Kiel/Eekholt. In Deutschlands Wäldern wird wieder geröhrt. Den Hirschen stehen im Herbst die Hormone bis unter den Haarwurzeln, und sie buhlen lautstark um die Gunst der Hirschkühe. Die Brunft bedeutet auch für die Verkehrsteilnehmer eine gefährliche Zeit, denn Liebe macht die Tiere blind, warnt der Landesjagdverband. "In den Monaten Oktober und November ist mit einem erheblichen Anstieg der Wildunfallzahlen zu rechnen", bestätigt Jürgen Börner von der Polizeidirektion Kiel. Allein in Schleswig-Holstein registriert die Polizei jährlich mehr als 10.000 Wild-Unfälle. Die Dunkelziffer dürfte höher sein. "Besonders morgens und abends in der Dämmerung kreuzen die Tiere immer wieder die Straßen", sagt der Leiter des Wildpark Eekholt (Kreis Segeberg), Wolf-Gunthram von Schenk. Ein Zusammenstoß mit einem Hirsch kann auch für einen Autofahrer tödlich enden. Mit bis zu 250 Kilogramm Gewicht ist der mächtige Hirsch Deutschlands größtes Landsäugetier und der "König der Wälder". In Schleswig-Holstein gibt es rund 1500 Hirsche - meist in den geschlossenen Waldgebieten: Im Sachsenwald, und in den großen Forsten bei Segeberg und Rendsburg. Sie leben in Rudeln von zum Teil mehr als 50 Tieren und streng nach Geschlechtern getrennt. Die weiblichen Rudel leben in reinen Familienverbänden. Sie werden grundsätzlich von einem erfahrenen, weiblichen Alttier geführt. Hirsche und Hirschkühe treffen nur in der Brunft zusammen. Dann versucht der mächtige Hirsch mit weit hörbarem Röhren die Weibchen zu beeindrucken und seine Rivalen einzuschüchtern. Sein mächtiges und bis zu 14 Kilogramm schweres Geweih besteht aus zwei runden, abgestorbenen Knochenstangen. Es dient ihm zum Imponieren, aber auch zum Kämpfen um die Hirschkühe. Es wird nach der kräftezehrenden Brunft abgeworfen, um im Frühjahr größer und prächtiger wieder neu zu wachsen. Man kann fast dabei zusehen, so schnell wächst es: Bis zu zwei Zentimeter pro Ende innerhalb von 24 Stunden. Während des rund 100 Tage dauernden Wachstums ist es von einer gut durchbluteten Haut umgeben, die später abgestreift wird, erzählt Wolf-Gunthram von Schenk. Danach dreht sich bei den männlichen Hirschen alles nur noch ums Äsen. Bis zu 40 Kilogramm Grünfutter kann die Tagesration betragen, denn die Hirsche müssen in den letzten Wochen vor der Brunft möglichst viel Gewicht zulegen. Während der Brunftzeit finden viele Hirsche beim Kampf um die Hirschkühe keine Zeit zum Fressen. Sie zehren dann hauptsächlich von dieser "Feist" genannten Fettreserve. Da nur der "Platzhirsch" sich mit den Hirschkühen seines Rudels paaren kann, muss er während der Brunft seine Stellung immer wieder gegen Konkurrenten verteidigen. Dabei kann es auch zu richtigen Kämpfen kommen, die aber nur selten zu ernsthaften Verletzungen führen. Meist verhaken die Tiere nur ihre Geweihe ineinander und schieben sich hin und her, bis der Schwächere die Flucht ergreift. Mitte Oktober treten die nur halb so großen Damhirsche in den Konkurrenzkampf, sagt Wolf-Gunthram von Schenk. Damwild kommt in vielen Bundesländern fast flächendeckend vor. "Dann müssen Verkehrsteilnehmer auch tagsüber mit liebestollen Damhirschen rechnen." (dpa/stb)
Die Hirsche röhren - auf Deutschlands Straßen ist das Rotwild los

Liebe macht die Tiere blind. Aus diesem Grund ist im Straßenverkehr besondere Vorsicht geboten