Brüssel. Die US-amerikanische Luftfahrt-Aufsicht FAA hat kürzlich ihre geplanten Regeln für den geschäftlichen Einsatz von Drohnen veröffentlicht. Treten diese in Kraft, durchkreuzt der Staat damit die Pläne des Online-Händlers Amazon, mit den Roboterfliegern Pakete zuzustellen. Auf EU-Ebene gibt es bisher keine konkreten Regeln für den kommerziellen Einsatz von Drohnen. Erste Überlegungen der EU-Kommission sprechen aber für weniger strenge Vorgaben.
Drohnen sind bislang vor allem als High-Tech-Waffen im Kampf gegen Terroristen bekannt. Inzwischen sind die unbemannten Flugkörper allerdings so erschwinglich, dass sie auch kommerziell genutzt werden. Die Unternehmensberatung Deloitte geht davon aus, dass schon in diesem Jahr weltweit 300.000 zivile Drohnen verkauft werden.
Bereits jetzt werden Drohnen eingesetzt, um schwer zugängliche Anlagen wie Brücken zu überprüfen. Auch Logistiker, vor allem in der Paketbranche, testen ihre Potenziale. Zwar ist die von Amazon angekündigte Paketdrohne noch nicht kommerziell im Einsatz. Die Deutsche-Post-Tochter DHL experimentiert jedoch bereits mit unbemannten Transportdrohnen. Der Paketkopter belieferte im vergangenen Jahr eine Apotheke auf der Nordseeinsel Juist mit Medikamenten. Für das Pilotprojekt benötigt DHL eine Sondergenehmigung des Luftfahrtbundesamtes. Jeder einzelne Flug der Drohne muss angemeldet werden.
Denn jede kommerzielle Nutzung unbemannter Fluggeräte ist nach dem deutschen Luftsicherheitsgesetz genehmigungspflichtig. Drohnen dürfen nur auf Sicht geflogen werden und müssen deswegen nachts den Betrieb einstellen.
In Brüssel fürchtet man, dass diese Regelung nicht praktikabel ist. Denn die EU-Kommission geht davon aus, dass Drohnen die Produktivität in der Logistik erheblich verbessern können. Dieses Potenzial könne jedoch nur mobilisiert werden, wenn der Einsatz der Drohnen unbürokratisch und rechtssicher ist. Die Kommission werde dieses Problem noch in diesem Jahr anpacken, sagt Verkehrskommissarin Violeta Bulc: „In punkto Drohnen kann ich sagen, dass sie Teil unserer Luftfahrtstrategie sein werden.“
Flugobjekt versus Gebrauchsgegenstand
Für den 6. März hat die Kommissarin die Experten der Mitgliedstaaten zu einer Konferenz in Riga eingeladen. Sie sollen darüber nachdenken, wie eine rechtliche Regelung aussehen könnte, die den wirtschaftlichen Einsatz der Drohnen und das damit verbundene Wachstum nicht behindert. Ohne dabei ein gefährliches Chaos im europäischen Luftraum zu erzeugen.
Grundsätzlich kann man eine Drohne als gefährliches Flugobjekt oder als – technologisch anspruchsvollen – Gebrauchsgegenstand betrachten. Im ersten Fall würde sie behandelt wie ein Flugzeug, was sehr teuer wäre. Drohnen dürften dann nur von gelernten Piloten gesteuert, jeder Einsatz müsste von der Luftraumüberwachung genehmigt werden. Ein breiter Einsatz von Drohnen im logistischen Tagesgeschäft wäre damit kaum möglich.
Das andere Extrem, über das in Brüssel nachgedacht wird, ist die Einstufung als High-Tech-Gebrauchsgegenstand. Die Drohne würde dann nicht anders behandelt als etwa eine Mikrowelle. Mit einer Gebrauchsanweisung versehen könnte sie von jedermann erworben und eingesetzt werden. Welche Folgen das für die öffentliche Sicherheit, die Privatsphäre und viele andere Bereiche des täglichen Lebens hätte, darüber beginnen die Experten jetzt nachzudenken.
Die EU kann dabei aus den Erfahrungen jenseits des Atlantiks lernen. Da die von Amazon geplante Auslieferung bestellter Ware durch die Drohne nach dem aktuellen Gesetzesentwurf in den USA nicht genehmigungsfähig ist, droht der Internetkonzern damit, mit diesem Projekt ins Ausland abzuwandern. (tw)