Paris. Die französische Staatsbahn SNCF hat nach einer Meldung der Presseagentur AFP für das nächste Jahr den Abbau von 1400 Stellen angekündigt, das entspricht einem Prozent des Gesamtpersonals. Am stärksten betroffen sein werde der Fahrbetrieb. Schon im Budget des jetzt zu Ende gehenden Jahres hatte das Unternehmen 1100 Stellen gestrichen. Seit 2003 wurden mehr als 25.000 in Rente gegangene Beschäftigte nicht mehr durch neue ersetzt. Bis 2017 will die Bahn mehrere Hundertmillionen Euro einsparen.
Die Bahngewerkschaften weigerten sich, auf der letzten Sitzung des SNCF-Zentralkomitees eine Stellungnahme zum Budgetentwurf der seit August gesetzlich eingerichteten Instanz „Groupe Public Ferroviaire“ (GPF) für 2016 abzugeben, in welchen der neuerliche Stellenabbau festgeschrieben ist. Die entsprechenden Unterlagen seien ihnen zu spät zur Einsicht und Kommentierung vorgelegt worden. Außerdem herrsche Unklarheit über das mittelfristige Bahn-Engagement des Staates.
SNCF Fret stark betroffen
Kritisiert wird ferner, dass von den Personaleinsparungen „einmal mehr“ die Frachtsparte Fret SNCF betroffen sei, auf die allein 450 Streichungen entfallen sollen. Gleichzeitig stocke die Bahn den Haushalt für ihre US-Tochter OHL auf, ein auf die Straße spezialisiertes Tochterunternehmen des Konzernbereichs Geodis. Dies stehe in Widerspruch zu den erst unlängst gefassten Beschlüssen der internationalen Umweltkonferenz COP 21. Das gelte ebenso für die in diesem Jahr im Rahmen der „loi Macron“ vollzogene Liberalisierung des Personentransports mit Bussen. Statt einer Ergänzung zum Bahnangebot führe sie zu einer verschärften Konkurrenz mit der Schiene und dazu, dass landesweite und regionale Bahnlinien aufgegeben würden.
Im nächsten Jahr könnte es sehr bald zu einem neuen Eisenbahnerstreik in Frankreich kommen, fürchten Beobachter. Grundlage für die dann fälligen neuen Verhandlungen mit den Gewerkschaften sei ein von der Arbeitgeberseite in Auftrag gegebenes Gutachten. Diesem zufolge könne die Bahn ein Drittel ihres jetzigen Personalbestandes streichen, wenn das spezielle „statut de cheminot“, welches das privilegienreiche Eisenbahnerstatut festschreibt, nicht mehr existieren würde. Kernpunkt des „heißen Eisens“ bei SNCF ist die bis zum 1. Juli 2016 verbindlich zu vereinbarende Arbeitszeitreform, wie sie das Gesetz zur Bahnreform vorschreibt. Im Frachtsektor könnten mit einem privatwirtschaftlichen Statut 30 Prozent der Beschäftigten eingespart werden. Das Papier verweist auf das Beispiel des Schienenverkehrs in Deutschland. Dort gebe es zwischen den neuen Akteuren und Deutsche Bahn keine signifikanten Unterschiede hinsichtlich der Statuten. (jb)