Feuer im Eis

Erstmals lud Scania in Norwegen zum sogenannten Winterdrive. Fahrtrainer Morten Lyberg erklärt dazu stolz: "Hierzulande werden über 60 Prozent aller Scania mit V8 bestellt und kosten im Schnitt 150.000 Euro." Jeder zehnte Scania wird hier von der 730er-Topmotorisierung befeuert. Wir wählen für den Beginn einen auf 60 Tonnen ausgeladenen 520er-Holzzug, der auf 60 Tonnen Gesamtgewicht ausgeladen ist. Interessant waren daran neben dem schieren Gewicht und der Überlänge auch Details wie Streukästen vor den Hinterachsen für bessere Traktion. Zu testen an der Einfahrt zum vollkommen eingeschneiten Trysiler Flugplatz, der Scania als Basislager dient. Um hier hochzukommen, darf der Fuß das Gaspedal keine Sekunde verlassen, was angesichts der engen kurvigen Strecke eine echte Herausforderung ist. Als die Hinterachsen des Holzzuges zu scharren beginnen, hilft ein Druck auf die Streusandtaster: Die steuern die Streukästen vor der Antriebsachse, welche daraufhin per Rolle Sand auf die Hinterräder aufbringen und so die Traktion erhöhen. Allerdings sollte man damit sparsam umgehen, denn für die Reifen ist das Aufbringen des Streugutes per Rolle nicht gerade lebensverlängernd. Weitere Hilfen sind neben Differenzialsperren auch Liftachsen, die in Norwegen explizit zur Traktionserhöhung eingesetzt werden dürfen. Außerdem müssen Schneeketten an Bord sein, die man auch anlegen können muss, sonst lassen einen die Ordnungshüter im wahrsten Sinne des Wortes hängen! "Am Sechsprozenter hinter einer Brücke der Teststrecke blieb letztes Jahr einer hängen - der brauchte drei Tage, um passende Ketten aufzutreiben und aufzulegen. Und so lange stand der dann eben da", erinnert sich Lyberg. WICkit und die starken Männer Für die zweite Tour steht ein überbreiter Baggertransport an, der so auch in Mitteleuropa laufen könnte. Beim Gewicht nehmen wir fünf Tonnen weg, bei der Leistung des V8 packen wir 60 PS und 250 Newtonmeter drauf. Und siehe da, schon macht der achtzylindrige "King" seinem Namen viel mehr Ehre! Vor allem am langen vierprozentigen Anstieg der "Riksvei 25" bei Trysil. Diesmal will es Lyberg genau wissen und hat sein "WICkit"-Pad angeschlossen. WICkit steht für "Wireless Instrument Cluster" und dient als Schulungsmittel. Dahinter steht eine App, mit der man sich die Anzeigeinstrumente und Daten des Lkw aufs Tablet holen kann. Neben Verbrauch und Geschwindigkeit wird auch angezeigt, wie oft man gebremst hat oder wie lange man Rollphasen nutzte. Dazu kommen sogar Wetterdaten über Windrichtung und -intensität. Die Referenzwerte setzten die Scania-Fahrer teils bei optimalem Wetter und unverschneiten Straßen. Entsprechend schwach waren die selbst "erfahrenen" Daten. Auf der vollkommen verschneiten Strecke tastet man sich viel vorsichtiger das vierprozentige Gefälle der Straße 25 hinunter als Scania-Tester Morten Lyberg, was den Schnitt erheblich verlangsamt. Der Verbrauch geht im Schub auf null und weil deutlich mehr Verkehr ist als auf Lybergs Referenzrunde, muss ich öfter beibremsen. Aus knapp 29 Liter Durchschnittsverbrauch bergab werden bergauf 170 Liter: Am Ende notiert Lybergs Tablet 84,5 Liter Durchschnittsverbrauch bei einem Schnitt von 33 km/h. Lyberg selbst fuhr 83,9 Liter bei 41 km/h, und ist dabei 4,7 statt 4,9 Kilometer gerollt - das dafür aber deutlich zügiger und beherzter! Mit ebenfalls 33 km/h bewegten wir anschließend den überlangen 50-Tonnen-Kippsattelzug, ebenfalls ein 580er. Diesmal galt es, gegen den finnischen Testfahrer Mange Diesel anzutreten, der bei trockenem Wetter 44 km/h und 77,5 Liter Verbrauch vorlegte. Dass die Bedingungen ungünstiger waren, merkt man an viel mehr Schaltungen und einem Verbrauch von 86 Litern. Fazit: WICkit wirkt. Denn der Ehrgeiz, jede Runde noch besser zu fahren, war sofort geweckt! Kippen? Natürlich per Kippschalter! Im Vergleich zu den Vorgängern gab der Kippsattel definitiv die Soundmaschine: Der stehende Abgasschlot lässt den V8 deutlich bäriger klingen als das dünne "Röhrchen" des 520er-Holzzuges. Interessant ist außerdem die Tatsache, dass der Kipper über eine Scania-eigene Tasterbatterie angesteuert wird. Spannend wird bei der Rückfahrt eine Abzweigung durch den Wald, die in der Endabrechnung die Geschwindigkeit drückt und den Verbrauch entsprechend treibt. Fehlt es an Traktion, wird diese per Achslast hergestellt. Ohne WICkit und mit viel weniger Schaltungen lief der 730er-Eurokombi, der ebenfalls auf 60 Tonnen ausgeladen war. Bei massiven Schneefällen bekommt er allerdings schnell ein Traktionsproblem. Den Abschluss machte ein 520er-6x4-Kofferzug, ebenfalls auf 50 Tonnen ausgeladen. Um die Traktion zu erhöhen, ist dessen dritte Achse mit der Zwergenbereifung 295/60 R 22,5 liftbar ausgeführt. Um die Fuhre in Fahrt zu halten, ist den Nordmännern jedes Mittel recht. Das dürfen neben V8-Power auch mal 16 Tonnen Achslast sein. Und WICkit hilft den starken Männern dabei beim Sparen!

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