Interview der Woche

Karlheinz Schmidt geboren am 6. Januar 1952 in Königstein/Taunus, ist Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands Güterkraftverkehr, Lo-gistik und Entsorgung (BGL). Schmidt ist Honorarprofessor der Fachhochschule Heilbronn. Nachgefragt bei Interview der Woche Eine Lösung für den Fahrermangel? Suchen die Unternehmen seit dem 1. Mai verstärkt Fahrer in EU-Beitrittsländern? Nein. Viele der größeren Betriebe, die auf „preiswertes“ Personal und niedrige Standortkosten in den Beitrittsländern gesetzt haben, sind bereits mit einer Niederlassung in Osteuropa vertreten. Es gibt mit der neuen Regelung jetzt keinen Anlass, an dieser Strategie etwas zu verändern, die Niederlassung zu schließen und die Fahrer nach Deutschland zu holen. Was ist mit den Betrieben, die bislang noch nicht in den Beitrittsländern vertreten sind? Es wird sich der eine oder andere Fahrer in Deutschland bewerben, vor allem im grenznahen Raum. Aber das Potenzial dürfte relativ klein sein. Diese Fahrer werden genauso entlohnt wie die hiesigen und unterliegen deutschem Arbeits- und Sozialrecht. Fahrer sind wieder knapp. Eröffnet sich mit der neuen Regelung ein weiterer Pool für potenzielle Kandidaten? Es stimmt, Fahrer sind knapp. Seit Anfang des Jahres ist der Aufschwung jetzt endlich auch im deutschen Transportgewerbe angekommen. Teilweise stehen Fahrzeuge, weil keine Fahrer da sind. Daher sind geschulte Fahrer sicher willkommen. Das Handwerk und auch mittelständische Betriebe strecken selbst ihre Fühler in die EU-Beitrittsländer aus. Warum wird hier nicht auch das Transportgewerbe aktiv? Das funktioniert bei den meisten Unternehmen nur grenznah. Alles hängt auch mit der Größe der Unternehmen zusammen. Ein Durchschnittsbetrieb im Transportgewerbe hat acht Mitarbeiter. Wie soll da der Inhaber nach Tschechien oder Polen fahren und sich dort Fahrer holen, zumal wenn er der jeweiligen Landessprache nicht mächtig ist? Das klappt in der Regel nicht. Er kann dort allenfalls inserieren, ist dann aber auch darauf angewiesen, dass die Fahrer deutsch sprechen. Diese Fähigkeit ist in der Regel auch eine Notwendigkeit, um die Fahrer in Deutschland einzusetzen. Verpennt das Transportgewerbe eine gute Gelegenheit, weil andere Branchen jetzt schon in den EU-Beitrittsstaaten Personal suchen? Nein, wenn Sie qualifizierte Leistung anbieten wollen, brauchen Sie gute Fahrer und stehen nicht im Wettbewerb um gelernte Klempner oder Fliesenleger. Welche Risiken gehen die Unternehmen ein, wenn sie Fahrer aus den EU-Beitrittsstaaten holen? Es gibt Dienstleister, die osteuropäische Fahrer anbieten. Da haben wir gehört, dass die Ladung samt LKW schon mal verschwunden ist und nur gegen ein ordentliches Handgeld wieder freigegeben wurde. Würden Sie von einer Zusammenarbeit mit Personaldienstleistern generell abraten? Nein, die geschilderten Extremfälle sind sicher nicht die Normalität. Aber so, wie ich mir meine Mitarbeiter genau aussuche, so sollten die Unternehmen auch bei den Dienstleistern genau hinsehen, wie seriös diese sind. ❙❚■ Michael Cordes Arbeitnehmerfreizügigkeit Seit dem 1. Mai 2011 gilt in Deutschland die volle Arbeitnehmerfreizügigkeit. Dann können Bürger aus acht mittel- und osteuropäischen Mitgliedstaaten der EU uneingeschränkt in Deutschland arbeiten. Dafür ist jetzt keine Arbeitserlaubnis mehr notwendig. Für Arbeitnehmer aus Bulgarien und Rumänien gilt dies ab 2012, wenn Deutschland nicht einen Aufschub bis 2014 beantragt. cd um was es geht