Fahrermangel

Fahrermangel Alles nur eine Frage des Geldes? „Erfolgreich Fahrer finden und binden“. Unter diesem Motto veranstaltete die VerkehrsRundschau eine Konferenz und suchte mit namhaften Experten Wege aus dem Fahrermangel. Wie ernst ist der Fahrermangel im Transport- und Logistikgewerbe wirklich? Welche Konsequenzen Politik und Firmen nun ziehen müssen.“ Dazu sprach Andreas Marquardt, Präsident des Bundesamtes für Güterverkehr, auf der VerkehrsRundschau-Konferenz „Erfolgreich Fahrer finden und binden“. Die Zahlen, die Marquardt nannte, sind deutlich. Rund 1800 junge Menschen haben im vergangenen Jahr ihre Berufsausbildung zum Berufskraftfahrer abgeschlossen. Rein rechnerisch, so der BAG-Präsident, müsste das Gewerbe aber jährlich 21.000 neue Fahrer einstellen, da in den nächsten 15 Jahren über 30 Prozent der Kraftfahrer altersbedingt ausscheiden. „Zuletzt waren gerade einmal zwei Prozent der Kraftfahrzeugführer jünger als 25 Jahre. Ihr Anteil liegt deutlich niedriger als im Durchschnitt aller Berufsgruppen“, warnte er. Stärken der Firma besser vermarkten „Angesichts dieser Zahlen und der unternehmensindividuellen Unterschiede tue ich mich schwer, pauschal von einem Fachkräftemangel zu sprechen“, sagte Marquardt. Mit Blick auf die Altersstruktur der Berufskraftfahrer sehe er vor allem das Problem des „Nachwuchsmangels“. Sein Appell deshalb an Firmen, um an qualifizierte Fahrer zu kommen: „Ohne die Ausbildung und die Begeisterung junger Menschen für die Logistik geht es nicht.“ Außerdem sollten sie ihren Blick auf neue, bislang kaum beachtete Bewerbergruppen richten, etwa auf die gezielte Anwerbung ausländischer Jugendlicher (siehe Kasten). Um als Arbeitgeber junge Menschen auf sich aufmerksam zu machen, müssen laut Professor Heike Simmet von der Hochschule Bremerhaven insbesondere kleine und mittlere Transport- und Speditionsfirmen als Arbeitgeber und Ausbildungsbetrieb noch „sichtbarer“ werden, ihre Stärken potenziellen Bewerbern gegenüber stärker nach außen vermarkten. Unterstützen könne hier die gezielte Nutzung der sozialen Netze Facebook & Co. im Internet. „Junge Menschen suchen Stellenanzeigen nicht mehr in der Zeitung, sie nutzen das Internet.“ Die Fahrerlöhne werden steigen „Es bringt nichts, wenn eine Firma nur darauf wartet, von guten Leuten gefunden zu werden, sie muss den Menschen auch entgegenkommen“, betonte Adalbert Wandt, Präsident des Bundesverbandes Güterkraftverkehr, Logistik und Entsorgung (BGL). Wandt weiß, wovon er spricht, seit 1979 hat er in seiner Firma über 150 Berufskraftfahrer ausgebildet. Bislang hatte er stets genügend qualifizierte Bewerber – auch dank seines neuesten Marketinginstruments: ein Kurzfilm auf der Homepage seiner Spedition, der Interessenten den Fahrerberuf näherbringen will. „Dieses Sichtbarmachen macht Arbeit. Das ist kein Selbstläufer“, betonte auch Marquardt. Selbst kleinere Betriebe könnten aber diese Möglichkeiten von Social Media nutzen, etwa im Zusammenspiel mit anderen Firmen. Auch an der Entgelt-Schraube wird die Transportbranche wohl stärker drehen müssen, um den Fahrerberuf attraktiver zu machen. Das zeigte die Podiumsdiskussion zum Thema „Fahrermangel – nur eine Frage des Geldes?