Potsdam. Die Zahl der Schwertransporte steigt immer mehr an. Ein Grund dafür sind immer mehr Windkraftanlagen im In- und Ausland. Brandenburg gehört zur Spitze - als Nutzer, zunehmend aber auch als Hersteller. Und so erhöht sich die Zahl der Transporte für die sperrigen und schwergewichtigen Teile. Mehr als 50 Prozent aller Schwertransporte im Land kommen aus dieser Branche, berichtet die Polizei. Immer stärker wird Brandenburg laut Verkehrsministerium auch als Transitland belastet: Der Weg von West nach Ost führt seit langem durch die Mark, inzwischen gilt dies aber auch für die Nord-Süd-Tour.
„Im Westen dürfen immer weniger Autobahnstrecken für Schwertransporte genutzt werden, weil viele Brücken aus den 1970er Jahren marode sind“, benennt Wolfgang Gräßler von Landesbetrieb Straßenwesen in Brandenburg einen Grund dieser Entwicklung. „Dadurch verlagert sich viel auf den Berliner Ring.“
Die Bundesfachgruppe Schwertransporte (bsk) in Frankfurt beobachtet dies ebenfalls mit Sorge. „Weil einzelne Brücken nur für 40 oder 50 Tonnen zugelassen sind, sind Umwege auch über Bundesstraßen nötig“, sagt Geschäftsführer Wolfgang Draaf. Dadurch werden die Strecken deutlich länger - und führen immer öfter über den Berliner Ring A10. „Brandenburg ist ein Land mit einer sehr, sehr großen Dichte an Schwertransporten“, so Draaf.
Vor allem die Polizei im Land bekommt dies zu spüren: Um Unfälle zu vermeiden, müssen die Beamten die meisten Transporte begleiten. Von 2010 bis 2013 sei die Anzahl dieser Fahrzeuge um 25,9 Prozent gestiegen, berichtet Dietmar Keck, Sprecher von Brandenburgs Polizeipräsidium. Im vergangenen Jahr wurden 10.841 Transporte mit insgesamt 14 585 Fahrzeugen bei der Koordinierungsstelle für Großraum- und Schwerverkehr beantragt (2012: 10 289 Anträge). Seit
2010 sei die Anzahl der Anträge um fast 72 Prozent nach oben gegangen. „Die steigende Zahl der begleitpflichtigen Transporte belastet die Polizei des Landes erheblich“, so der Polizeisprecher. Im Durchschnitt werden - über die Schichten verteilt - täglich zwölf Streifenwagen mit je zwei Beamten für diese Aufgabe abgestellt.
„Auf das Jahr hochgerechnet bindet das immense Kräfte“, sagt Andreas Schuster, Landeschef der Gewerkschaft der Polizei. Die Beamten, die Schwerlaster absichern, fehlen andernorts. Angesichts weiter steigender Diebstahls- und Einbruchszahlen sowie einer hohen Grenzkriminalität stellt dies - zumal die Diskussion um die Polizeireform nicht abreißt - ein Problem für Innenminister Ralf Holzschuher (SPD) dar.
Entlastungsmöglichkeiten für die Polizei gesucht
Mit diesem steht er allerdings nicht allein da. Die Innenminister aller Länder suchen nach Möglichkeiten, die Polizei zu entlasten. Auf der Autobahn werden die Transporte zunehmend auch von privaten Unternehmen begleitet, berichtet Gewerkschafter Schuster. Spätestens an der Abfahrt geht es jedoch nicht ohne Beamte: „Straßen sperren kann nur die Polizei.“
Derartige Aufgaben auf Private zu übertragen, ist ohne eine Gesetzesänderung nicht möglich. Dies lehnen viele Bundesländer strikt ab. Eine Arbeitsgruppe soll Lösungsvorschläge erarbeiten. „Bislang kommen die Länder noch nicht auf einen Nenner“, sagt Gräßler vom Landesbetrieb Straßenbau. Er rechnet nicht mehr damit, dass ein Kompromiss noch in diesem Jahr gelingt.
Rund 2,5 Millionen Euro zahlt die Branche jährlich für die Begleitung der Schwertransporte, betont Draaf. Mindestens 100 Euro werden pro Einsatz abgerechnet, sagt Polizeisprecher Keck. Für jeden begonnenen Begleitkilometer berechnet die Behörde pro Fahrzeug 3,50 Euro.
Für die Abwicklung solcher Transporte nutzt Brandenburg seit mehreren Jahren ein bundesweit einheitliches Online-Verfahren (Vemags). Laut Landesverkehrsbetrieb Straßenwesen wurden seit dessen Betriebsstart 2007 bundesweit rund 1,5 Millionen Anträge bei den 1300 zuständigen Behörden gestellt. Allein im vergangenen Jahr waren es etwa 430.000. (dpa)