Freunde der Bahn

Das hört im Güterverkehr nicht unbedingt jeder mit Freude: "Der Bund setzt eine klare Priorität für den Verkehrsträger Eisenbahn im europäischen Jahr der Schiene", sagte Enak Ferlemann. Der parlamentarische Staatssekretär beim Bundesverkehrsminister zog in einem Pressegespräch Mitte August Bilanz in seiner Rolle als Beauftragter der Bundesregierung. 2022 soll erstmals mehr Geld in die Schiene statt in die Straße fließen, verkündete er stolz. Ein Verkehrsträger, auf dem 2020 18,2 Prozent der Güterverkehrsleistung erbracht wurden, erhält also mehr finanzielle Mittel als die Straße, die sich für 72,5 Prozent der Güterverkehrsleistung verantwortlich zeigt. "Bahnfreundlichster" Koalitionsvertrag Aber dazu hat der CDU-Politiker Ferlemann ja auch die 2018 neu geschaffene Aufgabe als Bahnbeauftragter übernommen: etwas für die Schiene zu bewegen. Und das ist ihm zumindest nach seiner Darstellung gelungen. Das fing schon mit dem 2018 beschlossenen Koalitionsvertrag an. Das war der "bahnfreundlichste der letzten Jahrzehnte", heißt es im Bericht "Umsetzung der Vereinbarungen zum Schienenverkehr aus dem Koalitionsvertrag 2018", den das Bundesverkehrsministerium im August veröffentlicht hat. Wobei in dem Pressegespräch deutlich wurde, dass dem Personenverkehr mehr Aufmerksamkeit geschenkt wird. Dennoch gab es seit 2018 auch viele Aktivitäten im Schienengüterverkehr. Herauszuheben ist der Masterplan Schienengüterverkehr. Nicht nur, weil darin die Absenkung der Trassenentgelte von Mitte 2018 bis Mitte 2023 beschlossen wurde. In dem Plan wurden weitere Maßnahmen festgehalten, mit denen die Verlagerung von Transporten von der Straße auf die Schiene forciert werden soll. Die Bildung eines Netzes für 740 Meter lange Güterzüge oder die Automatisierung und Digitalisierung der Abläufe im Schienengüterverkehr sind ein paar Beispiele dafür. All die Maßnahmen umzusetzen kostet Geld, das auch bereitgestellt wird: "Insgesamt fließen in diesem Jahr über 25 Milliarden Euro in die Schiene. Ab 2022 übersteigen die Bahninvestitionen dann erstmals die Mittel für die Straße - das hat es so noch nie gegeben", hielt Ferlemann fest. Langfristig verfolgt die aktuelle Regierung ehrgeizige Pläne. "Die Zielstellung ist es, den Güterverkehr auf der Schiene im Modal-Split bis 2030 auf mindestens 25 Prozent zu bringen - wenn es geht, auf 30 Prozent", sagte Ferlemann. 25 Prozent Marktanteil der Bahn bis 2030 Eine weitere Maßnahme, um dieses Ziel zu erreichen, ist der Deutschlandtakt. Das ist ein Fahrplan, der bislang vor allem im Personenverkehr diskutiert wird und feste Abfahrtszeiten zwischen den Bahnhöfen vorsieht. "Das betrifft den Nah- und Fernverkehr und den Güterverkehr: Alle sind gleichrangig und bekommen ihre jeweiligen Trassen", betonte Ferlemann. Doch um einen solchen Fahrplan bis 2030 umsetzen zu können, müssen entsprechende Kapazitäten zur Verfügung stehen. Daher hat das Bundesverkehrsministerium 180 weitere Maßnahmen vorgeschlagen, mit denen es gelingen soll, diese Mehrverkehre im Schienennetz abzuwickeln. Dennoch gibt es auch skeptische Stimmen in der Branche, die einen Bahnanteil von 25 Prozent beim Modal-Split im Schienengüterverkehr für 2030 für nahezu ausgeschlossen halten. Zum einen, weil der Modal-Split der Bahn zwischen 2010 und 2020 nicht mal um zwei Prozentpunkte gestiegen ist. Nun soll der Anteil in neun Jahren um das Dreifache steigen: um etwas mehr als sechs Prozentpunkte. Zum anderen ist damit zu rechnen, dass die Bahn in den kommenden Jahren beim Massengut aufgrund des Kohleausstiegs spürbar Mengen verlieren wird.Von der VerkehrsRundschau auf diese schwierige Ausgangslage angesprochen, blieb Ferlemann bei der Zielvorgabe: "Wir halten das Ziel 25 Prozent für realistisch", so der Bahnbeauftragte. Die EU strebe bis 2030 ja sogar 30 Prozent an. "Es stimmt, die Massengüter werden zurückgehen", gestand er ein. Dafür geht er davon aus, dass die Containerisierung für ein erhebliches Wachstum sorgen werde. Und was mögliche Engpässe beispielsweise bei den Terminals betrifft, setzt er die Hoffnung auf Schnellumschlaganlagen wie die in Lehrte. Das erst in diesem Jahr ans Netz gegangene Terminal ermögliche den Umschlag nicht nur von Straße zur Schiene, sondern auch von Zug zu Zug. "Das dürfte die Zukunft sein", sagte Ferlemann. Zudem müsse die Bahn in die Lage versetzt werden, in Konkurrenz zum Lkw fahren zu können. "Das kann sie. Auf mittleren und längeren Strecken ist die Bahn voll konkurrenzfähig", so der Staatssekretär. Digitale automatische Kupplung kommt Eine Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit erwartet Ferlemann auch mit Einführung der digitalen automatischen Kupplung. Hier zeigte er einen Zeitplan auf: Derzeit laufe die Erprobung der verschiedenen Systeme. "Im Laufe des Jahres 2023 rechnen wir mit einer Einigung in Europa auf ein bestimmtes System, sodass 2024 mit der Umsetzung begonnen werden kann", sagte der Politiker. Er hofft, dass dann 2030 die automatische Kupplung flächendeckend in Europa im Einsatz ist. Mehr zum Thema finden Sie unter #RailcargoKV www.verkehrsrundschau-plus.de/hashtag In Kürze Der Schienengüterverkehr rückt immer mehr in den Fokus der Politik. Der Staatssekretär beim Bundesverkehrsminister, Enak Ferlemann, zieht eine positive Bilanz zum Schienenverkehr in der letzten Legislatur-Periode und will in den kommenden Jahren deutlich mehr Güter von der Straße auf die Schiene verlagern.

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