Flüssiges Bauteil

Umweltschutz und die Reduktion der Abgasemissionen werden auch in Zukunft bei der Entwicklung von LKW-Motoren und Antriebsträngen eine entscheidende Rolle spielen. Damit einhergehend müssen auch die Schmierstoffe entsprechend verbessert werden. Obwohl die ACEA (Association des Constructeurs Européen d'Automobiles) als größter gemeinsamer Nenner die verschiedenen Hersteller-Anforderungen vorgibt, geht der Trend hin zu spezifischen Produkten, die an die jeweiligen LKW-Hersteller angepasst sind. Zur Einhaltung der nochmals verschärften Limits der Abgasnorm Euro 6 müssen die LKW-Produzenten erheblichen Aufwand betreiben, der nicht nur die Abgasnachbehandlung betrifft, sondern sich auch innermotorisch auswirkt. Ein wesentlicher Baustein sind damit auch die sogenannten "Low SAPS"-Motoröle (auch Low-Ssh-Motoröle). Da sie besonders arm an Sulfatasche sind, sollen sie die Gefahr eines verstopften Diesel-Partikelfilters durch Verbrennungsrückstände zuverlässig verhindern. Auch ihre Phosphor- und Schwefelanteile wurden deutlich zurückgenommen, was eine erhöhte Lebensdauer des Katalysators zur Folge hat. Da Motorenöl heutzutage als Konstruktionselement eingestuft wird, geben die Motorenhersteller für die Entwicklung der Schmierstoffe in einem Lastenheft die relevanten Parameter wie Kraftstoffverbrauch, Emissionen und vieles mehr vor. Hieran muss das Öl-Baumuster sukzessive an Hand des Anforderungsprofils entwickelt und getestet werden. Das ist mittlerweile ein ziemlich aufwendiger und langwieriger Prozess, der eine enge Abstimmung zwischen Schmierstoff- und LKW-Hersteller voraussetzt. Die Freigaben sind wichtiger denn je "Weil die strengen Grenzwerte der Euro- 6-Norm nur noch mit diesen speziellen Motorölen zu erreichen sind, schreiben die Fahrzeughersteller ihre Verwendung zwingend vor", erklärt Karsten Jäger, zuständig für Marketing und Kommunikation bei der Deutschen Castrol Vertriebsgesellschaft mbH aus Hamburg. Werden Motorenöle mit niedrigerem Leistungsniveau und minderer Qualität eingesetzt, können die Grenzwerte für den Schadstoffausstoß nicht eingehalten werden. "Auch sind dann Motoren und Abgasnachbehandlungssysteme gefährdet. Ihre Funktion wird eingeschränkt, es drohen Schäden und wesentlich höhere Standzeiten", ergänzt Sven Köhler, Produktmanager im Bereich Automotive bei der Addinol Lube Oil GmbH aus Leuna. Für Fuhrparkmanager und Spediteure bedeutet dies zu allererst, dass bei einem Ölwechsel streng auf die Vorgaben des Fahrzeugherstellers geachtet werden muss. Vor allem bei einem gemischten Fuhrpark kann dies bedeuten, dass zwei oder mehrere verschiedene Motoröle vorgehalten werden müssen. Um hier die Kosten niedrig zu halten, kann jedoch durch gezielte Betrachtung des Fahrzeugbestands, der Fahrprofile und auch der Länder, in denen die Fahrzeuge unterwegs sind, zusammen mit den Motorölherstellern eine passende Auswahl an Schmierstoffen getroffen werden. Wo und wie man mit teureren Ölen spart Hier ist, wie Exxon-Mobil auf Anfrage wissen lässt, zunächst die Ölqualität von höchster Bedeutung, denn sie ermöglicht die volle Ausnutzung der von den LKW-Herstellern vorgeschriebenen Ölwechselintervalle. In Folge können so die laufenden Kosten für Motorenöle und die entsprechende Altölentsorgung reduziert werden. Zudem bietet der Markt Motoröle, die ein relativ breites Band an Herstellerfreigaben abdecken. Obwohl solche Öle mehr kosten, amortisieren sie sich vor allem bei gemischten Fuhrparks sehr schnell, da sich mit ihnen zum einen Lagerkosten senken lassen, zum anderen die Gefahr von Öl-Verwechslungen, die zu teuren Motorschäden führen können, reduziert werden kann. "Einige dieser Öle sind zudem auch nach unten kompatibel, sodass sie auch in Euro 3-, 4- und 5-Fahrzeugen verwendet werden können", weiß Sven Köhler von Addinol. Daneben müssen moderne Low-SAPS-Motoröle die Vorgaben der ACEA 2012 hinsichtlich höherer Motorensauberkeit (Ablagerungen im Brennraum) erfüllen. "Neben einer besseren Verbrennung und damit verbundenen CO2-Emissionsreduzierung ist hiermit auch eine