Drehscheibe für Bayern

m Netzwerk von Hellmann Worldwide Logistics hat Nürnberg bis vor Kurzem eine untergeordnete Rolle gespielt. Seit 1988 begnügt der Global Player sich mit einem Standort am Flughafen, welcher das regionale Luft- und Seefrachtgeschäft organisiert. Jetzt investieren die Niedersachsen massiv in die Franken-Metropole. Mitte 2015 haben sie im Güterverkehrszentrum (GVZ) auf dem Hafengelände 10.000 Quadratmeter neue Lagerflächen angemietet. Hier organisieren 70 Mitarbeiter die Versorgungs- und Distributionslogistik für zwei Werke des Automotive-Zulieferers Delphi. Außerdem sollen hier Rückladungen für Direktverkehre aus Norddeutschland akquiriert werden. "Wir setzen auf Wachstum", versichert Konzernchef Klaus Hellmann. Hellmanns vielfältige Aktivitäten Vorsorglich haben die Niedersachsen Mietoptionen für 40.000 Quadratmeter Lagerfläche abgeschlossen. Im Herbst eröffneten sie eine wöchentliche Schienenverkehrverbindung nach China. Vom Tricon-Terminal im Nürnberger Hafen fahren Rail-Eurasia-Züge 15 Tage lang durch vier Transitländer nach Chengdu. Die südwestchinesische Industriemetropole ist Hub für Vor- und Nachlaufverkehre mit zahlreichen Millionenstädten vor allem an der Ostküste. Für die Hafen-Betreiber Bayernhafen ist das Hellmann-Engagement ein weiterer Beweis, dass ihr Standort in Nürnberg sich als "Güterdrehscheibe der Region" (Hafenchef Harald Leupold) durchgesetzt hat. 15,7 Millionen Tonnen (2014) werden jährlich hier und im Nachbarhafen Roth umgeschlagen, Tendenz weiter steigend. Weil wegen der regen Nachfrage die Flächen im GVZ zunehmend knapp werden, wählt Bayernhafen die Nutzer gezielt aus. Den Zuschlag erhalten Unternehmen, welche die trimodalen Anlagen und Services optimal einsetzen. Ein Beispiel sind Kurier-, Express- und Paketdienste, welche die Containerterminals als Hub nutzen und von hier aus Verteilerverkehre in die Region organisieren. Während der letzten Jahre ist Bayernhafen zum Schlüsselunternehmen in der regionalen Logistikbranche aufgestiegen. Anderswo übernehmen unternehmensübergreifende Logistikcluster oder -initiativen die Vernetzung von Branchenbetrieben, die Vermarktung des Standorts oder die Akquisition von neuen Unternehmen. In Nürnberg stemmt Bayernhafen solche Dienstleistungen weitgehend im Alleingang, wie Leupold bestätigt. "Wir bilden mit unseren Kunden eine Logistikinitiative, die nicht nur die örtlichen Ressourcen vermarktet, sondern auch Logistiklösungen erarbeitet, neue Verbindungen initiiert und dadurch nachhaltige Synergien schafft", sagt der Hafenchef. Als Logistikhochburg ist der Großraum Nürnberg mit intermodalen Verkehrsanbindungen, einem vergleichsweise flexiblen Arbeitsmarkt und zahlreichen Branchendienstleistern, die sich hier niedergelassen haben, unumstritten. Zum guten Ruf des Standorts hat auch das Netzwerkunternehmen Center of Transportation and Logistics Neuer Adler (CNA) beigetragen. Wer in Nürnberg vom "Adler" spricht, meint jene legendäre Lokomotive, die 1835 erstmals einen Personenzug nach Fürth fuhr und später auch für Güterverkehre eingesetzt wurde. "Wir wollen mit dem gleichen Pioniergeist, der die Betreiber des alten Adler ausgezeichnet hat, der Logistik neue Impulse geben", versichert CNA-Geschäftsführer Werner Enser. 130 Mitglieder und 630 Kompetenzpartner aus Wirtschaft, Wissenschaft und Verbänden gehören der CNA an. Die Nürnberger Netzwerker arbeiten mit Herstellern, Dienstleistern, Hochschulen, Forschungsinstituten und Weiterbildungsanbietern aus dem ganzen Bundesgebiet zusammen. Außerdem managen sie das bayerische Cluster Bahntechnik, koordinieren die Logistikinitiative Bayern und arbeiten als Mitglied des Projekts "Go Cluster" mit 100 weiteren Netzwerken zusammen. Wichtige Impulsgeber sind die Unis CNA versteht sich nicht nur als Adresse für Logistik, sondern auch für Verkehrstechnik. In "Steuerungskreisen" loten die Mitglieder Projekte für Telematik, Automotive, Bahntechnik, Instandhaltung und anderen logistikaffinen Feldern aus. Als "runden Tisch für alle Wettbewerber" charakterisiert Enser die Steuerungskreise. "CNA bietet Plattformen für jedes Branchenunternehmen, welches mit Wissenschaft und Forschung kooperieren will", sagt der Marktkenner. An geeigneten Partnern in der Region herrscht kein Mangel. Außer den Universitäten Erlangen-Nürnberg und Bamberg sowie weiteren Hochschulen mit ihren Logistiklehrstühlen sind vor allem das Fraunhofer Institut für Integrierte Schaltungen (IIS) und seine Arbeitsgruppe Supply Chain Services (SCS) immer für wichtige Impulse gut. Auch mehrere Kommunen sind dem CNA beigetreten. Für sie bietet die Plattform offenbar das passende Umfeld, mit ansiedlungswilligen Unternehmen Kontakt aufzunehmen. Auf den Hafen allein kann sich die Region nicht mehr lange verlassen, weil die Flächen zunehmend knapp werden und die Stadt Nürnberg ein Areal, das für die Ansiedlung von neuen Unternehmen geeignet wäre, als Bannwald ausweisen will. Auf den vorhandenen 10 Hektar konnten einige langjährige Mieter 2015 noch manches Bauvorhaben realisieren. DPD und UPS erweiterten ihre Standorte, DB Schenker und Stute Logistics beauftragten den Entwickler Goodman mit dem Bau von neuen Hallen. Ausschau nach weiteren Flächen Ansonsten hat die Suche nach neuen Logistikstandorten längst begonnen. "Die Region muss im Umkreis von 50 Kilometern aktiv werden", fordert Uwe Veres-Homm, Autor der jährlichen SCS-Studie über Logistikimmobilien. Der Anfang ist im Norden gemacht worden. In Forchheim realisierten DHL, Geis und Simon Hegele neue Standorte, in Eggolsheim zog Lidl ein 40.000 Quadratmeter großes Logistikzentrum hoch. Mancher Logistiker der Region kann sich vorstellen, dass die vorhandenen Aktivitäten zur Standortvermarktung in einer besonderen Logistikinitiative gebündelt werden. "Ein solcher Vorstoß ist dann sinnvoll, wenn die für Ansiedlungen relevante Region relativ weitgefasst wird", sagt Johannes Söllner, Geschäftsführer der Geis Holding. Die Voraussetzungen hierfür stimmen: An der A 3 Richtung Würzburg und der A 6 Richtung Ansbach sind noch ausreichend Flächen frei. Mehr finden Sie im Dossier Logistikregion Bayern www.verkehrsrundschau.de/dossiers

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