Düsseldorf/Neuenstein. Der Paketzusteller GLS hat die Vorwürfe des Enthüllungsjournalisten Günter Wallraff über eine Ausbeutung von Boten zurückgewiesen. Es handele sich bei dem Beitrag um eine „einseitige und verkürzte Berichterstattung“, erklärte das Unternehmen am Donnerstag im hessischen Neuenstein.
In der Paketbranche stießen die Vorwürfe Wallraffs auf ein geteiltes Echo. „Wir kennen die Probleme, die die Branche hier hat“, sagte der Sprecher der Deutschen Post, Dirk Klasen. „Im Bereich der Subunternehmer gibt es einen harten Wettbewerb.“ Trotz vieler Missstände in der Branche sei die Arbeit des Paketnetzwerks DHL aber auf einem „absolut vorzeigbaren Niveau“, sagte Klasen. Bei der Fremdvergabe von Aufträgen seien letztlich die Subunternehmer dafür verantwortlich, ihre Fahrer angemessen zu entlohnen.
„In diesem System ist etwas nicht in Ordnung“, sagte der Sprecher des Paketverbands Hermes, Thomas Voigt, in einer Diskussionsrunde mit Wallraff bei „stern TV“ am Mittwochabend. Voigt kündigte Verbesserungen für die Hermes-Paketfahrer an. „Wir sind bei Hermes grundlegend dabei, das ganze System umzubauen. Wir werden die Bezahlung pro Paket abschaffen und einen Stundenlohn einführen.“ Die Hauptkritik Wallraffs gilt GLS, aber auch den Missständen in der Branche allgemein.
Täglich 15 Stunden Pakete schleppen, Hektik, Schlafmangel, gefährliches Einnicken hinterm Steuer, keine Pause - und am Monatsende doch nur 1200 Euro brutto. Alltag in der wachsenden Paketbranche, sagt die Gewerkschaft Verdi. „Wir haben es mit der Prekarisierung einer Branche zu tun. Von 50.000 Beschäftigten arbeiten 35.000 zu Sklavenbedingungen wie im Mittelalter“, sagt Verdi-Experte Wolfgang Abel. Die Reportage von Enthüllungsjournalist Günter Wallraff schildere keine Ausnahmefälle, sondern zeige „die traurige Realität“. (dpa/bw)