Frankfurt/Main. Rasenmähen und laute Sportveranstaltungen, sogar Verkehrslärm auf der Straße unterliegen nachts Einschränkungen - aber für den Flugverkehr gibt es keine greifbare Regelungen zu den Betriebszeiten. Und so muss das höchste deutsche Verwaltungsgericht darüber entscheiden, ob und wie lange die Anwohner rund um den Frankfurter Flughafen künftig nachts ihre Ruhe haben. Im Streit um den Ausbau stand ein Nachtflugverbot von Anfang an im Mittelpunkt.
Ein solches Verbot steht nach Angaben von Experten des Umweltbundesamts (UBA) in keinem Gesetz, auch nicht im Bundesimmissionsschutzgesetz (BimSchG), das zum Beispiel für laute Maschinen in Wohngebieten nicht nur nachts, sondern auch mittags Ruhe verordnet. Das Luftverkehrsgesetz (LuftVG) schreibt in Paragraf 29 nur vor: "Auf die Nachtruhe der Bevölkerung ist in besonderem Maße Rücksicht zu nehmen." Das ist auslegungsbedürftig - was ist ein besonderes Maß, und wann fängt die Rücksicht an?
Die "Kernzeit der Nacht"
Und so geht der Streit stets um den Planfeststellungsbeschluss, eine Art Bau- und Betriebsgenehmigung. Für jede Flughafenplanung wird die Nacht anders definiert. Am 13. Oktober entschied das Bundesverwaltungsgericht für Berlin-Schönefeld, in der "Kernzeit der Nacht", von Mitternacht bis 05.00 Uhr, müsse Ruhe herrschen.
Die "Mediationsnacht" in Frankfurt ist eine Stunde länger, sie dauert von 23.00 Uhr bis 05.00 Uhr. In dieser Zeit soll rund um Deutschlands größten Airport absolute Ruhe herrschen - dies machte die von der hessischen Landesregierung eingesetzte Mediation zur Bedingung für den Ausbau des Flughafens. Die sechs Stunden sind seitdem in der Diskussion um den Flughafenausbau in Frankfurt als "Mediationsnacht" bekannt.
Entgegen der Mediations-Empfehlung lässt der Planfeststellungsbeschluss des hessischen Wirtschaftsministeriums aber durchschnittlich 17 Flüge in der fraglichen Zeit zu. Das ist zwar weniger als die Hälfte der Nachtflüge, die nach dem noch gültigen Sommerflugplan derzeit möglich sind. Dennoch werfen die Gegner der Landesregierung vor, ihr Versprechen 'Ausbau nur mit Nachtflugverbot' gebrochen zu haben. Zurzeit wird nach Angaben des Flughafenbetreibers Fraport noch rund 40 Mal zwischen 23.00 Uhr und 05.00 Uhr gestartet und gelandet. In der "Gesamtnacht" - nach Angaben des Ministerium die Zeit von 22.00 Uhr bis 06.00 Uhr - sind künftig insgesamt 150 Flüge möglich.
Wie sich eine vollkommen ruhige "Mediationsnacht" anfühlt, können die Flughafenanwohner vom 30. Oktober an erleben. Für alle Beteiligten völlig überraschend verhängte der Hessische Verwaltungsgerichtshof (VGH) in Kassel am 11. Oktober ein vorläufiges Flugverbot für diese Zeit, bis eine endgültige Entscheidung aus Leipzig vorliegt. Die Fluglärmgegner jubelten, die Luftindustrie protestierte, denn die bis zu 17 Flüge waren schon fest eingeplant. (dpa)