Berlin. Dem Fiskus sind im vergangenen Jahr durch Schwarzarbeit 875 Millionen Euro Schaden entstanden. Das sind rund 20 Millionen Euro mehr als 2015 und rund 50 Millionen mehr als 2014. Dies geht aus dem Bericht des Bundesfinanzministeriums zur Bekämpfung der illegalen Beschäftigung hervor, den das Kabinett am vergangenen Mittwoch verabschiedete. Darin sind auch Verstöße gegen das Mindestlohngesetz erfasst.
Nach der Erfahrung der Finanzkontrolle Schwarzarbeit des Zolls (FKS) in den vergangenen Jahren agieren „bestimmte Tätergruppen im Bereich der Schwarzarbeit und illegalen Beschäftigung immer häufiger in organisierten Strukturen über die Grenzen Deutschlands hinweg“. Die Ermittlungen in jüngster Zeit hätten aber gezeigt, dass es möglich sei, diese kriminellen Strukturen aufzubrechen, so das Ministerium.
Ein Schwerpunkt ist der Güterverkehr
Nach dem Bericht sind nahezu alle, insbesondere aber lohnintensive Wirtschaftszweige von Schwarzarbeit und illegaler Beschäftigung betroffen. Schwerpunkte lägen im Bau-, Gaststätten- und Beherbergungsgewerbe sowie bei der Personenbeförderung, im Speditions-, Transport- und Logistikgewerbe, bei der Gebäudereinigung sowie bei der Fleischwirtschaft.
Das Ministerium zitiert Studien des Instituts für Angewandte Wirtschaftsforschung an der Universität Tübingen, wonach der Umfang von Schattenwirtschaft im Berichtszeitraum tendenziell rückläufig ist. Deutschland liege im OECD-Vergleich im Mittelfeld.
Weniger Kontrollen, aber mehr Effizienz
Bundesweit sind den Angaben zufolge rund 6700 Zöllner im Kampf gegen Schwarzarbeit und illegale Beschäftigung im Einsatz. Die Zahl der Arbeitgeberprüfungen ist laut dem Bericht zuletzt zwar deutlich zurückgegangen – von 64.001 im Jahr 2013 auf 40.374 in 2016. Allerdings konnte der Zoll im Vergleichszeitraum mehr Ermittlungsverfahren wegen Straftaten einleiten und abschließen.
Auch die Summe der verhängten Geldstrafen wuchs in diesem Zeitraum von gut 71 auf fast 83 Millionen Euro im Jahr. Die Steigerungen bei den ermittelten Schadenssummen führt das Ministerium darauf zurück, dass trotz zusätzlicher Aufgaben wie Überprüfungen des Mindestlohns die Qualität der Ermittlungen stieg.
Dazu beigetragen hätten insbesondere die fachliche und organisatorische Neuausrichtung der Finanzkontrolle Schwarzarbeit des Zolls, die fokussierte Bekämpfung von organisierten Formen von Schwarzarbeit, die Kontrollen nach dem Mindestlohngesetz sowie eine verbesserte Kommunikation mit den bei der Schwarzarbeitsbekämpfung beteiligten Behörden auf nationaler und europäischer Ebene.
Diverse Betrugsmethoden beim Mindestlohn
Im Schwarzarbeit-Bericht spielt laut der „Süddeutschen Zeitung“ erstmals auch die Umgehung des gesetzlichen Mindestlohns, der 2015 eingeführt wurde, eine wichtige Rolle. Zollbeamte stellten demnach eine ganze Reihe „besonderer Vorgehensweisen“ fest, die Firmen nutzten, um sich um die Zahlung des gesetzlichen Lohns zu drücken. So rechneten sie etwa Kost und Logis in die Bezahlung mit ein, vergüteten Arbeitsstunden mit Einkaufsgutscheinen statt mit Geld oder wiesen Arbeitszeit als Pausen aus.
Lkw-Fahrer aus anderen EU-Staaten, bekämen häufig noch einen zweiten Arbeitsvertrag, berichete Heinz-Josef Thoben von der norddeutschen Kraftfahrergewerkschaft der „Süddeutschen Zeitung“. Eine inoffizielle Vereinbarung. Statt des üblichen Lohns zwischen 1200 und 2200 Euro im Monat erhalten diese Kollegen mit ihrem Zweitvertrag bloß ein paar Cent pro Kilometer. 500 bis 600 Euro verdienen sie auf diese Weise monatlich, schätzt Thoben. (dpa/ag)