Paris. Ein „Hauch von '68" liegt derzeit über Frankreich. Die Streikbewegung gegen die Rentenreform weitet sich aus und geht mittlerweile von den Dockern in den Seehäfen über die Eisenbahner und das Raffinerien-Personal bis hin zu den Gymnasiasten des Landes. Ab Dienstag, 12. Oktober, wird sich andererseits zeigen, ob die Basis den Aufrufen der Gewerkschaften zu jeweils von einem Tag auf den anderen verlängerbaren Streiks zu folgen bereit ist oder nach mehreren vorangegangenen Ein-Tages-Ausständen eher resigniert hat. Hierauf spekuliert die Regierung und hofft, die Reform ohne weitere Zugeständnisse auch durch die Zweite Kammer, den Senat, bringen zu können.
In der Hauptstadt ist der Streikbeginn auf Montag, 22 Uhr 30, festgelegt. Landesweit wird auch bei der Staatsbahn SNCF gestreikt, wodurch erfahrungsgemäß am stärksten der Gütertransport beeinträchtigt wird. Im Luftverkehr sind von dem Streik die Pariser Flughäfen und die Flugsicherung betroffen. Für den maritimen Transport hat die entsprechende Gruppierung der in den Häfen führenden Gewerkschaft CGT zu einem unbegrenzten Streik aufgerufen. Es sei zu befürchten, daß durch die Rentenreform die bisher in dem Bereich geltenden vorteilhaften Regelungen beeinträchtigt würden, verlautete aus der Zentrale. Um ihre vergleichbaren speziellen Rentenprivilegien fürchten auch die Bahnbediensteten.
Zu Ausständen könnte es ebenso bei einigen Autobahnbetreibern und Straßengütertransporteuren kommen. Streikaufrufe bestehen ebenso für die Energiewirtschaft und sämtliche Raffinerien des Landes. Die Zufahrten zu den strategisch besonders wichtigen Rohöl- und Chemikalienlagern bei Marseille-Fos sind inzwischen blockiert. Einbezogen in die Aufrufe sind auch die Staatspost, France Télécom, das staatliche Fernsehen sowie die Automobilindustrie.
Vor Marseille auf Reede lagen am Freitag 51 Frachter, darunter 13 mit Öl beladene. In Frankreichs größtem und ebenso den 6 anderen Seehäfen richtet sich der Ausstand auch gegen die Umsetzung der neuen Hafenreform. (jb)