAN folgt demnächst. Zulieferer Behr glaubt, einen Weg gefunden zu haben, auch Euro-6-Motoren mit Abgasrückführung (EGR) realisieren zu können. Zu Beginn der Euro-4-Ära hätte keiner geglaubt, Euro 5 mit Abgasrückführung (EGR) zu realisieren. Jetzt treten Scania und MAN den Beweis an, dass es geht. Und während die meisten Motoren-Experten noch eine Kombination von SCR und EGR für Euro 6 propagieren, hält es Kühlerhersteller Behr für möglich, auch ohne Harnstoff und SCR-Kat die strenge Schadstoffnorm zu erfüllen. Behr beliefert MAN und Scania Behr stellt sowohl für den EGR-Scania mit VGT-Lader und zweistufiger Abgasrückkühlung – als auch für den kommenden MAN mit Registeraufladung und Ladeluftzwischenkühlung die Kühler her. Als geeigneten Weg zu Euro 6 hat Behr die Niedertemperatur-Abgasrückführung ausgemacht. Grenzwerte und Einführungstermin für Euro 6 liegen noch nicht endgültig fest. Gegenüber Euro 5 wird es aber zu einer drastischen Reduzierung bei NOx und Partikeln kommen. Um Euro 6 zu erreichen, müssen die bekannten Euro-5-Technologien weiterentwickelt und ergänzt werden. Dazu gibt es drei Konzepte: • SCR mit einstufiger Ladeluftkühlung und Dieselpartikelfilter • Gekühlte EGR mit zweistufiger Aufladung und Zwischenkühlung plus Abgaskühlung via Hochtemperatur- sowie Niedertemperatur-Abgaskühlung • SCR plus AGR mit einstufiger Aufladung plus zweistufige Abgaskühlung mit Hoch- und Niedertemperatur-Stufe plus Dieselpartikelfilter SCR hat dabei ein Problem. Euro-6-Grenzwerte können nur schwer erreicht werden, weil der neue WHTC-Testzyklus (World Harmonized Transient Cycle) ein geringeres Drehzahl-/Lastniveau und damit ein niedrigeres Abgastemperatur-Niveau bedingt. Bei dem läuft die Harnstoff-Hydrolyse nicht sauber ab und auch der SCR-Kat springt nur schlecht an. Nötig wäre also ein besseres SCR-System mit 90 statt aktuell 75 Prozent Wirkungsgrad. Eine Möglichkeit Euro 6 zu erreichen, wäre die Kombination aus SCR und EGR. Doch diese Lösung ist groß, schwer, komplex und damit teuer. Behr favorisiert eine Abgasrückführung mit zweistufiger Kühlung sowie zweistufiger Aufladung mit Zwischenkühlung. Durch EGR wird der Sauerstoff in der Ansaugluft verringert. Geschwindigkeit und Temperatur der Verbrennung sinken, die NOx-Emissionen sinken deutlich. Außerdem verbessert die Abgaskühlung die Zylinderfüllung und verringert die thermische Belastung des Motors. Die zweistufige Kühlung kombiniert Hochtemperatur- und separate Niedertemperatur-Stufe. Nach der Kühlung gelangt das Abgas ins Saugrohr. Ein großer Vorteil der zweistufigen Abgaskühlung: Ein Selbstreinigungseffekt des EGR-Kühlers durch Kondensatbildung. Das Kondensat wäscht die Ablagerungen von den gasführenden Rohren. Neben dem Selbstreinigungseffekt führt die Kondensation mehr Wärme ab. Durch Verdunstungskühlung des Ladeluft-Abgasgemisches und die Verdampfungskühlung der Ansaugluft im Zylinder sinkt die Temperatur um etwa 10 Grad. Ein so starker Kühleffekt ist durch eine Verbesserung der Ladeluftkühlung nicht erreichbar! Das Abgaskondensat gelangt mit der Ansaugluft in die Zylinder, wo es in der Kompressionsphase verdampft. Durch den so entstehenden zweiten Kühleffekt steigt die Ansauglufttemperatur während der Kompression weniger stark an. Damit sinken die Verbrennungstemperaturen und gleichzeitig die NOx-Emissionen. Die bei Behr erreichten NOx-Werte liegen bei etwa 0,8 g/kWh – womit das Optimum noch nicht erreicht ist. Behr glaubt, den künftigen Euro-6-Grenzwert (ca. 0,7-0,4 g/kWh) unterschreiten zu können. Allerdings nur in Kombination mit zweistufiger Aufladung. Bis zu den ersten Praxiseinsätzen werden allerdings noch zwei Jahre vergehen. Dann dürften auch die ersten komplett neuen LKW auf der IAA stehen. ❙❚■ Gerhard Grünig

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