Gute Presse, schlechte Presse

Der Brummifahrer, der hinter dem Lenkrad eingeschlafen ist, der sechsstündige Stau hinter dem umgekippten LKW und die Schlaglöcher, die die Nutzfahrzeuge hinterlassen. "Es gibt kaum Logistikmeldungen in der Presse und wenn, dann sind Sie negativ", stellt Carl Batisweiler fest. Dabei gebe es in der Branche spannende Geschichten zu erzählen, meint der leitende Redakteur der Wirtschaftszeitschrift "Börse online". Wie man die gut verpackt und Wirtschafts- wie Fachredaktionen verkauft, erfuhren die Teilnehmer der Fachkonferenz "Pressearbeit in Transport und Logistik", die die VerkehrsRundschau Mitte Juli veranstaltete. "Generell ist Logistik nicht sexy", sagt Batisweiler. Jeden Tag löscht der Journalist rund 200 Pressemitteilungen in seinem E-Mail-Postfach. "Sie müssen den faulen, überarbeiteten Redakteur dazu bringen, Sie sexy zu finden", rät er. Das mache gute Pressearbeit aus. Logistische Leistungen seien für die meisten Leser unsichtbar, fänden verborgen in Häfen und Hallen statt, erklärt der Journalist. Diese Themen in die Wirtschaftspresse zu bekommen, sei schwer und eine Herausforderung für die Pressestellen. Der Schrei vor Glück Claus Korfmacher, Leiter der Öffentlichkeitsarbeit bei Deutsche Post DHL, rät daher, Pressemitteilungen mit einem aktuellen Aufhänger zu versehen und kreative Ideen zu finden, um Journalisten die Unternehmensmeldung schmackhaft zu machen. Das helfe, sich als Unternehmen in den Medien zu platzieren. "Erklären Sie den Leuten zum Beispiel, wie das Paket an ihre Haustüre kommt, damit sie vor Glück schreien", rät Journalist Batisweiler. Denn mit dem neuen Südhub im Teilladungsbereich fessele man weder Redakteur noch Leser. Ein Unternehmen habe die Möglichkeit, proaktive oder reaktive Pressearbeit zu machen, also die Redaktionen anzusprechen oder nur zu reagieren, wenn Journalisten anrufen, erklärt Korfmacher. Er empfiehlt die proaktive Lösung. Damit die Pressemitteilungen nicht direkt im Papierkorb landen, kann es auch nicht schaden, einen guten Draht zu den Redaktionen zu haben. "Eine Stückgutspedition sollte wissen, welcher Redakteur bei einem Fachblatt für das Thema Stückgut zuständig ist", sagt VerkehrsRundschau-Korrespondent Björn Helmke. Er rät, eine Beziehung zu dem Fachredakteur aufzubauen und ihn hin und wieder mit Hintergrundinformationen zu locken, um den Kontakt zu pflegen. Auf Messen und anderen Branchentreffs kann man die Redakteure persönlich kennenlernen, aber auch ein Redaktionsbesuch sei möglich, verrät der Fachjournalist. Vorsicht sei allerdings geboten, wenn nach der Messe an der Hotelbar das Thema Anzeigen aufkomme. Es gelte, das eigene Unternehmen gut zu verkaufen, nicht den Redakteur zu kaufen. Werbung zu schalten, um im Gegenzug in einem Artikel erwähnt zu werden, verstoße gegen das Gesetz. "Die Trennung von Redaktion und Anzeigen ist fundamentaler Grundsatz des Medienrechts", erklärt Jana Semrau, Anwältin für Medienrecht bei der Hamburger Kanzlei Bird & Bird. Gebe es eine finanzielle Gegenleistung für einen Beitrag, der ein Unternehmen besonders herausstellt, sei das Schleichwerbung, warnt Semrau. Die verbiete das Wettbewerbsrecht. Redaktion und Werbung trennen Ein Wettbewerber könne dieses Vorgehen abmahnen und dann prüften die Richter genau. "Die Nennung der Internetadresse eines Herstellers kann das Gericht im Zweifelsfall schon als ein Indiz für Schleichwerbung gelten lassen", ermahnt die Anwältin. Es gebe allerdings die Möglichkeit, eine redaktionell aufgemachte Anzeige zu schalten, also Werbung, die dem Layout des Mediums entspricht. "Dann muss diese aber durch Worte wie ,Anzeige' oder ,Werbung' gekennzeichnet sein", erklärt Semrau. Hin und wieder gibt es auch den Fall, dass die Pressestelle den Journalisten gar nicht auf sich aufmerksam machen muss und er von sich aus anruft. Dann geht es häufig um die Themen, mit denen Unternehmen lieber nicht in der Zeitung stehen wollen: Unfälle, Insolvenzen, Stellenabbau. "In der Krisenkommunikation müssen die Pressestellen antworten", sagt