Heute schon für morgen rüsten

Nie mehr schwere Einkaufstüten schleppen - stattdessen lieber schnell das Smartphone zücken und sich die Ware frisch nach Hause liefern lassen. "Heute kann sich ein Endverbraucher über IceGuerialla.de seine eigene Eiscreme mixen und tiefgekühlt zur Party bringen lassen", beschreibt Dirk Engelhardt, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes Güterverkehr Logistik und Entsorgung (BGL) die neuen Anforderungen, vor die die Digitalisierung den Lebensmittelhandel und die temperaturgeführten Transportlogistik stellt. "Auf diesen neuen Individualisierungs-Trend müssen sich Transportdienstleister einstellen", ruft der BGL-Hauptgeschäftsführer den Unternehmen auf der Jahreshauptversammlung von Transfrigoroute Deutschland in Bad Brückenau zu. "Die Leute wollen nicht mehr einkaufen gehen. City-Logistik wird deshalb an Bedeutung zunehmen," ist Engelhardt überzeugt. Solche Nischenprodukte, betont der BGL-Chef, sollten deutsche Transporteure vor Augen haben und entsprechend auch in diese investieren. Endkunde ist Lieferketten-Regisseur Wie dramatisch die Veränderungen durch die Digitalisierung sind, zeigen auch die Ausführungen Volker Langes, Abteilungsleiter Verpackungs- und Handelslogistik vom Fraunhofer-Institut für Materialfluss und Logistik (IML). "Wir haben noch nie einen technologischen Wandel erlebt", betont er, "der sich in einer solchen Geschwindigkeit vollzieht - ob in der Automatisierung, Sensortechnik, der Robotik oder in puncto Internet der Dinge." Und diese neue Schnelligkeit rollt auch auf Transporteure in der temperaturgeführten Logistik zu. "Das Smartphone ist der Supermarkt für die Hosentasche. Zwischen Bedürfnis und Erfüllung ist es heute nur noch ein Klick", bringt Lange die Neuerung auf den Punkt. Dazu kommt, dass sich durch die Digitalisierung die traditionellen Lieferketten - vom Versender über den Händler und Endverbraucher - wandeln. "Der Endkunde ist der neue Regisseur der Lieferkette", formuliert es Lange. Er diktiere vermehrt, wann, wohin und in welcher Form die Ware geliefert werden soll. Die gute Nachricht ist: Das Fraunhofer-Institut für Materialfluss und Logistik will kleinere und mittlere Transport- und Logistikunternehmen bei ihrer Entwicklung von neuen Lösungen unterstützen. "Machen Sie also mit! Sprechen Sie mit dem IML", appelliert Lange an die Unternehmen. Der Staat habe dem Fraunhofer IML dafür Fördergelder zur Verfügung gestellt. Mehrwert für den Kunden Dass da was geschehen muss, unterstreicht auch Hubertus Kobernuß, Vorsitzender des Vorstands der Transfrigoroute Deutschland: "Wir stehen an einer neuen Schwelle: das ist die Digitalisierung. Das Transportgewerbe muss sich diesem Thema jetzt stellen", betont er. "Noch eine Generation damit zu warten, bringt nichts - auch wenn die Margensituation in unserem Gewerbe schwierig ist." So könnten Kühlspediteure in der Kühlkette Daten sammeln, die zeigen, wie es um den Zustand der Ware steht und wo es Risikopunkte gibt, nennt der Unternehmenschef der Kobernuss Spedition & Logistik Beispiele. "Das ist Prävention. Das ist Mehrwert, den wir unseren Kunden bieten können", sagt er. Daten sammeln, diese zu be- und zu verarbeiten und sie gegen Entgelt anderen zur Verfügung zu stellen, die diese Daten brauchen. "Das kann jedes Unternehmen - egal, ob groß oder klein", unterstreicht er. Letztlich sei es egal, ob ein Unternehmer Waren an seine Kunden verschicke oder Daten - denn auch dies sei eine logistische Dienstleistung. Noch aber steht die Branche mit solchen Projekten am Anfang, zeigen die Aussagen von Andreas Marquardt im Rahmen des Forums des FrigoClubs anlässlich der Transfrigoroute-Jahrestagung: "Wenn es Industrie 4.0 gibt, so gibt es eine Logistik 4.0 noch lange nicht. Der Weg in das Zeitalter Logistik 4.0 ist für das Verkehrsgewerbe noch sehr, sehr weit", formuliert es der Präsident des Bundesamts für Güterverkehr (BAG) und verweist auf Studien seines Hauses, die den Status quo und Auswirkungen der Digitalisierung im Güterverkehr und in der Logistik untersucht hatten. Demnach verfüge zwar heute fast jeder Betrieb über eine eigene Homepage, sagt Marquardt. Was aber die Nutzung von sozialen Medien wie Facebook, Xing & Co. angeht, sehe es laut Studie fallweise "sehr finster" aus. Dabei seien diese Medien, betont der BAG-Präsident, für die Gewinnung von Nachwuchs und Fachkräften eine große Hilfe. Positiv sei aber, dass Betriebe Identifikationstechnologien für das Tracking and Tracing nutzen. "Die Daten sind also da. Die Betriebe müssen sie nur nutzen", fordert Marquardt. Stichworte seien dabei Big Data und Data Mining. Jede Menge Aufgaben also, die auf die Betriebe warten. Mehr zum Thema finden Sie im Dossier "Frischelogistik" www.verkehrsrundschau.de/dossiers Hintergrund Der FrigoClub Anlässlich der diesjährigen Jahreshauptversammlung haben Transfrigoroute Deutschland (TD) und das Wochenmagazin VerkehrsRundschau den FrigoClub reaktiviert. Der FrigoClub greift aktuelle Themen der temperaturgeführten Transportlogistik auf und diskutiert diese gemeinsam mit Unternehmen der Branche sowie der Kühlfahrzeugindustrie. eh

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