Dreikampf um die Winterkrone

Bekanntlich muss man Wetterbedingungen ja so akzeptieren, wie man sie vorfindet. Das gilt eben auch bei Vergleichen, die unter dem klingenden Namen Arctic-Van-Test veranstaltet werden. Und denen Sinn es eigentlich ist, wie der Name schon vermuten lässt, Transportern unter härtesten Winterbedingungen auf den Zahn zu fühlen. Echte arktische Kälte ist mittlerweile aber auch im finnischen Lappland nicht mehr selbstverständlich. Lediglich nachts rutschte das Quecksilber auf minus 17 Grad Celsius, ansonsten fand der Kampf um die Winterkrone durchaus unter Bedingungen statt, die vielen mitteleuropäischen Kurierfahrern keinesfalls fremd sind. Um herauszufinden, welcher 3,5-Tonner seinen Job auf verschneiten Straßen am souveränsten und - noch wichtiger - am wirtschaftlichsten erledigt, schickten drei Transporterhersteller ihre Modelle ins Rennen. Jüngste Konstruktion im Feld ist der erst im letzten Jahr neu eingeführte Ford Transit. Dem Fiat Ducato, der in seiner aktuellen Form bereits seit 2006 am Markt ist, musste dagegen ein eher kleiner Facelift genügen, um auf dem Stand zu bleiben. Unverändert blieb seit seiner Markteinführung 2010 die Optik des Opel Movano, der stellvertretend auch seine nahezu baugleichen Geschwister Renault Master und Nissan NV400 vertritt. Mehr Kraft dank doppelter Aufladung Unter der Movano-Haube tat sich dagegen ebenfalls Neues, was optisch aber eben nur am unauffälligen Schriftzug auf den Hecktüren zu erkennen ist. Bi-Turbo steht dort zu lesen. Und der soll den Wunsch der Kundschaft nach mehr Leistung befriedigen. Was durchaus gelang. Zeichneten sich bereits die bisherigen Single-Turbo-Versionen des 2,3 Liter großen Vierzylinders durch ihre hohe Elastizität aus, erledigt der von Partner Renault entwickelte, 136 PS starke Common-Rail-Diesel seinen Job jetzt sogar noch eine Spur souveräner. 1000 Touren sind kein Problem und dank des kurz gestuften Sechsganggetriebes kann man nach Ortsdurchfahrten ohne Weiteres im höchsten Gang durchbeschleunigen. Sofern sich der Fahrer weder von der hektisch blinkenden Schaltempfehlungsanzeige noch den dann starken Vibrationen des Armaturenträgers zum Runterschalten verleiten lässt. Auch beim Fiat Ducato kann die sechste Fahrstufe in den meisten Situationen getrost eingelegt bleiben. Sein 148 PS und 350 Newtometer Drehmoment kräftiger 2,3-l-Multijet-Selbstzünder steht dem Opel-Antrieb in Sachen Elastizität in nichts nach. Er arbeitet vor allem bei niedrigen Drehzahlen aber insgesamt noch kultivierter und geschmeidiger. Gegen die beiden Konkurrenten etwas kraftlos wirkt der Transit-Antrieb. Was überrascht, denn mit seinen 155 PS und 385 Newtonmetern Drehmoment ist der 2,2-l-TDCI nominell der Stärkste im Test. Das Transit-Sechsganggetriebe ist allerdings deutlich länger übersetzt als bei Opel und Fiat. Was dem Ford zwar niedrige Drehzahlen und eine angenehme Geräuschkulisse, aber eben auch eine gewisse Schwerfälligkeit beschert. Die Stunde des Transit schlägt dafür bei Komfort und Fahrwerk. Der Ford liegt jederzeit satt auf der Straße, schluckt Fahrbahnunebenheiten souverän und Karosserieverwindungen sind auch beladen ein Fremdwort. Da geben sich die Fahrwerke in Fiat und Opel spürbar hoppeliger und unruhiger. Zudem lässt sich hinter ihren Lenkrädern keine so komfortable Sitzposition finden wie im Transit. Große Unterschiede beim Leergewicht Für diese Attribute muss der Ford allerdings beim Leergewicht kräftig Tribut zollen. Inklusive der 600 Kilogramm