Von Januar bis einschließlich Juni hatte die Bundespolizei 45.338 unerlaubt eingereiste Menschen registriert. Das sind deutlich mehr als im ersten Halbjahr 2022. Damals waren 29.174 Menschen aufgegriffen worden, die nicht die erforderlichen Visa, Aufenthaltstitel oder Ausweispapiere vorweisen konnten.
Angesichts der relativ hohen Zahl unerlaubter Einreisen werden die Rufe nach Kontrollen in weiteren Grenzabschnitten lauter. „Die irreguläre Migration droht besonders an der Grenze zu Polen und Tschechien aus dem Ruder zu laufen“, warnte die stellvertretende Vorsitzende der Unionsfraktion, Andrea Lindholz, am Freitag den 28. Juli. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) dürfe „nicht länger wegschauen“, fügte die CSU-Innenpolitikerin hinzu.
Eigentlich gibt es im Schengen-Raum keine Grenzkontrollen. In den vergangenen Jahren haben aber mehrere Staaten eine Ausnahmeregelung genutzt und teilweise Grenzkontrollen eingeführt. Deutschland kontrolliert seit Herbst 2015 in Bayern an der Grenze zu Österreich.
Bei der EU notifizieren kann solche Kontrollen nur die Bundesinnenministerin. Faeser lehnt stationäre Kontrollen an der Grenze zu Polen und Tschechien bislang ab. Sie hat aber gewarnt, sollte man bei einer verlässlichen Registrierung von Asylbewerbern an den EU-Außengrenzen nicht vorankommen, bestehe Gefahr für den Schengenraum mit offenen Binnengrenzen.
Gewerkschaft der Polizei schlägt flexible Kontrollen vor: Schleusern das Handwerk legen
Mit Blick auf Äußerungen der Gewerkschaft der Polizei (GdP), sagte Lindholz: „Ich begrüße ausdrücklich die neue Haltung der GdP, lageangepasste Grenzkontrollen an der gesamten deutschen Ostgrenze in Brüssel notifizieren zu lassen.“
Der GdP-Bundesvorsitzende Jochen Kopelke hatte nach einem Treffen mit den CDU-Innenministern von Brandenburg und Sachsen, Michael Stübgen und Armin Schuster, diese Woche vorgeschlagen, die gesamte deutsche Ostgrenze notifizieren zu lassen, um dort „ein System der flexiblen Kontrollen an wechselnden Schwerpunkten wie in Frankreich zu ermöglichen“.
Dadurch könne kurzfristig, mobil, und an wechselnden Schwerpunkten kontrolliert werden. Flächendeckende stationäre Grenzkontrollen seien nicht das Mittel der Wahl.
Kopelke verwies zudem auf die hohe Arbeitsbelastung der Bundespolizisten. Er betonte, eine stärkere Polizeipräsenz sei erst möglich, wenn die Haushalte spürbar nachgebessert würden. „Die Polizei darf keine Kriegsflüchtlinge aufhalten, aber muss die kriminellen Schleuser jagen und dingfest machen“, sagte Kopelke.
Politiker: Voraussetzungen für Option der Herbstkontrollen sind jetzt zu legen
Die Innenminister von Sachsen und Brandenburg, Armin Schuster und Michael Stübgen, hatten bei einem Arbeitstreffen, bei der auch die GdP dabei war, ihre Forderung zur Einführung von Grenzkontrollen neben den bestehenden Schleierfahndungen der Bundespolizei erneuert. Die Weichen dafür, dass Grenzkontrollen im Herbst bei voraussehbar weiter steigenden Zahlen überhaupt umgesetzt werden können, müssten jetzt gestellt werden, sagten die beiden CDU-Politiker laut Mitteilung vom 28. Juli bei dem Arbeitstreffen am Vortag in Dresden.
An dem Gespräch hatten die Bundes- sowie die jeweiligen Landesvorsitzenden der Gewerkschaft der Polizei teilgenommen. Sie alle teilten die Sorge um die sich zuspitzende Lage an der Grenze, hieß es. „Um für die Monate mit stark steigender illegaler Migration im Herbst ausreichend vorbereitet zu sein, muss spätestens jetzt die Option für Grenzkontrollen geschaffen werden“, sagte Schuster.
Deren Einführung müsse die Bundesinnenministerin in Brüssel notifizieren lassen und mit den Nachbarstaaten abstimmen, was ungefähr einen Monat dauere. „Wann die Grenzkontrollen dann tatsächlich eingeführt würden, wäre damit noch nicht beschlossen - aber wir sind ab September handlungsfähig und könnten sie einführen, wenn es notwendig wird.“