Kraftstoffeinsparung verbunden", erläutert Oliver Kuhn, stellvertretender Laborleiter Schmierstoffe bei Liqui Moly in Ulm. Hinzu kommen Leichtlaufviskositäten, die Reibungsverluste minimieren und den Kraftstoffverbrauch nochmals reduzieren. "Bei einem um nur durchschnittlich ein Prozent reduzierten Kraftstoffverbrauch kann so ein durchschnittlicher Speditionsunternehmer deutlich Spritkosten einsparen", ergänzt Alexander Hornoff, Leiter Technik bei der Motul Deutschland GmbH. Auch das Nachfüllen von Motoröl während einer Tour will vor diesem Hintergrund logistisch durchdacht sein. Da die Motoren spezifische Öle benötigen, diese jedoch meist bei Tankstellen oder Autohöfen nicht erhältlich sind, muss der Fahrer, um Motorschäden zu vermeiden, immer einige Liter "seines" Motoröls mit an Bord haben. Dieses Problem haben auch die Motorölhersteller erkannt und bieten daher, wie zum Beispiel Liqui Moly, spezielle 5-Liter-Nachfüll-Öl-Gebinde in Low-SAPS-Qualität an. Die hohen Anforderungen an die Motoröle spiegeln sich auch im Kaufpreis wider. "Aber nur bei Verwendung dieser Motorenöle ist der Werterhalt der Maschine gesichert", sagt Oliver Kuhn. Das bedeutet auch, dass sämtliche Garantien und Gewährleistungen nur dann greifen, wenn stets das vorgeschriebene Motoröl verwendet wird. Auch Getriebeöle werden komplexer Ähnlich wie bei den Motorölen verhält es sich auch bei den Getriebeölen. Sie sind heute ebenfalls ein wesentliches Konstruktionsmerkmal des Getriebes beziehungsweise der Achsen und maßgeblich für ihre korrekte Funktion verantwortlich. Vor allem wegen rechtlicher und umweltpolitischer Forderungen rücken Getriebeöle zusehend in den Fokus der Betrachtung, da sie zukünftig mithelfen sollen, Kraftstoff und so CO2-Emissionen einzusparen. Um dieses Ziel zu erreichen, sind vor allem niedrigere Viskositäten und verbesserte Additive wie Reibwertverminderer (Friction Modifier) notwendig. Gleichzeitig geht die Tendenz, wie Addinol, Exxon-Mobil, Liqui Moly, aber auch Motul auf Anfrage wissen lassen, beim Getriebeöl weiterhin zu längeren Ölwechselintervallen. Die derzeitigen 400.000 Kilometer (je nach Einsatz) könnten künftig verdoppelt werden. Hiermit eng verbunden steht auch die Forderung der LKW-Hersteller, dass moderne Getriebeöle zu einer Verminderung von Schmutz-Ablagerungen in der Getriebebox beitragen müssen. Das heißt, die Viskosität und Schmierfilmdicke muss stets gleich bleiben, um vor Verschleiß zu schützen und damit Reparaturkosten zu senken. Das alles erfordert vermehrt den Einsatz von HC-Ölen (Hydro-Crack-Ölen) und teueren synthetischen Grundölen, um Alterungsbeständigkeit und damit die Funktionsfähigkeit des Öls über den gesamten Einsatzraum gewährleisten zu können. Auch an den Basis-Ölen wird daher verstärkt gearbeitet. Der kanadische Schmierstoffhersteller Petro Canada verwendet, wie Erin Rees, Marketing Petro Canada, bestätigt, ausschließlich Basis-Öle, die beinahe zu hundert Prozent rein sind. Ihre Herstellung erfolgt durch Vakuumdestillation geeigneter Rohöle, die entparaffiniert (Entwachsung) und entaromatisiert werden. Abschließend wird das Grundöl noch einer Behandlung mit Wasserstoff (Hydrofining) unterzogen. Das so gewonnene Basis-Öl bildet das Ausgangsprodukt für die Herstellung der Schmierstoffe. Dabei werden zur Einstellung besonderer Eigenschaften spezielle Additive zugegeben. "Der entscheidende Vorteil reiner Basis-Öle ist, dass die Wirkung der Additive durch keine störenden Fremdstoffe beeinträchtigt wird", erklärt Erin Rees das komplexe Vorgehen. "Die Wirkeigenschaften des Öls bleiben so über seinen gesamten Einsatzzeitraum - auch bei verlängerten Wechselintervallen - erhalten." Was hierbei die Getriebeöle beziehungsweise dessen Additive leisten müssen, hat die Forschungsstelle für Zahnräder und Getriebebau an der Technischen Universität München errechnet. So kann bei Zahnrädern und Wälzlagern in einem modernen LKW ein Kontaktdruck entstehen, der dem Gewicht von 35 VW Golf, bei einer Heizleistung von zehn Bügeleisen, auf der Fläche eines Daumennagels entspricht. Der