DHL-Presseleiter Korfmacher. "Keine Antwort zu geben macht verdächtig." Hier zahle sich eine gute Vorarbeit aus: auch in der internen Kommunikation. "Wenn der nachfragende Redakteur mehr weiß als der Pressesprecher, zeichnet das nicht nur ein schlechtes Bild vom Unternehmen", mahnt Korfmacher. Die Presseabteilung könne dann auch nicht deeskalierend reagieren und zum Beispiel Missverständnisse aus der Welt schaffen. "Ein typischer Fehler vieler Pressestellen ist es, den nachfragenden Journalisten abzuwimmeln", berichtet Wirtschaftsredakteur Batisweiler aus der Praxis. Das mache nur neugierig und es drohe die Rache der Redaktion. Dann stehe in der Zeitung: "Vom Unternehmen war keine Stellungnahme zu bekommen". Der Journalist empfiehlt, es einfach offen zu sagen, wenn Interna nicht preisgegeben werden dürfen und auch den Grund zu nennen. In der Krisenkommunikation schnell zu reagieren, könne entscheidend sein. "Dabei gilt: Richtigkeit geht vor Schnelligkeit", sagt Korfmacher. Eine falsche Information verzeihe ein Journalist nicht so schnell und störe das Verhältnis nachhaltig. Wenn die negative Schlagzeile bereits in der Zeitung steht, sollte die Unternehmenskommunikation nicht den Kopf in den Sand stecken. Neben der klassischen Stellungnahme, die als Pressemitteilung an die Redaktionen geht, stehen Unternehmen im modernen Medienzeitalter noch weitere Instrumente zur Verfügung. "Soziale Medien bieten die Möglichkeit, unmittelbar und schnell auf Krisen zu reagieren", erklärt Martin Frommhold, Unternehmenssprecher bei Paketlogistiker Hermes. Twittern gegen Rassismusvorwurf Der Paketdienstleister habe diese Möglichkeit zum Beispiel genutzt, als die Mitarbeiterin eines Hermes-Shops einer Kundin ein Paket aufgrund ihrer Hautfarbe nicht aushändigen wollte. Das Unternehmen hat sich sofort bei der Kundin entschuldigt, als der Vorfall bekannt wurde. Zu diesem Zeitpunkt stand die Geschichte allerdings bereits in einer großen überregionalen Tageszeitung. Um Schadensbegrenzung zu betreiben, nutzte das Unternehmen Kanäle wie Twitter und Facebook, postete noch am selben Tag unter die Beiträge der Medien auf den Plattformen, dass bei Hermes kein Platz für Rassismus sei und man sofort reagiert habe. "Das kam ganz gut an", resümiert Frommhold. "Wir konnten damit Glaubwürdigkeit gewinnen". Und auch die Medien griffen das auf: "Am Folgetag meldete die Zeitung, dass wir uns mit einem Blumenstrauß entschuldigt haben", ergänzt der Pressesprecher. Er weist aber darauf hin, dass Social Media die traditionelle Unternehmenskommunikation nicht ersetzt. "Es ist immer nur ein Zusatztool", gibt er zu bedenken. Facebook und Twitter seien wichtig, aber nicht die eigentlichen Kommunikationstools. Sehr wichtig ist dagegen die eigene Präsenz im Internet: die Unternehmenshomepage. "Gerade Mittelständler sollten ihre Präsenz im Internet verbessern" rät Journalist Batisweiler. Der erste Schritt in der Recherche sei inzwischen oft das Googeln. "Ein Unternehmen, das bei Google nicht auf der ersten Suchseite steht, ist nicht relevant und wer nicht relevant ist, kommt nicht in die Zeitung", warnt er. Für Sichtbarkeit im Internet sorgen Um bei Google auf Seite eins zu landen, sollten Unternehmen daher Search Engine Optimization (SEO) betreiben. "Auch kleine Unternehmen können mit einfachen Mitteln dafür sorgen, ihre Sichtbarkeit im Internet zu verbessern", erklärt Sascha Dagustany, SEO-Spezialist bei der Verlagsgruppe Springer Fachmedien, in der auch die VerkehrsRundschau erscheint. Er rät, ein Keyword-Set, also eine Liste von Begriffen, zusammenzustellen, die das Unternehmen beschreiben und nach denen Kunden und Journalisten die Suchmaschine durchforsten würden. Diese Schlagworte sollten möglichst häufig auf der Website stehen. "Hier gilt es, Marketingsprache zu vermeiden und die Produkte und Dienstleistungen so zu nennen wie der Nutzer", rät der SEO-Experte. Auch sollten Unternehmen auf aussagekräftige Überschriften achten, die die Keywords enthalten. "Headlines dürfen aber nicht in Grafiken