Ballast im Laderaum brachte es der Testwagen auf 3200 Kilogramm. Damit wog der Ford satte 200 beziehungsweise 250 Kilo mehr als Opel und Fiat. Und es kommt sogar noch dicker für den Ford, denn er trat auch noch eine Nummer kleiner zum Test an als die beiden Konkurrenten. In deren Frachtabteil passten jeweils 13 Kubikmeter Fracht, der Ford-Testwagen bot dagegen zwei Kubik weniger Raum. Oder anders ausgedrückt 18 Zentimeter weniger Ladelänge, eine um 14 Zentimeter geringere Innenhöhe und acht Zentimeter weniger Innenbreite als der Lademeister Fiat Ducato. Dessen rechteckiges Frachtabteil bleibt auch wegen der schmal bauenden Radkästen weiterhin am besten nutzbar. Etwas mehr Raum - wie auch Traktionsvorteile bei Schnee und Eis - hätte sich der Transit verschaffen können, wenn Ford anstatt des Hecktrieblers ein Derivat mit Frontantrieb nach Finnland geschickt hätte. Der kann nämlich auf den zehn Zentimeter hohen Zwischenboden im Laderaum verzichten, was immerhin ein Plus von einem halben Kubikmeter Volumen bringt. Zudem wog ein ähnlicher, im Vorfeld getesteter Fronttriebler (VR 38/2014) 180 Kilo weniger. Ducato mit niedrigstem Verbrauch Und der Gewichtsnachteil des Transit wirkt sich auch beim Verbrauch nachteilig aus. Auf der 200 Kilometer langen Stadtrunde verbrauchte der Ford mit 11,6 l/100 km am meisten. Und musste sich, wie auch der Opel (11,3/100 km), dem Fiat klar geschlagen geben, der sich mit 9,3 l/100 km begnügte. Das gleiche Bild, wenn auch mit geringeren Abständen, bot sich auch Überland, wo der Ducato als einziger unterhalb der Neunliter-Marke blieb. Weshalb sich diesmal der Fiat die Winterkrone holt, der in den wichtigen Transporter-Wertungen Nutzlast, Antrieb, Verbrauch und Platzangebot vorne liegt. Auch der Opel ist ein echtes Nutzfahrzeug, fällt zumindest bei diesem Test aber verbrauchsseitig ungewohnt weit hinter den Ducato zurück. Und der Ford? Der ist die richtige Wahl, wenn Fahrkomfort und Wohlfühlcharakter vor Verbrauch, Nutzlast und Platzangebot stehen. Und dass der Transit auch im Winter viel für den Fahrer bietet, zeigt die Heizungsleistung nach dem Kaltstart bei Minus 13,5 Grad Celsius. Nach 20 Minuten ist es im Ford-Fahrerhaus angenehme 25 Grad warm. Ein Wert, den der Fiat auch nach einer halben Stunde noch nicht erreicht. Kein unwichtiges Kriterium, wenn man die Wetterbedingungen mal wieder so akzeptieren muss wie sie sind. Alle Tests und Fahrberichte für Premium-Abonnenten www.verkehrsrundschau.de/testdatenbank Fiat Ducato Lademeister mit eingeschränktem Komfort Hinter der serienmäßigen Trennwand bietet der Ducato viel Platz, im Fahrerhaus geht es dagegen eher eng zu. Eine bequeme Sitzposition finden groß gewachsene Fahrer nur schwer. Wozu auch der auf einem hohen Sockel montierte Fahrersitz beiträgt, was zudem die Sicht auf Ampeln erschwert.+ viel Platz im Laderaum, hohe Nutzlast, elastischer, sparsamer Antrieb- eingeschränkter Fahrkomfort, schlechte Heizung, teilweise lässige Verarbeitung Ford Transit Ein Transporter für Komfort-Enthusiasten Der Ford gefällt mit dem derzeit am besten abgestimmten Fahrwerk seiner Klasse. Auch bei Komfort, Wertigkeit und Verarbeitung hat der neu entwickelte Transit die Nase vorne. Gewöhnen müssen sich Ford-Neulinge aber an das an mancher Stelle verwirrende Bedienkonzept.+ tolles Fahrwerk, hoher Komfort, langes Serviceintervall, leichtgängige Schaltung- hohes Leergewicht, hoher Test-Verbrauch, kleinster Laderaum im Test

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