Dobrindt in Bedrängnis

Wenige Wochen vor der Bundestagswahl kommt es für Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt dicke: Die Streckensperrung der Rheintalbahn, die Finanzprobleme des privaten Autobahnbetreibers A 1, der Dieselskandal und die Insolvenz der Fluggesellschaft Air Berlin haben den CSU-Politiker in Bedrängnis gebracht. Die Opposition fordert seinen Rücktritt - wohl wissend, dass der Ressortchef zumindest bis zur Wahl im Amt bleiben wird. Noch bis zum 7. Oktober soll die seit dem 12. August unpassierbare Rheintalstrecke bei Rastatt gesperrt bleiben. Der Verband Netzwerk europäischer Eisenbahnen (NEE) spricht von bis zu 20 Millionen Euro wöchentlichem Umsatzrückgang. Die Deutsche Bahn (DB) sicherte den Güterbahnen zu, keine höheren Trassenpreise zu erheben, "obwohl die Umleitung teuer sei". Auf der Rheintalstrecke fahren täglich allein etwa 60 Züge von DB Cargo. Seit der Havarie ist ein nennenswerter Anteil der Fracht auf den Lkw und/oder auf Schiffe verlagert worden. NEE-Geschäftsführer Peter Westenberger sieht Schadensersatzansprüche auf die DB Netz und die Bauunternehmen zukommen, obwohl die "Rechtslage sehr unbefriedigend sei". Man sei auf Kulanz der DB Netz angewiesen. Der Bundestag müsse sich mit dem Baustellen- und Risikomanagement der DB befassen. Die Grünen haben Sondersitzungen für fünf Ausschüsse am 4. und 5. September beantragt. Klage wegen ÖPP-Pleite Zu schaffen macht Dobrindt auch die 640-Millionen-Euro-Klage des privaten Autobahnbetreibers A 1 gegen die Bundesregierung, der die 73 Kilometer lange Autobahnstrecke zwischen Hamburg und Bremen als öffentlich private Partnerschaft (ÖPP) betreibt. Nach diesem Modell finanzieren Unternehmen einen Autobahnabschnitt und betreiben diesen für mehrere Jahrzehnte. Dafür erhalten die Geldgeber vom Bund die auf der Strecke anfallenden Lkw-Maut-Einnahmen. Das Konsortium macht nun eine "existenzbedrohende Situation" geltend, da die Einnahmen aus der Lkw-Maut aufgrund der Wirtschaftskrise in den Jahren 2008/2009 hinter den Erwartungen zurückblieben. Ministeriumssprecher Sebastian Hille lehnte Schadensersatzansprüche gegen den Bund ab. Das "Verkehrsmengenrisiko" liege beim Betreiber. Schließlich wurde bekannt, dass Dobrindt bereits seit seinem Amtsantritt 2013 von der Pleite gewusst habe. SPD-Fraktionsvize Sören Bartol sprach daraufhin von einem "handfesten Skandal", die Linke forderte, Dobrindt solle seinen Posten räumen. Dieser verwies aber darauf, dass das ÖPP-Projekt von seinem Vorvorgänger Wolfgang Tiefensee angestoßen worden war. Genüsslich zitierte der CSU-Wahlkämpfer den SPD-Politiker, der das Projekt A 1 nicht nur gestartet, sondern 2009 sogar als "Erfolg" gelobt habe. Mit Unbehagen verfolgen die Mitarbeiter im Verkehrsministerium nicht zuletzt die Dauerdiskussion über Diesel-Fahrverbote. Das der Umweltministerin Barbara Hendricks unterstehende Umweltbundesamt war zu dem Ergebnis gekommen, dass selbst die Nachrüstung "eines signifikanten Anteils" von Dieselfahrzeugen die Konzentration von Stickstoffdioxid in den Städten kaum verringern würde. Zwar distanzierte sich die SPD-Politikerin von der Untersuchung und warnte vor einer Verteufelung des Diesels. Hendricks forderte aber erneut technische Nachrüstungen von Dieselfahrzeugen. Und Dobrindts Parteichef Horst Seehofer nannte das Festhalten am Verbrennungsmotor sogar als Voraussetzung für eine Regierungsbeteiligung der CSU nach der Bundestagswahl. Der bayerische Ministerpräsident zog auch die Debatte über die Zukunft der Pleite gegangenen Fluggesellschaft Air Berlin an sich. Mit Blick auf die heimische Wirtschaft plädierte er für eine Übernahme durch die Lufthansa. Noch wartet Air Berlin auf den staatlichen Überbrückungskredit von 150 Millionen Euro, während die Flugausfälle bei Air Berlin drastisch zunehmen. Das sind keine guten Schlagzeilen für Dobrindt in der heißen Phase des Bundestagswahlkampfs - auch wenn das Bundeswirtschaftsministerium für die Details des Kreditvertrags zuständig ist.

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