Schmierfilm, der dem standhalten muss, ist hingegen nur 0,1 bis drei Mikrometer dick. Es wird mehrere Getriebeöle geben Da auch bei den Transportern in Zukunft zudem immer häufiger Automatikgetriebe mit sechs, sieben oder mehr Gängen zum Einsatz kommen, da diese ebenfalls Potenziale zur Kraftstoffeinsparung und zur Reduzierung von CO2-Emissionen bieten, wird aufgrund unterschiedlicher Technologien von den Fahrzeugherstellern eine immer größere Differenzierung der Getriebeöle verlangt. Die ist auch dem Einsatz neuer Materialien in Form von Metallen, Metalllegierungen, Dichtungsmaterialien und Reibungsmaterialien geschuldet, wie sie vermehrt in Komponenten wie DCT (Doppelkupplungsgetriebe) und CVT (Stufenlose Getriebe) Verwendung finden. Denn auch bei DCT- und CVT-Getrieben sehen die Hersteller Potenziale zur Kraftstoffeinsparung bei gleichzeitig verbessertem Fahrverhalten und Fahrkomfort. "Damit wird zwangsläufig auch die Anzahl notwendiger Produkte im Markt weiter steigen", prognostiziert Sven Köhler von Addinol. "Denn jedes moderne Getriebe benötigt speziell darauf abgestimmtes Getriebeöl." Dabei spielen vollsynthetische Öle mit Leichtlaufviskositäten (zum Beispiel SAE 75W, 75W80, 75W90) und verlängerten Serviceintervallen eine bedeutende Rolle. "Sie bieten Speditionen und Fuhrparkbetreibern entscheidende Vorteile, denn mit solchen Getriebeölen lässt sich neben dem Verbrauchsvorteil auch eine bessere Fahrzeugauslastung realisieren", rechnet Alexander Hornoff von Motul vor. Der Nachteil ist jedoch, dass Fuhrparkunternehmer sich immer strenger an die Vorgaben der Hersteller halten müssen, um keine Schäden zu riskieren. Das Vorhalten verschiedener Getriebeöle erhöht außerdem die Lagerkosten und die Gefahr für Verwechslungen, die zu teuren Getriebeschäden führen können. Die höheren Preise moderner Getriebeöle werden in der Regel durch die verlängerten Ölwechselintervalle, Kraftstoff-Einsparung und den erhöhten Verschleißschutz mehr als kompensiert. Darüber hinaus können die Kosten durch Verwendung von Hydro-Crack-Ölen (HC-Ölen) gesenkt werden. Sie sind von ihrer Leistung heute mit synthetischen Ölen ebenbürtig, jedoch sehr viel kostengünstiger in der Herstellung, was sich auch im Verkaufspreis bemerkbar macht. Da HC-Öle die ideale Kombination aus Leistung und Wirtschaftlichkeit darstellen, dürften sie sich mittelfristig im Markt durchsetzen. Warum man mit teureren Ölen spart Fazit: Auch wenn es auf den ersten Blick nicht sofort ersichtlich ist, da Öle heute teurer sind als noch vor einigen Jahren, können mit ihnen die Kosten für den Betrieb der Fahrzeuge deutlich gesenkt werden. So tragen die volle Ausnutzung der Ölwechselintervalle und der erhöhte Verschleißschutz zu kürzeren Standzeiten in der Werkstatt bei. Kraftstoffeinsparung und die Erfüllung der strengen Umweltvorschriften reduzieren die Fix-Kosten. Da viele Unternehmen aufgrund des Preiskampfes jede sich bietende Gelegenheit zum Sparen nutzen müssen, sind die vorgeschriebenen modernen Motor- und Getriebeöle die bessere Wahl. Tipps Lagerhaltungskosten senken:- Motor- und Getriebeöle mit möglichst vielen Marken-Freigaben tragen zur Reduzierung der bevorrateten Ölsorten bei.- Der Markt bietet Öle, die neben modernen Euro-6-Fahrzeugen auch für Euro-3-, 4- und 5-LKW verwendet werden können.Öl- und Entsorgungskosten senken:- Qualitativ hochwertige Motor- und Getriebeöle ermöglichen die volle Ausschöpfung der Ölwechselintervalle.- Jeder LKW sollte immer einen kleinen Vorrat Öl am Bord haben, um unnötige Ölwechsel aufgrund gemischter Motoroder Getriebeöle zu vermeiden.- Beim Einkauf auf HC-Öle achten. Sie sind meist günstiger als vollsynthetische.Betriebskosten senken:- Bei Motor- und Getriebeölen auf Leichtlaufviskositäten achten, um Kraftstoff einzusparen.- Öle mit Reibwertverminderer senken Reparaturkosten.- Generell gilt, dass bei Neufahrzeugen stets nur die vorgeschrieben Öle verwendet werden dürfen. Ansonsten gehen Gewährleistungs- und Garantie-Ansprüche verloren. ms

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