versteckt sein, dort kann sie Google nicht finden", mahnt Dagustany. Sein Tipp: Google selbst stellt eine "Einführung in die Suchmaschinenoptimierung" zum downloaden bereit. "Schon nach drei bis vier Wochen erhöhen sich die Klickzahlen deutlich", verspricht Dagustany. Mit diesen einfachen Methoden könne man zwar noch nicht das Optimum erreichen, aber es sei besser, als nichts zu tun. Wer Pressearbeit macht, braucht Geld Dieser Grundsatz bestehe generell in der Pressearbeit, sagt DHL-Pressechef Korfmacher. Dennoch gelte: Wer wirksame Pressearbeit machen will, braucht Geld. Eine einzelne Unternehmenssprecherin, die gleichzeitig noch die Mitarbeiterzeitschrift herausgibt und die Power-Point-Präsentationen für den Chef macht, findet keine Zeit, ausgefeilte Pressekampagnen zu entwerfen. "Es lohnt sich, Zeit und Geld in gute Pressearbeit zu investieren", sagt Korfmacher. Denn nur so erfahren Zeitungsleser am Ende nicht nur von den Schlaglöchern, die die Transportbranche hinterlässt, sondern auch, dass ohne den Südhub niemand vor Glück über sein Paket schreit. Seminar: Erfolgreich Pressemitteilungen schreiben Die Todsünden der Unternehmensmeldung Am Vortag der Fachkonferenz fand das Seminar "Erfolgreich Pressemitteilungen schreiben" statt. VerkehrsRundschau-Korrespondent Björn Helmke und Nachrichtenredakteur Dietmar Winkler gaben Presseverantwortlichen aus der Transport- und Logistikbranche Praxistipps, wie sie Pressemitteilungen schreiben, die in den Redaktionen Gehör finden.Das wichtigste Kriterium sei die Relevanz der Nachricht, erklärt das Expertenteam. Studien, neue Kundenprojekte, Verkäufe oder Insolvenzen seien interessant. Pressemitteilung über kleine Firmenfeiern, Rabattaktionen oder plumpe Eigenwerbung landeten dagegen sofort im Papierkorb.Eine gute Unternehmensmeldung sollte eine aussagekräftige, nachrichtlich formulierte Überschrift und einen Vorspann haben, der die Kernaussagen der Pressemitteilungen zusammenfasst, erklärt Helmke."Wir Journalisten lieben Zitate", sagt der Experte. Diese sollten aber aussagekräftig und nicht in Marketingsprache formuliert sein.Zu den Todsünden der Pressemitteilung gehören laut Winkler, wenn die Nachricht keinen oder einen ungenauen Betreff hat und er nach den ersten fünf Zeilen noch immer nicht weiß, worum es geht. Auch der übermäßige Einsatz von Superlativen sorge dafür, dass der Redakteur die Unternehmensmeldung eher beiseitelege. ks Diskussion: Wandel in der Medienlandschaft Twittern ersetzt die klassische Pressearbeit nicht Über den Wandel in der Medienlandschaft und dessen Konsequenzen für die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit diskutierten am Vorabend der Fachkonferenz Pressesprecher aus der Transport- und Logistikbranche mit Vertretern aus Fach- und Wirtschaftsmedien.Florian Martens, Leiter Globale Kommunikation bei Nutzfahrzeughersteller Daimler, vertrat die Meinung, dass das Internet und digitale Angebote die Printmedien nicht verdrängen, sondern als zusätzliche Kanäle hinzukommen. Für Pressestellen wie auch für Redaktionen bedeute das, dass auch sie mehrere und vor allem schnellere Kanäle bedienen müssen; bei gleichbleibender oder sogar kleinerer Mannschaft. "Man merkt in der Zusammenarbeit, dass die Zeit bei Journalisten immer knapper wird", sagte Kirsten Willenborg, Leiterin PR und Marketing bei Logistikdienstleister Hellmann. Aber auch die Pressestellen müssten mehr leisten. Pressemitteilungen schreiben und Fragen beantwortenreiche nicht mehr aus. "Wir haben uns bisher bewusst gegen Social Media entschieden. Wenn, dann wollen wir das richtig machen und da fehlt es noch an den nötigen Ressourcen", erklärte Willenborg.Twitter und Co. habe für Journalisten ohnehin wenig Nutzen, sagte Susanne Frank aus der Wirtschaftsredaktion des Magazin "Focus". Auch Blogs seien zwar ein gutes PR-Instrument oder für die interne Kommunikation eines Unternehmens geeignet, sagte Rainer Mihr, Chefredakteur der Fachzeitschrift "Lebensmittel Praxis". Journalistisch gesehen seien sie aber wenig relevant. ks