Horstmar. Die Zahl der schweren Lastwagen auf deutschen Straßen wird Branchenerwartungen zufolge bei weitem nicht so stark zunehmen wie die Masse der transportierten Ware. "Wenn wir beim Ladevolumen von einer 70-prozentigen Steigerung bis 2025 ausgehen, reden wir vielleicht von einer 40-prozentigen Ausweitung des Fahrzeugparks", sagte der Sprecher von Schmitz Cargobull, Gerd Rohrsen, der Nachrichtenagentur dpa. Das Unternehmen in Horstmar bei Münster ist Europas größter Hersteller von Sattelaufliegern.
Grund seien die stärkere Verflechtung von Straße, Schiene und Schiff sowie die bessere Ausnutzung des Laderaums. Auch die neuen Lang-LKW bremsen nach Ansicht von Rohrsen den Zuwachs an Lastzügen. Das Ziel der Logistikkunden sei es, "so wenig Luft wie möglich zu transportieren".
Schmitz Cargobull beliefert den skandinavischen Markt bereits mit bis zu 25,25 Meter langen - auch "Gigaliner" genannten - LKW. Für die Auftragslage der Fahrzeugbauer bedeute die mögliche Zulassung in Deutschland aber keinen direkten Schub, sagte Rohrsen. "Da es sich hier um Fahrzeuge handelt, die aus dem bisher bestehenden Systembaukasten stammen, haben wir eigentlich kein Potenzial an neuen Fahrzeugen."
Doch wachse der Güterverkehr insgesamt - und damit der Markt. Nach den deutschen Plänen werden nicht nur Zugmaschinen, sondern auch Laster mit einem Aufbau Sattelauflieger hinter sich ziehen. Dazu werden Fahrgestelle eingeschoben. Sattelzüge bekommen einen Anhänger.
"Wir reden von einem ungefähren Anteil von 20 Prozent des LKW-Verkehrs, der sich mit den Lang-Zügen umsetzen lässt", sagte der Branchenkenner. Auch die Lang-LKW dürften nicht mehr als 40 Tonnen Gesamtgewicht auf die Waage bringen, es gehe um "das Thema Volumen", betonte Rohrsen. "Nehmen wir den typischen Fall der Baumarktwaren. Die werden schon in fertigen Verkaufseinheiten verpackt. Und die sind häufig gar nicht sehr schwer, sondern einfach nur voluminös. Dasselbe gilt auch für Kühlschranke und Schuhkartons."
Internet, Navigationstechnik und RFID-Funkchips hätten Spediteuren völlig neue Möglichkeiten eröffnet. "Früher war ein Lkw eine Transporteinheit ohne größere Intelligenz mit Rädern drunter", erläuterte Rohrsen. "Heute haben Sie Messsysteme an Bord, um zu erkennen: Wieviel Ladung ist drin? Wie ist der Ladezustand? Passt noch etwas herein? Wie ist die Ladung in die Logistikkette eingebunden?" Jeder gefahrene Kilometer werde heutzutage optimiert, um Kosten zu sparen, schilderte der Sprecher.
Lang-Züge seien nur ein Teil der Lösung. Die Branche habe etwa Modelle entwickelt, die für einen beschleunigten Bahngüterverkehr geeignet seien, so der Schmitz Cargobull-Sprecher. "Fahrzeuge müssen den Ansprüchen einer schnellen Bahn auch standhalten. Ein LKW, der sonst 85 Kilometer pro Stunde fährt, hat einen anderen Windwiderstand als ein Zug, der mit 140 km/ auf einer Güterschnellstrecke fährt. Diese Fahrzeuge werden heute gebaut." Nunmehr sei die Deutsche Bahn gefragt. "Die Bahn hat das Problem, Kapazitäten - Lokomotiven, Lokomotivführer - bereitzustellen und Züge so zu organisieren, dass sie sehr schnell und ohne logistische Fehler lange Distanzen durchlaufen. Auch die freien Zeitfenster für Transporte sind eine Herausforderung." (dpa)