E-Commerce treibt Immobilienmarkt

Das Ergebnis kann sich sehen lassen: 6,9 Millionen Quadratmeter Flächenumsatz meldete unlängst der Immobiliendienstleister CBRE für den deutschen Industrie- und Logistik-Immobilienmarkt für 2020 - damit wurde der Rekordwert aus 2019 nur um ein Prozent verfehlt. Innerhalb der Nutzerbranchen gab es jedoch große Unterschiede. Allein auf die Onlinehändler entfielen mit 52 Prozent mehr als die Hälfte aller Flächenumsätze des Handels - 2019 waren es noch 40 Prozent. Entsprechend löste die E-Commerce-Branche 2020 ein Fünftel aller Flächenumsätze am Logistik-Immobilienmarkt aus, im zweiten Halbjahr gar ein Viertel. Zum Vergleich: Im Durchschnitt der fünf Vorjahre lag der Marktanteil der Onlinehändler bei lediglich 13,5 Prozent. Hohe Nachfrage bedeutet hohe Mieten Ein Strohfeuer? Mitnichten. "Wir erwarten durch Onlinehändler eine weitere großflächige Nachfrage, die das Marktgeschehen zusammen mit einer absehbar stärkeren Nachfrage der Industrie und deren Logistikern infolge eines sich abzeichnenden Konjunkturaufschwungs im zweiten Halbjahr antreiben wird", prognostiziert Rainer Koepke, Head of Industrial & Logistics bei CBRE in Deutschland. Nur der Flächenmangel könne 2021 einen Anstieg des Flächenumsatzes verhindern. Diese Gemengelage bedeutet aus Nutzersicht allerdings nicht nur Gutes: "Durch den Wettbewerb der Mieter um die freien Flächen und die steigenden Grundstückskosten bei Neubauten werden die Mieten tendenziell stärker als bisher steigen", sagt Armin Herrenschneider, Co-Head of Industrial & Logistics bei CBRE. Mit dem Ausblick auf 2021 beschäftigte sich unlängst auch eine Online-Expertenrunde aus Logivest-Geschäftsführer Kuno Neumeier, Tim Rosenbohm, Director of Light Industrial Northern Europe bei Segro, und Nikolai Mader, Abteilungsleiter Investment Management Immobilien von Hansainvest Real Assets. Für die Berater, Entwickler und Investoren ist der Siegeszug des E-Commerce ebenfalls einer der Trends, der dieses Jahr prägen wird. "Die Nachfrage im urbanen Bereich wird seit Corona vor allem von Zielgruppen geprägt, die bislang eher selten Lebensmittel nach Hause geordert haben oder im Onlinehandel Pakete bestellen", so Rosenbohm von Segro. "Die haben sich jetzt daran gewöhnt, dieser Effekt wird bleiben", ist er sich sicher. Urbane City-Logistik-Lagen würden also weiterhin davon profitieren. Gerade in Städten sind Logistikflächen aber absolute Mangelware. Könnten nicht auch Einzelhandelsflächen für die innerstädtische Logistik genutzt werden? Schließlich dürften die Folgen von Pandemie und Lockdown den Leerstand eher beschleunigen als abbremsen. Die Experten zeigen sich unisono skeptisch. Im urbanen Bereich sei die Nutzung von ehemaligen Einzelhandelsflächen eher die Ausnahme, meint Neumeier. "Während urbane Gewerbeparks mit Hallenflächen beispielsweise für Last-Mile-Lösungen stark nachgefragt werden, sind Flächen ehemaliger Einzelhandelsimmobilien in den zentralen Innenstadtlagen zu teuer und eher ungeeignet für logistische Nutzer", ergänzt Rosenbohm. Auch Nikolai Mader von Hansainvest kann das bestätigen: "Wir haben uns beispielsweise mit ehemaligen Karstadt-Flächen beschäftigt. Die Genehmigungssituation im innerstädtischen Bereich macht eine logistische Nutzung kaum möglich. Aus Investorensicht sind daher eher citynahe Lagen gefragt." Mehrere Stockwerke machen Schule Neumeier bringt vielmehr im urbanen Bereich gelegene, mehrstöckige Logistikimmobilien ins Spiel. Diese könnten eine Antwort auf die mangelnde Flächenverfügbarkeit sein, meint auch Rosenbohm von Segro: "Wir haben das in Paris schon erfolgreich realisiert und prüfen auch Vorhaben in Deutschland. Wenn ein Standort für die logistische Nutzung sinnvoll ist, wären wir bereit das auszuprobieren." Ein weiterer Trend für 2021 ist das Thema Nachhaltigkeit. "Circa 70 bis 80 Prozent der neu entstehenden Logistikimmobilien verfügen über Nachhaltigkeitssiegel", so Neumeier. Ein zertifizierter Bau sagt allerdings noch wenig über das Thema CO2-Neutralität aus. "Es fehlen nach wie vor die Standards, wie wir CO2-Neutralität künftig bemessen wollen", gibt der Logivest-CEO zu bedenken. Der Bau sei das eine, der Betrieb im Inneren des Gebäudes und im direkten Umfeld das andere. Wirklich vollständig CO2-neutral geplant seien denn auch die wenigsten der Neubauten. Als positives Beispiel führt Neumeier das neue Logistikzentrum von Puma in Geiselwind an, das dieses Frühjahr fertiggestellt werden soll. Nachhaltigkeit gibt es nicht umsonst Neben den noch fehlenden Standards dürfte es zumindest für die Logistiker einen weiteren Hemmschuh geben, wenn es um Nachhaltigkeit geht. Die Mehrkosten dafür trägt schließlich in der Regel der Nutzer. Sind diese bereit, für nachhaltige Logistikimmobilien mehr Miete zu bezahlen? Bedingt. "Gerade in dem niedrigmargigen Logistiker-Markt funktioniert das nur, wenn die Logistiker diese Kosten an die Verlader weitergeben können", lautet Neumeiers Einschätzung. Mehr zum Thema unter #Logistikimmobilien www.verkehrsrundschau-plus.de/hashtag In Kürze Vor allem die E-Commerce-Branche sorgte 2020 im Logistikimmobilienmarkt für Flächenumsätze auf dem sehr hohen Niveau der Vorjahre. Ein coronabedingtes Strohfeuer? Mitnichten. Auch 2021 wird der Trend zum Onlineshopping die Flächennachfrage prägen - gemeinsam mit Nachhaltigkeitsthemen.

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