“ „Vor über 20 Jahren habe ich als Fernfahrer genau so viel verdient wie heute“, monierte Udo Skoppek, Vorstand Deutschland der Fahrerinitiative Actie in de Transport. Wenn er die steigenden Kosten mit hineinrechne, seien die Entgelte unterm Strich sogar gesunken, sagte Skoppek. „Die Lohnentwicklung hat für die Fahrer in der Tat nicht stattgefunden. Es wurde früher angemessener bezahlt“, räumte BGL-Präsident Wandt ein. „Das ist ein Drama. Das ist aber auch ein Spesen-Thema. Früher konnte ein Fahrer von seinen Spesen noch etwas sparen.“ Deshalb sei für ihn klar: „Die Löhne werden steigen.“ Insofern haben die Landesverbände als Tarifpartner „kaum Probleme“ mit dem aktuell geforderten gesetzlichen Mindestlohn von 8,50 Euro. „Transporte werden künftig teurer. Darauf muss sich jedes Unternehmen einstellen.“ Davon zeigte sich auch BWVL-Präsident Jochen Quick überzeugt: Das Ganze sei nun einmal eine Frage von Angebot und Nachfrage. Allerdings sei das „kein Wünsch-Dir-Was“, betonte der BWVL-Präsident. „Denn auch die Unternehmen in Industrie und Handel müssen ihre Prozesse wirtschaftlich gestalten, um wettbewerbsfähig zu bleiben.“ Und was sollten Firmenchefs besser machen, um junge Leute für den Fahrerberuf zu begeistern? Darauf hatte Ricardo Richter, angehender Berufskraftfahrer von Roman Mayer, eine klare Antwort: „Schon im Bewerbungsgespräch sollten Arbeitgeber den Bewerbern aufzeigen, was sie in ihrem Beruf erwartet. Sie sollten hier nichts beschönigen, keine leeren Versprechungen machen.“ Vor allem aber sollten sie den Berufsstand Fahrer stärker bewerben. „Ich bin stolz, etwas zu machen, was nicht jeder macht“, betonte Richter, „weil ich die ganze Woche im Fernverkehr unterwegs sein kann und viele interessante Menschen treffe.“ Bleibt zu hoffen, dass dies so bleibt. Denn der Beruf des Fahrers wird sich wandeln. „Der Fahrer der Zukunft wird vor allem national und in Großfuhrparks unterwegs sein“, wagte Professor Dirk Lohre von der Hochschule Heilbronn in seinem Vortrag einen Blick nach vorne. Vor allem aber wird laut Lohre die Transportleistung bis 2025 weiter steigen und der Anteil des Straßengüterverkehrs am leistungsbezogenen Modal Split ebenso. Sein Fazit ist deshalb: „Wir brauchen zukünftig eher mehr als weniger Fahrer.“ ❙❚■ Eva Hassa LkW-Fahrer aus Spanien Personal-Recruiting im Ausland Interessante Einblicke in das Projekt „Spanische Berufskraftfahrer für Deutschland“ gaben Uwe Nestel, geschäftsführender Vorstand der SVG Württemberg, und Michaela Wieser, Projektmanagerin Spanische Deutsche Personalvermittlung des Verlags Heinrich Vogel. In ihrem Vortrag zeigten sie auf der VR-Konferenz in Kassel auf, wie sie arbeitslose Berufskraftfahrer aus Südspanien für den Einsatz in deutschen Transportbetrieben rekrutieren, diese in drei Monaten für die Besonderheiten des deutschen Nah- und Fernverkehrs qualifizieren – gepaart mit einem Sprach- und Integrationskurs. Eine der ersten Speditionen, die spanische Fahrer einstellte, ist die Barth-Logistikgruppe. „Wir sehen das als einen möglichen Weg aus dem Mangel an geeigneten Bewerbern für das Transportgewerbe“, führte Firmenchef Berthold Barth in seinem Vortrag aus. Ziel sei es nicht gewesen, betonte er, kostengünstiger an Fahrer zu kommen. eh „Ohne die Ausbildung und die Begeisterung junger Menschen für die Logistik geht es nicht “ Andreas Marquardt, Präsident des Bundesamtes für Güterverkehr (BAG) „Es wurde früher angemessener bezahlt. Das ist ein Drama. Das ist aber auch ein Spesen-Thema“ Adalbert Wandt, BGL-Präsident und Geschäftsführer der Spedition Wandt

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